Buch von Ulrich Stark

Pest, Hunger, Brand: In dieser Zeit lebte der Giengener Prediger Esaias Edelmann

Als Giengen 1634 in Flammen stand, verließ der Prediger Esaias Edelmann als Letzter die Stadt und kümmerte sich aufopferungsvoll um die Geflohenen. Ulrich Stark zeichnet das Leben einer bedeutenden Persönlichkeit der Stadt Giengen nach.

Das neueste Buch des Giengener Heimatforschers Ulrich Stark widmet sich einer der bedeutendsten Persönlichkeiten der einstigen Reichsstadt in der Zeit des Dreißigjährigen Krieges. Als Giengen am 5. September 1634 in Flammen stand und die Einwohner in Panik flüchten mussten, blieb am Ende auch dem Prediger Esaias Edelmann nichts anderes übrig, als die brennende Stadt zu verlassen. Er habe „keinen anderen Ausweg gewinnen können, als durch das Wasser unter dem Schwibbogen sich durchzudrängen“, heißt es im Brandbericht, der seit 1655 in Giengen alljährlich verlesen wird.

In Ulm kümmerte sich Esaias Edelmann eifrig um seine Mitbürger, die mit ihm dorthin geflüchtet waren, stand ihnen mit Rat und Tat zur Seite. Wie schwer das war, lässt sich kaum ermessen. Mit etwa 8000 anderen Flüchtlingen mussten sich die Giengener auf engstem Raum einrichten und für die Kosten, die ihre Einquartierung verursachte, selbst aufkommen.

Aus Not Mist vom Vieh gegessen

Im völlig überlaufenen Ulm trieb im November 1634 auch noch die Pest ihr Unwesen, wie Ulrich Stark in seinem Buch berichtet. Im Heidenheimer Totenbuch wird zum Ende dieses Jahres beklagt, dass neben dem Krieg mit der „furchtbaren Schlacht bei Nördlingen“ und der um sich greifenden Pest auch der Hunger der Bevölkerung zusetzt. Er sei so groß gewesen, „dass in einigen Orten die Menschen Pferdefleisch, Mist vom Vieh und anderes der Art“ gegessen hätten.

Der Prediger Esaias Edelmann. Ulrich Stark

Unter der Führung Esaias Edelmanns kehrten im Frühjahr 1635 nur noch 36 von zuvor 350 Familien von Ulm nach Giengen zurück, um sich in den Trümmern ihrer Vaterstadt zu sammeln und diese wieder aufzubauen. Edelmann hielt in einer Scheune des Papiermüllers, die den Stadtbrand überstanden hatte, seine erste Predigt. „Kommt, lasst uns zum Herrn umkehren; denn er hat uns zerrissen, er wird uns auch heilen“, hieß passend der Text aus dem Propheten Hosea.

Ulrich Stark gelingt es, in dem 272 Seiten dicken Buch über den „Prediger zwischen Feuer und Glauben“ nicht nur das Leben des Seelsorgers nachzuzeichnen, sondern vor allem auch die historischen Umstände, sowie räumliche und zeitliche Besonderheiten aufzuzeigen und das familiäre Umfeld zu beleuchten. Der in Hohenmemmingen geborene Esaias Edelmann hat auch persönlich viel Leid erfahren. Nach dem Tod seiner ersten Ehefrau heiratete er ein zweites Mal. Von seinen insgesamt zehn Kindern aus beiden Ehen erreichten in diesen schweren Zeiten nur vier das Erwachsenenalter.

Häufig wurde Edelmann vor dem Giengener Rat vorstellig, kümmerte sich um Familienangelegenheiten der Bürger in der Stadt ebenso wie um eigene Belange – wie etwa die immer wieder ausbleibende Besoldung. Das Jahr sei nun vorbei, klagte er 1638 über häufige Vertröstungen nach Gehalts-Rückständen. Er habe inzwischen all sein Vermögen eingebüßt. Die Not war so groß, dass er um „was Namhaftes“ bat, weil er „höchst bedürftig“ sei und „nirgends khein Korn finden möge“.

Edelmann konnte auf den Tisch hauen

Doch Esaias Edelmann konnte auch auf den Tisch hauen, wenn er Missstände anprangerte. 1641 wetterte er in einer gepfefferten Predigt gegen den Magistrat. Den Ratsherren gehe es nur um Geld, Vermögen und Ansehen, sie fragten nicht nach der Gottesfurcht. Etliche seien ganz allgemein „nicht taugenlicht zum Regiment, sondern sitzen nur wie Bilder da“, kritisierte er scharf vor dem Hintergrund des ausbleibenden Wiederaufbaus von Schule und Kirche.   

Edelmann musste sich daraufhin vor dem Rat rechtfertigen. Er habe niemanden persönlich gemeint, ließ er verlauten, könne aber nicht so predigen, dass es jedermann gefalle. Am Schluss zeigte er sich „erbietig, seine Predig censieren zue lassen.“

Esaias Edelmann starb entkräftet am 15. März 1643 im Alter von nur 45 Jahren. Sein Porträt in der Stadtkirche hält die Erinnerung an einen Mann wach, der laut Ulrich Stark „für die nach Ulm geflüchteten Bürger die mit Abstand wichtigste Persönlichkeit für den Zusammenhalt der Gemeinschaft war“. Unter dem Porträt heißt es: „Ist das kein edler Hirt, der folget seiner Herde, und lässt sie nimmermehr, verachtet all´ Beschwerde, wie dieser Edle Mann bewies in Krieges Not. Sein Leibe ruht allhier, die Seele lebt bey Gott.“

272 Seiten über Esaias Edelmanns Wirken

Ulrich Starks neues Buch trägt den Titel „Esaias Edelmann – Prediger zwischen Feuer und Glauben“, hat einen Umfang von 272 Seiten und ist im epubli-Shop sowie im Buchhandel zum Preis von 21,99 Euro erhältlich. Zum umfangreichen Anhang gehören unter anderem eine „Giengener Chronik während Edelmanns Lebenszeit“ und die Erwähnungen Esaias Edelmanns in den Giengener Ratsprotokollen.