Als sie in Handschellen aus dem Gerichtsaal geführt wurde, war Brittney Griner eine Botschaft wichtig. „Ich liebe meine Familie“, sagte der US-Basketballstar in Chimki, nach düsteren Monaten drohen düstere Jahre – in Lagerhaft. Durch den Urteilsspruch sind die Sorgen noch größer geworden, auch in der Heimat. „Was passiert nun wirklich mit unserer Königin?“, schrieb etwa NBA-Star Kyrie Irving bei Twitter. Er richtete die Frage an den US-Präsidenten Joe Biden und dessen Stellvertreterin Kamala Harris. „Bitte gebt uns ein Update“, wünschte sich Irving. Er wird wohl etwas Geduld aufbringen müssen.
Neun Jahre Haft in Russland, wegen Drogenschmuggels. Mit leerem Blick hatte Griner die Worte von Richterin Anna Sotnikowa hingenommen. Das Strafmaß war längst keine Überraschung mehr, auch die Profiligen NBA und WNBA nannten die Entscheidung des Gerichts „vorhersehbar“, dennoch bleibe die 31-Jährige „zu Unrecht“ inhaftiert.
Abgesehen davon, dass sich Griner wegen ihrer Prominenz perfekt als Spielball eignet, hat das alles mit Sport nichts zu tun. Die Politik ist gefordert, wie seit ihre Festnahme im Februar, als sie am Flughafen mit Cannabis-Öl erwischt wurde. Nur ein Gefangenenaustausch kann Griner retten, bislang haben die Unterredungen zwischen den USA und Russland zu nichts geführt. Moskau sei „bereit, über das Thema zu sprechen“, sagte der russische Außenminister Sergej Lawrow.
Laut Medienberichten sollte im Tausch gegen Griner und den früheren US-Soldaten Paul Whelan, der seit 2018 in russischer Haft sitzt, Wiktor But freikommen. But, genannt „Merchant of Death“, Händler des Todes, ist ein Schwerverbrecher. Ein solch unverhältnismäßiger Deal hätte weitreichende Folgen, er würde den Russen Türen öffnen. Eine Zwickmühle.
42 Sekunden Schweigen
In den USA wissen die Menschen, wie schwierig die Situation ist. Griner habe in ihrem „168-Tage-Albtraum“ mit der Verurteilung einen „ernüchternden Meilenstein“ erreicht, kommentierte ihr WNBA-Team Phoenix Mercury die Nachricht: „Wir wissen, dass der Prozess, der unsere Freundin nach Hause bringen sollte, nie rechtmäßig verlaufen ist.“ Vor dem Spiel der Mercury bei Connecticut Sun stellten sich die Spielerinnen beider Teams im Mittelkreis auf, hakten die Arme ineinander und schwiegen in Anlehnung an Griners Nummer für 42 Sekunden. Einigen Spielerinnen kamen die Tränen. Danach riefen sie „bring her home“ (bringt sie nach Hause).
„Die Verurteilung beweist, was wir die ganze Zeit gewusst haben, dass Brittney als politische Schachfigur benutzt wird“, twitterte ihre Agentin Lindsay Kagawa Colas nch der Urteilsverkündung: „Brittney und Paul nach Hause zu bringen, ist das Ziel.“
Brittney Griners Teamkollegen Sophie Cunningham kritisierte derweil die Medien. „Wenn es um Megastars wie LeBron James oder Tom Brady ginge, dann wäre das jeden Tag in den Schlagzeilen“, schrieb die 25-Jährige. Es müsse eine „beständige Botschaft“ transportiert werden, „bis Brittney zu Hause ist“. Doch der Weg dahin ist wohl weit. sid