Mehr als eine halbe Million Zuschauer, 100 Boote auf der Seine: Eine denkwürdige Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele in Paris am 26. Juli 2024 soll in 500 Tagen alles Dagewesene in den Schatten stellen. Dabei schwebt neben massiven Sicherheitsbedenken eine höchst brisante Frage über dem Weltfest des Sports: Ob und – wenn ja – unter welcher Bezeichnung russische Athletinnen und Athleten in die französische Hauptstadt reisen.
Die (Sport-)Welt ist in dieser Frage gespalten. Das Internationale Olympische Komitee (IOC) dringt auf die Rückkehr der Aktiven aus Russland und Belarus, auch wenn ein Ende des Angriffskrieges gegen die Ukraine nicht abzusehen ist.“ Das Letzte, was man will, ist, dass die Spiele von der Politik überschattet werden“, sagte jetzt der ehemalige IOC-Marketingchef Michael Payne. Dabei zeichnet sich 17 Monate vor Olympia ab, dass genau das der Fall sein wird.
„Games Wide Open“ lautet das Motto von Paris 2024, und die meisten Organisationen des Sports mit dem IOC im Zentrum folgen diesem Aufruf zu weit geöffneten Spielen. Gerade erst wagte der Internationale Fechtverband (FIE) einen Vorstoß, russische und belarussische Athleten wieder an seinen Wettkämpfen zuzulassen. Die Entscheidung betreffe die Einzel- und Mannschaftswettbewerbe und gelte ab April, „vorbehaltlich möglicher Empfehlungen oder zukünftiger Entscheidungen des IOC“.
Die Entrüstung folgte mit Ansage. „Wir sind zutiefst schockiert und empört“, teilte der ukrainische Fechtverband mit. Olympiasiegerin Olha Charlan sprach von „Enttäuschung, Wut, Ungerechtigkeit“. Wie stets schwingt die Möglichkeit eines Boykotts mit, wenn der Aggressor in diesem Angriffskrieg trotzdem in Paris dabei sein könnte.
Auch die Olympischen Komitees von Afrika (ANOCA) und der Asiatische Olympische Rat (AOC) hatten sich bereits für eine Rückkehr russischer und belarussischer Sportler in der Stadt der Liebe ausgesprochen – natürlich unter der zuletzt diskutierten strikten Neutralität. Vom Westen jedenfalls hat Russland so schnell keine Vergebung zu erwarten.
Die Regierungen von 34 Nationen, darunter Deutschland und auch Olympia-Gastgeber Frankreich, forderten das IOC Ende Februar auf, den Begriff „Neutralität“ zu definieren. Die Planung für die Wettkämpfe und die pompöse Eröffnungsfeier mit kalkulierten 400 000 bis 600 000 Zuschauern läuft auf Hochtouren – unabhängig davon, welche Lösung in der Russland-Frage gefunden wird. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron setzte sich am Dienstag mit den Planern der Zeremonien zusammen, vor allem die Pariser Polizei steht im Fokus.
Noch nie wurde ein Szenario einer derart gewaltigen Eröffnungsfeier durchgespielt, es heißt, es könnte nicht genügend Sicherheitspersonal für den enormen Andrang von Zuschauern aus aller Welt zur Verfügung stehen – auch ein Einsatz der Armee ist daher nicht ausgeschlossen.
Dazu echauffieren sich die Franzosen über hohe Ticketpreise und ein kompliziertes Verfahren. Doch das sind die „alltäglichen“ Dinge, mit denen sich die Veranstalter im Vorfeld eines solchen Großereignisses erfahrungsgemäß herumschlagen müssen. Über den Dingen schwebt weiter die Politik – und eine Lösung in der Russland- und Belarus-Frage ist auch 500 Tage vor der Entzündung des Feuers noch nicht abzusehen.
Deutsches Haus in der Rugby-Arena
Im historischen Stade Jean Bouin von Paris steht 2024 während der Olympischen Spiele (26. Juli bis 11. August) und Paralympics (28. August bis 8. September) das Deutsche Haus. Die Auswahl der Rugby-Arena als Treffpunkt besonders für die Mitglieder von Team Deutschland sowie Sponsoren und Medien gab die Deutsche Sportmarketing (DSM) als Betreiber jetzt bekannt.