Geräusche unter Wasser: Hoffnung für «Titanic»-Abenteurer
Mögliche Lebenszeichen aus dem vermissten Tauchboot «Titan» haben Hoffnungen auf eine wundersame Rettung der fünfköpfigen Besatzung geschürt. Bei der intensiven Suche in der Nähe des «Titanic»-Wracks im Atlantik habe ein kanadisches Flugzeug «Unterwassergeräusche» registriert, teilte die US-Küstenwache in der Nacht zu Mittwoch mit.
Zuvor hatten der Sender CNN und das Magazin «Rolling Stone» unter Berufung auf ein internes Memo der US-Regierung berichtet. In der Region, in der das Gefährt vermutet wird, sei etwas wie Klopfgeräusche wahrgenommen worden.
Tauchboot seit Sonntagvormittag versucht
Die «Titan» war mit fünf Menschen an Bord auf dem Weg zum Wrack des berühmten Luxusdampfers. Das Tauchboot wird seit Sonntagvormittag (Ortszeit) vermisst. Etwa eine Stunde und 45 Minuten nach Beginn des Tauchgangs riss der Kontakt zum Mutterschiff «Polar Prince» ab. Das «Titanic»-Wrack liegt in rund 3800 Metern Tiefe.
Experten warnten vor Optimismus, die Suche sei äußerst schwierig. «Selbst, wenn es an der Oberfläche treibt, ragen von einer Gesamthöhe von 2,80 Meter höchstens 80 Zentimeter aus dem Wasser. Das ist je nach Seegang kaum zu entdecken», sagte der ehemalige U-Boot-Kommandant Jürgen Weber der Deutschen Presse-Agentur. Der Spezialist für Marineeinsätze und Autor, Mike Welham, verglich die Lokalisierung im Sender Sky News mit der Suche nach einem 50-Pence-Geldstück auf einem Fußballfeld. Frank Owen vom Submarine Institute of Australia sagte hingegen der BBC, Signale könnten darauf hinweisen, dass sich das Boot nahe oder an der Oberfläche befinde.
Auch bekannter «Titanic»-Forscher an Bord
An Bord der «Titan» befindet sich auch der Forscher Paul-Henri Nargeolet (77). Der als «Monsieur Titanic» bekannte Franzose gilt als einer der besten Experten für das Wrack des 1912 gesunkenen Luxusliners. Weitere Insassen sind der britische Abenteurer Hamish Harding (58), der mehrere Guinness-Weltrekorde hält, sowie der britisch-pakistanische Unternehmensberater Shahzada Dawood (48) und dessen 19-jähriger Sohn Suleman. Wie das «Oberbayerische Volksblatt» berichtete, stammt Dawoods Ehefrau aus Deutschland. Der fünfte Vermisste ist laut Betreiberfirma Oceangate Expeditions der Unternehmenschef Stockton Rush (61) als Kapitän des Bootes.
Die Zeit drängt: Schätzungen der Behörden zufolge dürfte der Sauerstoff nur noch bis Donnerstagmittag (MESZ) reichen. Nach Angaben des Betreibers Oceangate Expeditions hat die 6,70 Meter kleine «Titan» ausreichend Sauerstoff, um fünf Menschen für 96 Stunden zu versorgen. In der Nähe der «Titanic» knapp 700 Kilometer südlich der kanadischen Insel Neufundland sind die Bedingungen äußerst schwierig. Es herrscht pechschwarze Dunkelheit, und der Wasserdruck ist groß.
Geräusche machen Hoffnung auf Überlebende
Wie es in dem US-Memo weiter hieß, war das Klopfen auch Stunden nach dem Einsatz zusätzlicher Sonargeräte noch immer zu hören. Ein Update vom Dienstagabend berichtete CNN zufolge von weiteren Geräuschen, die aber nicht mehr als «Klopfen» beschrieben wurden. Die Laute deuteten darauf hin, dass es weiter Hoffnung auf Überlebende gebe. Die US-Küstenwache teilte mit, Tauchroboter seien entsandt worden, um den Ursprung zu erforschen – zunächst aber mit «negativen Ergebnissen».
