Vor fast 700 Jahren wurde die sogenannte Goldene Bulle auf Pergament geschrieben, das «Grundgesetz» des Heiligen Römischen Reiches. Nur alle fünf Jahre darf eines der sieben existierenden Exemplare des Weltdokumentenerbes seinen Tresor im Stuttgarter Hauptstaatsarchiv verlassen. Um das fragile 60-Seiten-Werk mit seinem massiven goldenen Metallsiegel (lateinisch «bulla») dennoch für Geschichtsinteressierte leichter zugänglich zu machen, lässt das Landesarchiv in diesen Tagen einen 3D-Scan von diesem und auch von anderen seltenen Objekten anfertigen.
Die digitale Kopie des «Reichsgrundgesetzes», das die Modalitäten der Königswahl und die Privilegierung des erlauchten Wählerkreises regelte, soll in spätestens zwei Monaten zu sehen sein. Profitieren soll nicht nur die Wissenschaft, die die «Goldene Bulle» per Mausklick drehen, wenden und auswerten kann. Die 3D-Digitalisierung könne nicht nur im Internet, sondern auch in Ausstellungen integriert werden, sagte Peter Rückert, der Leiter des Hauptstaatsarchivs, am Mittwoch in Stuttgart am Rande der Digitalisierung.
Gemeinsam mit den Experten von Verus Digital, einer Ausgründung des Fraunhofer-Instituts für Graphische Datenverarbeitung in Darmstadt, lässt das Archiv in den kommenden Tagen nicht nur die «Goldene Bulle» erfassen. Ein Roboterarm schießt von allen Seiten auch Hunderte von Fotos anderer Objekte wie dem Spazierstock des letzten württembergischen Königs, Wilhelm II., Mini-Fußballschuhen mit den Unterschriften der Fußball-Weltmeister-Elf von 1954 und den Pistolen, mit denen ein Attentäter 1861 den preußischen König Wilhelm I. in Baden-Baden töten wollte.