Im Windsurfen hat Philip Köster schon fast alles erlebt. Er bändigte die größten Wellen vor Hawaii, er ist bis heute der einzige deutsche Weltmeister im Wellenreiten, und er siegte im Windsurf-Mekka vor Sylt – doch diesmal ist kurz vor dem Start des weltweit größten World Cups im berühmt-berüchtigten Westerland alles anders.
Denn als Köster am Mittwoch von seiner Wahlheimat Gran Canaria aus anreiste, hatte er sein zweijähriges Töchterchen dabei. „Seit Malia da ist, bringt mir das Surfen noch mehr Spaß“, erzählt Deutschlands Ausnahmesurfer: „Wenn ich meine Frau und die Kleine am Strand sehe, wie sie mich anfeuern, spornt mich das noch mehr an. Das sorgt für eine Extramotivation.“
Ab Freitag dreht sich auf der Schickimicki-Insel in der Nordsee nach zwei Jahren Corona-Pause wieder alles um die Bretter, die für Köster und Co. die Welt bedeuten. Bis zum 3. Oktober kämpfen die Athleten um 85 000 Euro Preisgeld und um Weltranglistenpunkte. „Ich freue mich total auf das Event“, sagt Köster. Auf der nördlichsten aller deutschen Inseln kennt er praktisch jede Welle. Und während er bei seinem Sieg bei der vorherigen Weltcupstation im Juli vor Gran Canaria mit seinem Material am Strand „mehr oder weniger allein“ war, dürften ihn nun auf Sylt wieder zehntausende Menschen erwarten. „So viele Selfies wie dort mit den Fans, mache ich nirgendwo sonst“, sagt er.
Sportlich geht Köster, zuletzt 2019 vor der Geburt seiner Tochter Weltmeister, die Aufgabe „ganz entspannt an“. Für ihn ist das Gesamtklassement erstmal nebensächlich. „Der WM-Titel ist noch möglich, aber die Chancen sind klein“, so der 28-Jährige, der vor dem Finale als Vierter in Lauerstellung liegt: „Bei mir muss es schon sehr gut laufen und bei den anderen sehr schlecht, damit nach ganz vorn noch was geht. Klar ist aber: Vor Sylt will ich auf jeden Fall gewinnen.“
Das mit dem Gewinnen klappte bislang genau ein Mal, im Jahr 2012. Als 18-Jähriger verzückte Köster die Szene seinerzeit mit spektakulären Sprüngen und wurde in Deutschland quasi über Nacht berühmt, gehörte damals sogar zu den Nominierten bei Deutschlands Sportler des Jahres. Inzwischen ist Köster im Wellenreiten ein Weltstar und wird in einem Atemzug mit Björn Dunkerbeck und Robby Naish genannt. Was Köster sich für die Tage von Sylt wünscht? „Wenn ich ehrlich bin, wünsche ich mir schlechtes Wetter. Denn das bringt Wind und Wellen“, sagt er. Die Vorhersagen sehen für dieses Ansinnen momentan gut aus. Und Köster, am heimischen Strand von Vargas in Las Palmas von der Sonne verwöhnt, ist auf alles vorbereitet. Für Sylt, sagt er und lacht, „haben wir für Malia schon mal Regensachen besorgt“. sid
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Jahre alt war Philipp Köster, als er 2011 erstmals Weltmeister wurde, der Zweitjüngste nach Robby Naish. Naish und Björn Dunkerbeck haben sieben WM-Titel, Köster bislang fünf.