Wegen installierter Kameras

Steinheimer Gemeindemitarbeiter angegriffen: 36-Jähriger wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte verurteilt

Manche Menschen sind vernünftig und einfach im Umgang, manche nicht. Zu den schwierigen Zeitgenossen zählt wohl auch der in Steinheim wohnhafte Angeklagte, der nun vom Amtsgericht Heidenheim verurteilt worden ist. Warum er auch die Verhandlung zu einer schwierigen Angelegenheit machte.

Worum ging es? Der Angeklagte, ein 36-jähriger Libyer, hatte um und in seiner Wohnung in einer Steinheimer Gemeinschaftsunterkunft unrechtmäßig drei Kameras installiert und sich nach einer entsprechenden Anordnung der Gemeinde geweigert, sie abzuhängen. Er wurde handgreiflich, nachdem Mitarbeiter der Gemeinde das Abhängen für ihn erledigen wollten. Nun musste er sich vor Gericht verantworten und hat dabei dem schnellen Verlauf der Verhandlung einen Strich durch die Rechnung gemacht.

Wie konnte es so weit kommen?

In der Vergangenheit war es offenbar ein ständiges Hin und Her zwischen dem 36-jährigen Familienvater und der Gemeindeverwaltung Steinheim. Der Angeklagte ist schon mehrmals aufgefallen wegen kleiner Vorfälle rund um seine Wohnung, die in einem Mehrfamilienhaus liegt und ihm von der Gemeinde übergangsweise angeboten wurde. Der Libyer war 2015 mit seiner Frau nach Deutschland und nach kurzen Aufenthalten in Karlsruhe und dem Schwarzwald nach Steinheim gekommen. In diesem Haus bewohnt er mit seiner Frau und seinen inzwischen drei Kindern zwei Zimmer. Badezimmer und Küche sind für alle Bewohner des Hauses frei zugänglich, was in der Vergangenheit schon mehrmals zu Streit geführt haben soll.

Angeblich um seine eigene Sicherheit zu garantieren, montierte der Angeklagte eine Kamera vor der Wohnungstür innerhalb des Hauses. Da sein Fahrrad im vergangenen Jahr geklaut worden war, platzierte er eine Kamera auf dem Fensterbrett, um den Bereich vor dem Haus zu überwachen. Eine letzte Kamera platzierte er am Gemeinschafts-Balkon des Hauses. Diese nutzte er laut eigenen Angaben, damit er seine Kinder, wenn sie im Garten spielten, im Blick behalten konnte.

Was passierte am Tattag?

Die Kameras wurden bei der Gemeindeverwaltung gemeldet, unter anderem von Nachbarn. Vollstreckungsbeamte und Hausmeister gaben dem Angeklagten am 19. Juli 2023 einen Tag Zeit, um die Kameras selbst abzubauen. Da dies nicht erfolgte, kamen ein Gemeindevollzugsdienst und der Hausmeister am Vormittag des 20. Juli vorbei, um die Kameras selbst zu entfernen.

„Schon am Vortag war der Angeklagte sehr aggressiv und weigerte sich, die Kameras abzubauen“, sagte der Beamte des Vollzugsdienstes vor Gericht. Als die beiden Mitarbeiter der Gemeinde nun versuchten, sich der Kamera des Balkons zu nähern, habe sich der Angeklagte in den Weg gestellt, den Beamten weggestoßen und umklammert. Beim Losreißen verletzte sich der Geschädigte am Daumen. Auch der zweite Versuch, mit einer Leiter an die Kamera zu gelangen, sei vom Angeklagten mit einem Tritt gegen die Sprossen verhindert worden. Am Ende riefen beide die Polizei.

Persönliche Misere des Angeklagten

Immer wieder wurde die Gerichtsverhandlung vom unkooperativen Angeklagten unterbrochen. Er beschwerte sich über die deutsche Polizei und erzählte von unzähligen Mordversuchen, die gegen ihn verübt worden seien. Die Kameras soll er aufgehängt haben, um sich und seine Familie zu schützen. Während der Verhandlung brach er des Öfteren in Tränen aus. Im Zuge der Ermittlung haben Polizeibeamte versucht, das Bildmaterial des Angeklagten einzufordern. Da der aber ein solches Misstrauen gegen die Staatsgewalt hegte, rückte er diese nie heraus und flüchtete sogar bei einem Aufeinandertreffen mit vier Polizeibeamten vor diesen. Dabei ließ er seinen fünfjährigen Sohn alleine zurück, der von Beamten nach Hause gebracht werden musste.

Das Urteil

Folgen hatte die Auseinandersetzung mit den Vollstreckungsbeamten allemal für den 36-Jährigen. Richter Dr. Christoph Edler kam dem Plädoyer der Staatsanwaltschaft nach und verurteile den Mann zu einer Haftstrafe von vier Monaten, die auf zwei Jahre Bewährung ausgesetzt ist. Zudem muss der Familienvater 80 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten. „Wenn Sie vorhaben, im Bundesgebiet zu bleiben, rate ich Ihnen, das unrechtmäßige Filmen zu unterlassen und keine Beamten anzugreifen“, sagte Richter Dr. Edler: „Damit schaden Sie nur sich selbst und der Zukunft Ihrer Kinder.“ Da die Duldung des Libyers bald abläuft, muss er nun um eine Erneuerung seiner Genehmigung bangen.

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