Beengtes Provisorium vorbei

Die neue Gerstetter Rettungswache ist jetzt offiziell in Betrieb genommen

Nach rund 15 Monaten Bauzeit wurde jetzt die offizielle Inbetriebnahme der neuen Rettungs- und Polizeiwache in Gerstetten gefeiert. Vertreter von DRK, Polizei und Gemeinde blickten zurück und voraus – auf den geplanten Bau der Feuerwache.

Der erste Schritt zur Familienzusammenführung ist geschafft. Fast jedenfalls, denn der Gerstetter Polizeiposten hat seine Räumlichkeiten in der neuen Rettungs- und Polizeiwache an der Heuchstetter Straße noch nicht bezogen. Ein wenig Zeit brauche man noch, ließ Ulms Polizeipräsident Bernhard Weber am Freitag bei der offiziellen Inbetriebnahme der kombinierten Wache wissen. Bereits in den Gemeinschaftsbau eingezogen ist allerdings das Deutsche Rote Kreuz (DRK).

Seit Beginn des Jahres fahren die Rettungskräfte ihre Einsatzorte vom neuen Standort in Gerstettens Norden aus an. Vorbei sind die Zeiten im beengten Provisorium. Vorbei die Zeiten, in denen aufgrund der räumlichen Trennung von Aufenthaltsbereich und Fahrzeugen die Ausrückzeit unnötig in die Länge gezogen wurde. „Manches war suboptimal“, erinnerte sich David Richter, Geschäftsführer des DRK-Rettungsdiensts Heidenheim-Ulm. Im Neubau, der nach den Plänen des Ingenieurbüros Gall in rund 15 Monaten auf der grünen Wiese in die Höhe gewachsen ist, soll nun alles besser werden.

David Richter, Geschäftsführer des DRK-Rettungsdiensts Heidenheim-Ulm. Rudi Penk

Aufenthaltsraum, Umkleiden, Dienstzimmer: Rundgang durch die Räume möglich

Beim Gang durchs Erdgeschoss konnten sich die zahlreich erschienenen Besucher der Einweihungsfeier ein eigenes Bild von den neuen Räumlichkeiten des DRK machen. Aufenthaltsraum, Umkleiden, Ruhezimmer, Fahrzeuggarage – alles nah beieinander und doch nicht eng. Im Obergeschoss sind die Diensträume des Polizeipostens noch unmöbliert. Gut erkennbar sind der Eingangsbereich mit durchschusssicherer Glasscheibe sowie eine kleine Zelle mit Wartebank.

Bernhard Weber, Polizeipräsident Ulm. Rudi Penk

Dass das neue Domizil der Polizei überhaupt in dem Neubau untergebracht wurde, ist offenbar sehr ungewöhnlich. Das betonten sowohl Polizeipräsident Weber als auch Dr. Stefan Horrer, Amtsleiter des Landesbetriebs Vermögen und Bau Baden-Württemberg. Denn: „Das Land kauft selten Liegenschaften in dieser Größe“, wusste Weber. Wie Horrer ergänzte, hat sich in Gerstetten eben eine gute Gelegenheit geboten. Der bisherige Posten zu klein, ein geeignetes Mietobjekt nicht zu finden, ein separater Neubau zu teuer – die Chance auf ein Gemeinschaftsprojekt mit dem DRK kam da gerade recht. „Sie bauen, wir kaufen“, fasste Horrer zusammen. Auch rückblickend eine gute Entscheidung, man war sich einig.

So haben sich das DRK und die Polizei die Kosten geteilt

Gekostet hat der Neubau das DRK 3,9 Millionen Euro und damit nur wenig mehr als in der Kostenschätzung veranschlagt. Wie DRK-Geschäftsführer Richter aufschlüsselte, entfallen davon 2,3 Millionen Euro auf den Gebäudeteil des DRK und 1,6 Millionen Euro auf den der Polizei. Gefördert wird der Bau durch das Land Baden-Württemberg mit einer knappen Million Euro. Man sei hier aber noch in der Diskussion, ob die Summe eventuell noch aufgestockt werden kann.

Gerstettens Bürgermeister Roland Polaschek. Rudi Penk

Komplettiert werden soll die Familienzusammenführung mit dem Neubau der Feuerwache direkt nebenan. Wann hier die Bagger anrollen können, steht aber noch in den Sternen. Man hoffe auf einen baldigen Beginn, sagte Gerstettens Bürgermeister Roland Polaschek. Denn erst, wenn alle DRK, Polizei und Feuerwehr an der Heuchstetter Straße vereinigt seien, könne man von vielerlei Erleichterungen profitieren. Etwa in Bezug auf Lagebeurteilung und -koordination bei Einsätzen.

Feuerwehr-Neubau: So will Landrat Peter Polta die Gemeinde Gerstetten unterstützen

Rund acht Millionen Euro soll die neue Heimat der Freiwilligen Feuerwehr kosten. 410.000 Euro an Fördergeldern erhält die Gemeinde gemäß der Verwaltungsvorschrift Z-Feu. Entscheidender ist aber ein derzeit noch fraglicher Zuschuss in Höhe von rund einer Million aus dem Ausgleichsstock des Landes. Aus finanziellen Gründen, so Polaschek, müsse der Neubau zurückgestellt werden. Rückendeckung kam hier von Heidenheims Landrat Peter Polta: „Der Landkreis steht an ihrer Seite.“ Auch was die noch ausstehende Förderung angeht, kämpfe man für Gerstetten. „Ich werde in Stuttgart nicht nachlassen.“

Einen Hauch Stuttgart brachte der Heidenheimer Landtagsabgeordnete Andreas Stoch (SPD) mit nach Gerstetten. Er lobte den Mut der Akteure, ein Rettungszentrum wie dieses zu bauen, handle es sich dabei doch um ein wichtiges Signal an die Bevölkerung. „Wenn man nicht nur schimpft, sondern etwas anpackt, kann auch etwas entstehen“, lobte Stoch.

Viele Gäste nahmen sich Zeit für die Einweihung der neuen Gerstetter Rettungswache. Rudi Penk

Überhaupt war die Einweihungsfeier geprägt von lobenden Worten: für die zügige Realisierung der Baupläne, die Schaffung einer guten Anlaufstelle für die Bürger, die damals wie heute richtige Entscheidung zur Vereinigung der drei Blaulichtorganisationen, die fair verlaufenen Grundstücksverhandlungen, die Schaffung guter Arbeitsbedingungen und nicht zuletzt die gute Zusammenarbeit aller Beteiligten.

Erst zur Probe, dann auf Dauer

Ab 2015 war in Gerstetten ein Rettungswagen zur Probe stationiert, um eine bessere Abdeckung bei Notfällen zu erzielen. Später wurde aus dem Probe- ein fester Standort. Die Begründung lieferte am Freitag bei der Einweihung des neuen Rettungszentrums Dr. med. Bernhard Konyen, Präsident des DRK-Kreisverbands Heidenheim: „Zeitnahe Hilfe bei Notfällen kann es nur dann geben, wenn die Standorte so gewählt sind, dass die Helfer in kürzester Zeit da sein können.“

In Zukunft wird dies noch wichtiger: Durch eine Novellierung des Rettungsdienstgesetzes in Baden-Württemberg sollen bei Notfällen künftig nicht mehr zehn bis maximal 15 Minuten vergehen dürfen, bis die Helfer am Einsatzort eintreffen, sondern nur zwölf Minuten (in 95 Prozent der Notfalleinsätze). Konyen sprach hier von „einer großen Herausforderung“, die nur mit zusätzlichen Wachen und ausreichend Personal zu meistern sei.