Irgendwann musste Lewis Hamilton selbst lachen. Immerhin. Als er über die Siegchancen seines Mercedes-Teams sprach, half dem Rekordweltmeister ein wenig Galgenhumor. „Die Red Bulls dürfen das Rennen nicht beenden. Und die Ferraris dürfen das Rennen nicht beenden“, sagte Hamilton vor dem Großen Preis von Saudi-Arabien grinsend: „Und neuerdings dürfen auch die Aston Martins das Rennen nicht beenden.“
Die Überlegenheit der Silberpfeile ist Vergangenheit, die Gegenwart hat deutlich weniger zu bieten für die Dauersieger von einst. Vor dem zweiten Rennen der neuen Saison (Sonntag, 18 Uhr/Sky) ist die Lage gar so prekär, dass Mercedes sich mit einem Offenen Brief an seine Fans wandte. „Wir werden nicht in Panik geraten“, stand darin. Denn offenbar gäbe die Situation das durchaus her: Bereits jetzt droht eine weitere verlorene Saison. Der Auftakt in Bahrain war mehr als ein Warnschuss, von einem „dramatischen Wake-Up-Call“ sprach Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff hinterher: Red Bull mit Weltmeister Max Verstappen sei „auf einem anderen Planeten unterwegs“, auch Emporkömmling Aston Martin war viel schneller.
Zwar waren es lediglich die Eindrücke aus dem ersten von 23 Rennen, doch die Probleme sind wohl fundamental: Mercedes ist mit dem Konzept des neuen W14 in eine falsche Richtung abgebogen, das ist kein Urteil von außen, sondern die Innenansicht. Er denke nicht, „dass dieses Paket irgendwann konkurrenzfähig sein wird“, sagte Wolff in Bahrain.
Es fehlt an Geschwindigkeit und an Abtrieb, dadurch litten auch die Reifen zu sehr, am Ende standen die Plätze fünf und sieben für Hamilton und George Russell. Mittelfeld statt Titelkampf, und dabei könnte es bleiben. Denn ein falscher Entwicklungspfad ist in der Formel 1 mittlerweile deutlich schwieriger zu verlassen als in früheren Zeiten.
Nur Ferrari in Reichweite
Der Budgetdeckel erschwert das Vorantreiben verschiedener Konzepte, zudem ist auch die Zeit im Windkanal beschränkt. Man müsse „jetzt entscheiden, welche Richtung wir einschlagen“, sagte Wolff, „und dann alle Ressourcen dafür einsetzen“. Während also Red Bull und Aston Martin bereits funktionierende Konzepte fortentwickeln können, bastelt Mercedes an der Grundlage. Ferrari scheint zwar in Reichweite, lag in Bahrain aber auch vorn. In dieser Gemengelage wogen Hamiltons Worte nach dem Auftakt besonders schwer. Er wisse, was ein Rennauto braucht, er habe es dem Team im Verlauf der vergangenen Saison mitgeteilt, sagte der Rekordweltmeister. Nun gehe es um Verantwortlichkeit: „Es geht darum, es zuzugeben, zu sagen: Wir haben nicht auf dich gehört.“
Das klang vorwurfsvoll. Mercedes ist bemüht, diesen Eindruck zu zerstreuen. Im Teams zeige man nicht mit Fingern auf vermeintlich Schuldige, man suche keine Sündenböcke, teilte das Team seinen Fans mit. Und Hamilton räumte in Dschidda ein: „Rückblickend war das nicht die beste Wortwahl.“ sid