Sogenannte Sonobojen sind ein wichtiges Hilfsmittel bei der Suche unter Wasser. Die Geräte werden von einem Flugzeug abgeworfen und sinken auf die erforderliche Tiefe. Ein Oberflächenschwimmer mit einem Funksender sichert die Kommunikation zwischen Sonar und Flugzeug. Die Sonargeräte senden Schallenergie aus – als «Ping» bezeichnet – und warten dann auf das zurückkehrende Echo eines Unterwasserobjekts. Sobald das Gerät das Echo auffängt, überträgt es die Informationen zurück an die Oberfläche.
Zweifel an der Sicherheit der «Titan»
An der Sicherheit der «Titan» kamen zunehmend Zweifel auf. Dafür sorgten auch Aussagen von Oceangate-Chef Rush in einem Podcast des CBS-Reporters David Pogue, der 2022 mit der «Titan» mitgefahren war. «Wissen Sie, irgendwann ist Sicherheit reine Verschwendung», sagte Rush da. «Ich meine, wenn Sie auf Nummer sicher gehen wollen, stehen Sie am besten nicht auf. Steigen Sie nicht in Ihr Auto. Tun Sie gar nichts.» Die BBC berichtete unter Berufung auf US-Gerichtsdokumente, ein Oceangate-Mitarbeiter habe 2018 vor potenziellen Sicherheitsproblemen gewarnt. Mängel im Karbonrumpf des Boots könnten ohne strengere Tests unentdeckt bleiben, hieß es da.
Reporter Pogue sagte der BBC, das Gefährt habe auf ihn improvisiert gewirkt. «Man steuert dieses U-Boot mit einem Xbox-Gamecontroller», sagte Pogue. Es gebe «kein Backup, keine Rettungskapsel». Selbst wenn das Gefährt an der Oberfläche treiben sollte, kann die Crew nicht aus eigener Kraft aussteigen. Das Boot wird vor dem Tauchgang von außen zugeschraubt. Anschließend muss ein Team an der Oberfläche die Luke öffnen. Ex-U-Boot-Fahrer Weber sprach von einem eisernen Sarg.
Ein US-Wissenschaftler kritisierte die Touristenfahrten zum Wrack scharf. Die «Titan» sei ein «experimentelles Fahrzeug», sagte der Physiker Michael Guillen dem britischen Sender Sky News. «Das ist keine Fahrt in Disneyland. Das ist Mutter Natur. Das Meer ist gnadenlos», sagte Guillen. «Alles wird für Touristen zugänglich gemacht, und ich fürchte, wenn es um Geld geht und man mit Nervenkitzelsuchenden da draußen Gewinn machen kann, die bereit sind, das Geld zu zahlen, ist das ein Rezept für eine Katastrophe.»
Expedition für rund 229.000 Euro
Oceangate bietet zahlungskräftigen Kunden eine abenteuerliche Reise – die Kosten für die insgesamt achttägige Expedition liegen bei 250.000 US-Dollar (229.000 Euro) pro Person.
Am Mittwoch waren weitere Schiffe auf dem Weg in das Suchgebiet, das mit rund 26.000 Quadratkilometern größer ist als Mecklenburg-Vorpommern. Darunter war die kanadische «HMCS Glace Bay», die eine Dekompressionskammer und medizinisches Personal an Bord hat. Verunglückte Taucher müssen nach der Rettung möglichst schnell in eine solche Kammer, um bleibende Schäden zu verhindern. Die US-Navy wollte das Tiefsee-Bergungssystem «Fadoss» nach Neufundland schicken. Die Marine beschreibt es als «tragbares Schiffshebesystem, das eine zuverlässige Tiefsee-Hebekapazität von bis zu 27 Tonnen für die Bergung großer, sperriger und schwerer versunkener Objekte wie Flugzeuge oder kleine Schiffe bietet.»
Die «Titanic» war 1912 auf ihrer Jungfernfahrt von Southampton nach New York im Nordatlantik gesunken. Mehr als 1500 der 2200 Menschen an Bord starben. Die in zwei große Teile zerbrochenen Überreste des berühmten Luxusdampfers wurden 1985 entdeckt.