Einer der ersten Sätze, die Benny Jäger sagte, als er zusammen mit seiner Frau Sonja Banzhaf deren elterlichen Hof in Erpfenhausen erwarb, war folgender: „Ich will hier keine Hochzeiten.“ Er erzählt diese Anekdote an einem Freitagmorgen, während er den Stadel des Hofs für den Abend vorbereitet. Für eine Hochzeit.
Viel hat sich getan in den 17 Jahren, in denen es den Kulturhof Erpfenhausen bereits gibt. Heute wird dort Kleinkunst gezeigt, heute kann man dort heiraten, heute kann man dort Ferien machen. Und irgendwo dazwischen leben Benny Jäger und Sonja Banzhaf.
Ein Jahr lang zum Kulturhof Erpfenhausen umgebaut
Die beiden tun das seit 2008, auch, um die Hofstelle zu erhalten. „Die Leute fragen uns manchmal, ob wir hier draußen Aussteiger sind. Eigentlich sind wir aber Einsteiger“, scherzt Banzhaf. Für sie ist der Hof Heimat. 1998 heirateten die beiden dort – als erstes Paar, das sich jemals im Stadel das Ja-Wort gegeben hat. Und Benny Jäger gab im Rahmen der Hochzeitsfeier direkt noch ein Impromptu-Konzert – das wohl erste auf dem Gelände.

Von Anfang an ist den beiden klar gewesen, dass sie mehr als nur einen Hof aus dem Hof machen wollten, nicht zuletzt aus finanziellen Gründen. Ein Jahr lang bauten, baggerten und werkelten sie an nahezu jeder Ecke. Die Statik im Stadel musste verändert werden, eine Heizung installiert und eine eigene Kläranlage eingerichtet werden – der Hof ist nicht ans öffentliche Abwassersystem angeschlossen. „Wir wissen im Grunde nicht, wie wir das damals alles hinbekommen haben“, erzählt Jäger. Das Motto der Banzhaf-Familie, „Immer vorwärts“, haben die beiden in dieser Zeit verinnerlicht. Einen Rückwärtsgang kennen sie inzwischen nicht mehr.
Einst wurde auf dem Gelände – dann in Kulturhof umbenannt – viermal im Jahr Kleinkunst geboten. Kulturfrühling, -sommer, -herbst und -winter hießen und heißen diese Veranstaltungsreihen. Eine Pause zwischen den musikalischen Jahreszeiten? Gab es lange nicht. Irgendwann fuhr das Paar das Pensum dann herunter. Keinen Rückwärtsgang, aber vielleicht eine Bremse haben die beiden dann doch gefunden.

Heute gibt es immer noch mehrmals im Jahr Kultur auf dem Hof, primär finden dort allerdings Feste, Hochzeiten und Feiern statt. „Der Blick aufs Konto“ habe Benny Jäger zu diesem Schritt, den er nie machen wollte, bewogen, erzählt er und lacht. „Bei Kulturveranstaltungen kommt finanziell wenig rum, das meiste geht an die Künstler. Und das soll es auch! Ich selbst kenne ja beide Seiten, als Musiker und als Veranstalter“, sagt Jäger mit Blick auf sein Engagement bei „Herrn Stumpfes Zieh & Zupf Kapelle“.
Übernachten im Schäferkarren auf dem Kulturhof Erpfenhausen
Lange Zeit wurde auf dem Hof eine Gaststätte betrieben, zudem kann man dort heute in drei Ferienwohnungen nächtigen – und in einem Schäferkarren. „Das Landratsamt hatte uns darauf hingewiesen, dass wir in der Nähe des Albschäferwegs liegen und uns gefragt, ob so ein Karren nicht für uns infrage käme“, berichtet Sonja Banzhaf. Und das tat es auch.
Zwischen Kultur, Festen und Feriengästen liegt das Wohnhaus der beiden Kulturhofbetreiber. Rustikal, aber behaglich, liebevoll chaotisch von innen wie außen steht es da – genau wie der Stadel und der Rest des Hofes. Vieles von dem, was einem dort ins Auge fällt, haben Benny Jäger und Sonja Banzhaf selbst gebaut oder ergänzt. Etwa den Terrassenanbau, welcher den Bereich mit einer rund drei Meter hohen Glaswand umkleidet.

Bei so einem großen Gelände fällt naturgemäß ständig etwas an, das es zu reparieren, zu putzen oder umzubauen gilt. Die To-do-Liste – sie ist ständiger Begleiter. Ob die beiden etwas bereuen? Nein, antworten beide unisono. Und wenn man sie so betrachtet, an ihrem Esstisch sitzend, glaubt man ihnen aufs Wort. „Das Hofleben erdet einen.“
Gleichzeitig muss man auch dafür gemacht sein. „Eine Work-Life-Balance macht für mich keinen Sinn. Ich trenne da nicht“, sagt Sonja Banzhaf. Die beiden wohnen dort, wo andere Ferien machen, wo andere Feste feiern, wo andere einen vergnüglichen Kulturabend erleben. Oft werde das Paar von seinen Gästen gefragt, ob sie denn noch wahrnehmen, was für einen beeindruckenden Ort sie unter ihren Füßen liegen haben. „Wir antworten dann: Ja, das tun wir“, erzählt Banzhaf.
Wir haben hier nicht den Himmel auf Erden. Aber eigentlich schon.
Benny Jäger, über den Kulturhof Erpfenhausen
Wenn sie die Abbiegung nach Erpfenhausen nehme, wenn der Kulturhof ins Blickfeld gerate, dann sei für Sonja Banzhaf die Welt in Ordnung. „Wir haben hier nicht den Himmel auf Erden“, sagt Benny Jäger, hält kurz inne und ergänzt dann: „Aber eigentlich schon.“
Die Abwechslung, die der Hof biete, und das, was Gästen mit ebendiesem Hof geboten werden könne, sei etwas Besonderes – nicht zuletzt für sie als Besitzer. Doch bei allem Trubel: „Wenn am Sonntagnachmittag alle Gäste abgereist sind, ist das auch ein besonderer Moment. Dann ist hier so eine schöne Ruhe“, erzählt Banzhaf und lacht.
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