Interview

Traditionself, Trainer und Gesicht des Vereins: Wie Legende Marc Schnatterer in seiner neuen Rolle beim 1. FC Heidenheim aufgeht

Vor dem Bundesliga-Duell zwischen dem VfB Stuttgart und dem 1. FC Heidenheim am Sonntag, 31. März, gewährt Marc Schnatterer Einblick in seine Erinnerungen an seine aktive Zeit bei beiden Vereinen. Zudem verrät der 38-Jährige, wie sein Übergang vom Fußballer zum Co-Trainer und Vereinsbotschafter beim FCH gelaufen ist und wie weit die Pläne der Traditionsmannschaft sind:

Mehr als zwei Jahrzehnte lang hat Marc Schnatterer das Fußballspielen alles bedeutet. Bei seinem Herzensklub hat der 38-Jährige die ersten Schritte nach seiner aktiven Karriere gemacht. Als Co-Trainer der U19 und Offensivtrainer im Nachwuchsleistungszentrum gibt er seine Erfahrungen an den Nachwuchs des 1. FC Heidenheim weiter. Im Interview spricht der frühere Offensivspieler über seine neuen Aufgaben, die Auftritte des FCH in der Bundesliga und schaut voraus auf das Spiel am Ostersonntag, 31. März, gegen seinen Jugendverein VfB Stuttgart.

Sie haben Ihre Karriere vor neun Monaten beendet – wie viel Fußballer steckt noch in Ihnen?

Sehr viel steckt noch in mir. Das merke ich jeden Tag, wenn ich mit dem Trainerteam und den Jungs von der U 19 auf dem Platz stehen kann. Ich spiele auch noch sehr gerne mit, wenn sich die Möglichkeit ergibt. Natürlich ist es das Schönste am Fußball, als Spieler aktiv auf dem Platz mitwirken zu können. Aber jetzt als Co-Trainer kann ich ja weiterhin mitwirken, eben aus einem anderen Blickwinkel. In der U19 formen wir nicht nur eine Mannschaft. Wir nehmen uns die Spieler häufig zur Seite und haben ein offenes Ohr für Themen wie die Schule und das Private.

Wie gut ist Ihnen der erste Schritt nach der aktiven Zeit geglückt?

Ich hätte bestimmt noch zwei Jahre lang spielen können. Die Frage ist nur, wie. Das letzte Jahr in Mannheim war nicht zufriedenstellend. Deshalb war es der richtige Zeitpunkt, nach Heidenheim zurückzukehren. Ich hatte einen super Einstieg bei der U19 und im Nachwuchsleistungszentrum.

Als Co-Trainer im Nachwuchs gibt Marc Schnatterer seine vielen Erfahrungen weiter. Foto: Eibner

Wie sieht ihr neuer Arbeitsalltag beim FCH aus?

Das Co-Traineramt bei der U 19 ist meine Hauptaufgabe. Im Normalfall bin ich bei den Spielen und Trainingseinheiten dabei. Es gibt aber auch mal Ausnahmen, wenn ich als Repräsentant für den FCH unterwegs bin. Ich war beispielsweise bei einem Hallenturnier für einen guten Zweck in Regensburg dabei, ich gehe in Schulen oder leite mal ein Training bei einem unserer Vereinsfreunde. Insgesamt klappt das Zusammenspiel der Aufgaben wirklich gut.

Bei Ihrem Abschiedsspiel gab es erstmals einen Auftritt der FCH-Traditionsmannschaft – wird es in Zukunft weitere geben?

Da gibt es bald etwas Neues, zwischen Mai und September wird etwas passieren. So viel kann ich verraten. Es gibt schon eine größere Whatsapp-Gruppe zu dem Thema. Als Traditionsmannschaft werden wir bei unseren FCH-Vereinsfreunden das ein oder andere Spiel absolvieren. Auch bei Vereinsjubiläen in der Region werden wir den FCH repräsentieren. Da werden viele altbekannte Spieler dabei sein, die beim FCH in der Vergangenheit mit den Grundstein für unsere fantastische Entwicklung der letzten Jahre gelegt haben.

Welche Ziele haben Sie als Trainer noch?

In der neuen Saison will ich die A-Lizenz angehen – bestenfalls schon im ersten Halbjahr. Ich kann mir gut vorstellen, meine Aufgabe bei der U19 als Co-Trainer weiterzuführen. Wir werden gemeinsam definieren, wie es weitergeht. Es gibt auch andere Bereiche im Fußball, die mich interessieren. Ich habe da einen offenen Austausch mit Holger Sanwald. Er fragt mich auch, in welcher Rolle ich mich sehe. Aktuell macht mir das Traineramt in der Jugend sehr viel Spaß.

Marc Schnatterer verabschiedet sich von seinen Fans
Ganz verlassen wird Marc Schnatterer den Rasen als Spieler nicht: In der Traditionsmannschaft wird er mit ehemaligen Mitspielern den FCH repräsentieren. Foto: Dennis Straub

Wenn ich Revue passieren lasse, was ich hier seit 2008 erreicht habe, erfüllt mich das mit großem Stolz.

Marc Schnatterer über sein sportliches Wirken beim FCH.

Bei den Bundesliga-Spielen des FCH sind Sie oft dabei. Wie bewerten Sie die bisherigen Auftritte in der Bundesliga?

