Im Suff Waffe gekauft

Warum ein 31-Jähriger in Giengen einen anderen Mann mit einer Pistole bedrohte

Frust über Beleidigungen, Sorgen um die Tochter und viel zu viel Alkohol – da brannten bei 31-Jährigen im Mai 2023 in Giengen die Sicherungen durch. Eigentlich hätte er dafür ins Gefängnis müssen.

Dass gleich drei Polizeibeamte gleichen Nachnamens mit demselben Fall zu tun haben, dürfte ein sehr seltener Umstand sein. Vor dem Heidenheimer Amtsgericht führte dies am Mittwoch zu kurzer Irritation: Einer der Beamte hatte den Angeklagten kurz nach der Tat vorläufig festgenommen, ein anderer hatte die Anzeige bearbeitet, der dritte schließlich die Tatwaffe begutachtet. Vom ersten erhoffte sich Richter Dr. Christoph Edler eine Einschätzung über den Grad der Trunkenheit des Angeklagten in der Tatnacht, geladen war irrtümlich jedoch der Zweite, der erst ins Spiel kam, als der Täter längst wieder nüchtern war.

Folgen für die Hauptverhandlung hatte dies freilich nicht: Der Angeklagte räumte seine Tat ohne Ausflüchte ein. Dass der Mann zur Tatzeit deutlich mehr als drei Promille Alkohol im Blut hatte, veranlasste Richter Edler zur Mutmaßung, dass wohl keiner im Saal in diesem Zustand noch stehen könnte. Dass er so schwer betrunken gewesen war, bewahrte den Mann wohl vor dem Gefängnis.

Mitten in der Nacht bedrohte er das Opfer mit der geladenen Pistole

In der Nacht auf den 28. Mai vergangenen Jahres ließ sich der heute 31-Jährige mitten in der Nacht von seiner Lebensgefährtin zu einem Haus in der Giengener Innenstadt fahren, wo seine Ex-Partnerin mit der gemeinsamen Tochter und dem neuen Freund lebt. Auf diesen Mann hatte es der Angeklagte abgesehen. Er stellte ihn vor dem Haus und bedrohte ihn mit einer halbautomatischen Pistole, die er in seiner Jackentasche hatte. Wenig später traf die erste von insgesamt vier Polizeistreifen am Ort des Geschehens ein und entschärfte die Situation.

Der Tat vorangegangen war ein länger schwelender Streit zwischen beiden Männern. Der 31-Jährige warf dem Kontrahenten vor, seine elfjährige Tochter zum Übertritt zum islamischen Glauben zu drängen, was diese aber nicht wolle. Es kam zu Beleidigungen, beim nun Verurteilten staute sich zunehmend Frust auf. Am Tag vor der Tat sei er mit Verwandten beim Angeln an einem See gewesen, sie hätten viel Bier und Wodka getrunken, er sei immer wütender geworden und habe dann noch mehr getrunken. Nach Darstellung seines Verteidigers seien in der Folge mehrere fremde Männer auf ihn zugekommen, die seinen Ärger bemerkt hatten. Sie boten ihm offenbar die Pistole zum Kauf an, damit er sich wehren könne. Später fuhr der Mann mit seiner Freundin nach Heidenheim und trank weiter. Auf dem Heimweg kam ihm, so der Anwalt, „die völlig hirnrissige Idee, dem anderen die Meinung zu geigen“.

Zur Tatzeit hatte der Mann mehr als drei Promille

Warum er in Giengen seinen Kontrahenten, seine Ex-Freundin und die gemeinsame Tochter mitten in der Nacht auf der Straße antraf, blieb in der Verhandlung offen. Die Frau sei mit dem Kind jedenfalls sofort davongerannt und habe die Polizei gerufen. Später stellte sich heraus, dass die mit drei Patronen geladene Pistole einen Mangel hatte: Der sogenannte Schlitten, der die Waffe vor dem ersten Schuss vorspannt, war laut Gutachten recht schwergängig, die Waffe sei unterm Strich aber funktionsfähig gewesen.

Normalerweise gibt es bei so einer Tat nur einen Weg: den in Haft.

Dr. Christoph Edler, Richter

Trotz seiner Trunkenheit sei der Mann nicht schuldunfähig gewesen, betonte der Vertreter der Staatsanwaltschaft in seinem Plädoyer. Er ging allerdings von einer verminderten Schuldfähigkeit aus. Das Geständnis wie auch die „sehr emotionale Vorgeschichte“ hielt der Ankläger dem 31-Jährigen ebenfalls zugute. Dennoch habe er „erhöhte kriminelle Energie“ an den Tag gelegt, indem er die Waffe nicht nur bei sich führte, sondern sie auch als Druckmittel einsetzte. Der Staatsanwalt forderte eine Geldstrafe in Höhe von 90 Tagessätzen zu je 50 Euro. Der Verteidiger schloss sich dem Vortrag des Anklägers weitgehend an, wollte die Höhe der 90 Tagessätze auf 35 Euro begrenzen.

Dem wiederum schloss sich Richter Edler in seinem Urteil an. Die größte Strafe sei ohnehin, dass der Mann seine Tochter seit fast einem Jahr nicht mehr gesehen habe, zumal nach der Tat ein Annäherungsverbot erlassen worden sei. „Normalerweise gibt es bei so einer Tat nur einen Weg: den in Haft“, schloss Edler.

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