Neuer Waldkindergarten in Giengen

Betreuung am Schratenhof: Noch fehlt die Nachfrage nach dem kleinen Paradies

Seit Mai gibt es beim Schratenhof in Hohenmemmingen einen Waldkindergarten. Die Jurte mitten in der Natur ist ein Paradies für Kinder, bisher werden dort aber nur vier Kinder betreut.

Betreuung am Schratenhof: Noch fehlt die Nachfrage nach dem kleinen Paradies

Aufgeregt beugen sich vier Kinderköpfe über die hölzernen Treppenstufen, die hinein in die Jurte führen. Sie haben eine Raupe gesichtet, mit kleinen Härchen und blauem Kopf, und beobachten sie dabei, wie sie auf die nächste Stufe robbt. „Was für ein Schmetterling wird aus der Raupe?“, fragt eines der Kinder. Schnell macht Erzieherin Doreen Morche ein Foto, um die Raupe später genau bestimmen zu können. Mit der Entdeckung steht vielleicht schon das nächste Projekt für die Kinder fest, momentan beschäftigen sie sich noch mit dem Marienkäfer, weil sie so viele davon an einer Hecke gesehen hatten. „Wir versuchen hier viel aus der Situation heraus zu gestalten und uns nach den Fragen der Kinder zu richten“, erklärt Lara Carle, die den neuen Waldkindergarten am Schratenhof leitet.

Noch fehlen die Verkleidung mit Holzschindeln und die Terrasse, abgesehen davon ist der neue Waldkindergarten in Hohenmemmingen aber fertig.

Seit Mai hat die aus Holz gebaute Jurte beim Schratenhof in Hohenmemmingen, also mitten in der Natur, ihre Türen für den Nachwuchs geöffnet. Bisher betreut werden dort erst vier Kinder, dabei wäre eigentlich Platz für 20. Ein paar Eltern werden sich den Naturkindergarten in den kommenden Tagen noch anschauen, doch selbst wenn sich die Interessenten für die Betreuung ihrer Schützlinge dort entscheiden, wären noch einige Plätze frei.

Lara Carle und Alexandra Carle, Vorsitzende des Trägervereins des Kindergartens, vermuten, dass der Waldkindergarten noch nicht bekannt genug ist. Doch es hakt auch anderswo: „Viele Eltern können sich das immer noch nicht vorstellen, dass deren Kinder überwiegend draußen betreut werden. Auch der Weg vom Parkplatz zur Jurte stellt für viele ein Problem dar“, erklärt Alexandra Carle.

Denn direkt mit dem Auto kommt man natürlich nicht an den Schratenhof. Vielmehr bringen die Eltern ihre Kinder an den nahe gelegenen Wanderparkplatz, von wo aus die Erzieherinnen jeden Tag gemeinsam mit ihren Schützlingen zur Jurte laufen – und am Nachmittag auch wieder zurück. „Für den Fall, dass es wettertechnisch überhaupt nicht geht zu laufen, klären wir mit den Eltern ab, dass wir die Kinder mit dem Auto fahren können“, ergänzt Lara Carle.

Erdbeeren und Himbeeren angepflanzt

Für die Kinder, so Alexandra Carle, sei der Weg kein Problem. Unterwegs, so erzählt es Lara Carle, gebe es schließlich immer etwas zu sehen. „In den letzten Tagen haben wir immer Rehe oder Hasen gesehen.“ Oben an der Jurte angekommen, haben die Kinder heute bereits gekocht. Nudeln mit Gemüse und Knoblauch, aus Sicht eines Erwachsenen Gräser mit Gräsern mit Gräsern, habe es zum Frühstück gegeben, erzählt Lara Carle schmunzelnd – kreativ sind sie, die „kleinen Strolche“, wie die Gruppe sich nennt. Gemeinsam wurden im ersten Monat schon Himbeeren und Erdbeeren angepflanzt und im nahe gelegenen Laubwald bauen die Kinder gerade ein Tipi.

„Wir haben zwei gesicherte Waldstücke, in denen wir uns aufhalten können“, so die Kindergartenleiterin: einen Laub- und einen Nadelwald. Ausflüge machen können die Kinder aber überall im angrenzenden Wald.

Doch nicht nur die Natur rund um den neuen Waldkindergarten hat viel zu bieten. Auch das Innere der gut 50 Quadratmeter großen Jurte ist liebevoll eingerichtet, mit kleinen Tischen und Stühlen aus Holz, gemütlichen Kissen und einem Regal, das einst Alexandra Carle nach ihrem ersten Ausbildungsjahr mit anderen Eltern gebaut hat. „Manchmal schreibt das Leben die schönsten Geschichten“, freut sie sich.

Zwei echte Baumstämme befinden sich in der Mitte der Jurte, die bis hoch zur runden Luke führen, durch die man direkt in den Himmel schauen kann. Eine kleine Küchenzeile und Warmwasser in der Jurte gibt es auch, hinter der Jurte befinden sich zwei kleine hölzerne Toilettenhäuschen mit Trockentrenntoiletten. Betreut werden im Waldkindergarten Kinder von drei Jahren an bis zum Grundschulalter.

Falls es doch mal reingehen soll: Auch in der Jurte ist für die Kinder alles geboten.

Ganz fertig ist die Jurte noch nicht, sie wird in den kommenden Monaten noch vollends mit Schindeln verkleidet, außerdem soll eine Terrasse gebaut werden. Wenn man sich die Kinder so anschaut, würden sie dabei wahrscheinlich am liebsten selbst mithelfen: Mit kleinen Handschuhen werkeln auch sie schon, was das Zeug hält, es sei sogar schon die Frage gefallen, wo eigentlich die Motorsäge sei.

Ursprünglich geplant gewesen, so erzählt es Lara Carle, sei eine Zeltjurte – so, wie sie selbst es aus ihren Pfadfinderzeiten kennt. Letztlich sei sie aber ganz froh um den doch langlebigeren Holzbau. Weil sie selbst viel draußen ist, war ihr nach ihrer Ausbildung schnell klar, dass sie nicht in einem normalen Kindergarten würde arbeiten wollen. „Ich möchte für die Kinder auch versuchen, mit Mythen aufzuräumen, zum Beispiel darüber, was in der Natur giftig ist und was nicht.“ In ihren Augen bietet ein Waldkindergarten mehr Abwechslung für die Kinder, zudem sei es immer wichtiger, dass sie sich im Kindergarten viel bewegen und einen Sinn für ihre Umwelt entwickeln.

Ehe sie jetzt zum Schratenhof und damit sozusagen in den Familienbetrieb gewechselt ist, hatte sie schon ein halbes Jahr in einem anderen Naturkindergarten gearbeitet. Ab Juli ist für den Giengener Waldkindergarten geplant, dass neben Carle noch eine weitere Voll- und zwei Teilzeitkräfte dort arbeiten – je nachdem, wie sich die Anmeldezahlen entwickeln.