Unser größtes Ziel war zu Saisonbeginn, die Klasse zuhalten. Die wenigsten haben uns das zugetraut. Es ist toll, dass wir es, wie in der 2. Liga, geschafft haben, zu Hause unangenehm zu bleiben und viele Punkte zu holen. Es gab auch Phasen, in denen wir drei oder vier Spiele nicht gewonnen haben. Aber es gehört dazu, der größeren Qualität der Bundesliga als Aufsteiger Tribut zu zollen. Deshalb ist es extrem wichtig, dass die Mannschaft zum jetzigen Zeitpunkt schon fleißig Punkte gesammelt hat. Unser großes Ziel ist vielleicht schon bald greifbar. Und ich bin optimistisch, dass wir das auch schaffen werden.

Empfinden Sie dabei auch noch etwas Wehmut, wenn Sie den FCH in der Bundesliga sehen? Oder überwiegt der Gedanke, dass Sie einen großen Anteil am Erfolg hatten?

Beides. Wenn ich noch mitspielen könnte und dürfte, würde ich mir sofort die Fußballschuhe anziehen. Ich habe es aber mit dem FCH von der vierten bis in die zweite Liga geschafft. Mit der Relegation waren wir 2020 nah am Aufstieg in die Bundesliga dran. Wenn ich Revue passieren lasse, was ich hier seit 2008 erreicht habe, erfüllt mich das mit großem Stolz. Jetzt können wir nach dem Bundesliga-Aufstieg sogar den Klassenerhalt schaffen. Die positive Entwicklung geht immer weiter. Es macht mich unglaublich glücklich, dass ich die Mannschaft jahrelang auf den Platz geführt habe und ein Gesicht des Vereins geworden bin.

Marc Schnatterer ist rund um die Spiele des FCH häufig als Interviewpartner gefragt. Foto: Dennis Straub

Dabei verlief Ihre Karriere nicht ohne Hindernisse. Ihr erster Anlauf beim VfB Stuttgart endete früh.

Es war auch beim VfB eine tolle Zeit, bei Jugendturnieren habe ich gegen große Mannschaften gespielt. Das Wichtigste für mich war aber damals schon der Fußball. Ich habe nach dem Abgang aus Stuttgart noch einmal mit meinen Kumpels auf niedrigem Niveau gespielt. Trotzdem habe ich alles gegeben, bin nach Freiberg gegangen und habe mich durchgebissen.

Vielen jungen Spielern heutzutage fehlt die Fähigkeit, Widerstände zu überwinden.

Marc Schnatterer

Hat Sie das vielleicht sogar noch stärker gemacht?

Vielen jungen Spielern heutzutage fehlt die Fähigkeit, Widerstände zu überwinden. Ich war immer extrem ehrgeizig, manchmal auch jähzornig. Das war nicht immer positiv, aber ich wollte immer vorankommen, egal was kam. Wenn wir nicht aufsteigen, weil wir gegen Offenbach nur 0:0 spielen (Saison 2012/13, Anm. d. Red.), dann probieren wir es im nächsten Jahr einfach noch mal und steigen dann auf. So bin ich die Dinge in meiner Karriere immer angegangen.

Sie sind in einer typischen VfB-Region aufgewachsen? Haben Sie damals auch in VfB-Bettwäsche geschlafen?

Das darf ich gar nicht so laut sagen. Ich hatte die Bayern-Bettwäsche, weil ich schon immer ein Riesenfan von Mehmet Scholl war. Viele meiner Freunde waren aber große VfB-Fans, deshalb habe ich den VfB stets verfolgt. Als ich dort in die Jugend gekommen bin, war noch die Zeit des magischen Dreiecks mit Balakow, Elber und Bobic.

Welche Erinnerungen entstehen, wenn Sie auf die Spiele gegen den VfB zurückblicken?

Es gab viele Testspiele, bis wir im ersten Aufeinandertreffen in der 2. Bundesliga 2016 in Stuttgart mit 2:1 gewinnen konnten. Das gehört zu einem der großen Highlights in meiner Karriere. Das war phänomenal, das waren Emotionen, die nur der Fußball auslösen kann. Auch das Rückspiel war besonders. Da habe ich mit einem wunderschönen Tor den Ausgleich gemacht – leider haben wir knapp mit 1:2 verloren. Es sind aber auch tolle Begegnungen mit Menschen, die ich von früher noch kenne. Der VfB-Zeugwart Michael Meusch ist heute noch da. Wenn man sich wieder trifft, sind das herzliche Momente.

Als ich dort in die Jugend gekommen bin, war noch die Zeit des magischen Dreiecks mit Balakow, Elber und Bobic.

Marc Schnatterer über seine Zeit beim VfB Stuttgart

Im Hinspiel gegen den VfB gab es einen 2:0-Sieg des FCH, wie lässt sich dieser wiederholen?

Du musst die Stärken, die der Gegner hat, unterbinden. Das gelang damals dank leidenschaftlichem Verteidigen. Wir hatten auch das nötige Quäntchen Glück. Es war Anfang November und schon etwas kälter. Mit der Stimmung in der Voith-Arena und dem Spielverlauf im Rücken haben wir uns das erarbeitet und drei ganz wichtige Punkte für den Klassenerhalt geholt.

Wie würden Sie die Spieler motivieren, damit die Überraschung in Stuttgart am Ostersonntag erneut gelingen kann?

Da bin ich zu weit weg. Aber ich bin mir sicher, dass Frank Schmidt die passenden Worte findet und unserer Mannschaft die richtige Einstellung mitgibt. Du musst dich wehren – gegen die Euphorie und das große Selbstvertrauen des VfB und gegen ein Stadion, das kochen wird. Das ist eine schöne und ambitionierte Aufgabe. Dafür muss man die Jungs gar nicht motivieren.

Wie lautet Ihr Tipp?

Ich mache es wie vor der Partie gegen Dortmund. Ich bin optimistisch und sage, dass wir einen Punkt holen.

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