Er war live dabei. Als damals 16-Jähriger begleitete Jürgen Gräßle seinen Vater zum Treffen mit anderen leidenschaftlichen Skifahrern, bei dem die Skiabteilung des SV Altenberg gegründet wurde. Am Abend vor dem 30. November 1975 war sein Vater Adolf allerdings noch skeptisch: „Da brauchst du nicht mitzugehen, das wird da eh noch nichts“, habe sein Vater damals zu ihm gesagt, erinnert sich Jürgen Gräßle. Am Ende aber standen 20 Unterschriften auf einer Gründungsliste.

Fast fünf Jahrzehnte war Jürgen Gräßle sportlicher Leiter der Abteilung, organisierte als solcher Skikurse sowie Aus- und Fortbildungen für die Übungsleiter. „Da erlebt man schon so einiges“, sagt der 66-Jährige – und muss lachen. Legendär sei eine Ausfahrt in den 1980er Jahren ins Brandnertal (Voralberg) gewesen. Die Abfahrten waren das eine, die Geselligkeit auf der Hütte das andere. „Da war eine Riesengaudi. Mein Vater hat Gitarre gespielt, mein Cousin und der Opa von Sebastian Akkordeon“, erzählt Jürgen Gräßle und zeigt auf Sebastian Mayer, den amtierenden Leiter der Skiabteilung des SVA. Der Wirt sei so begeistert gewesen, dass er den Musikern die Getränke ausgab.

Sebastian Mayer hört seinem Förderer gerne zu. „Ich habe ihn dazu ermutigt, Abteilungsleiter zu werden, weil ich gewusst habe, dass er der richtige Mann ist“, sagt wiederum Gräßle über Mayer. Diesem war das Skifahren quasi in die Wiege gelegt. Mit zwei Jahren stand Sebastian Mayer schon auf den zwei Brettern. „Wenn überhaupt“, scherzt der 28-Jährige. Kein Wunder, war sein Vater Bernd doch Jugend- und später selbst Abteilungsleiter. Seine jüngere Schwester Melanie ist momentan sportliche Leiterin.

Was für ein gutes Team Jürgen Gräßle und Sebastian Mayer sind, wird auch beim obligatorischen Fototermin mit der HZ deutlich. Für dieses fahren sie einen regelrechten „Schatz“ behutsam auf Rollen aus der Garage. Ein Motorschlitten der Marke Polaris, der als Oldtimer durchgehen könnte. Seit der Gründung der Skiabteilung gab es nur zwei Schlitten. Natürlich fehlt im Oktober der nötige Schnee – doch das stört das engagierte Skifahrer-Duo keineswegs.

Einst war Jürgen Gräßle der erste DSV-Skilehrer im Landkreis Dillingen und mit Anfang 40 sogar süddeutscher Meister seiner Altersklasse im Slalom. Einige Jahre zuvor erlebte der Altenberger aber einen anderen sportlichen Höhepunkt: Über Bekannte lernte er Hubert Strolz kennen. Der Österreicher hatte 1988 bei den Olympischen Winterspielen in Calgary (Kanada) Gold in der Kombination und Silber im Riesenslalom gewonnen. Beim Empfang in dessen Heimatstadt Warth (Vorarlberg) war auch Gräßle zufällig dabei – und durfte mit dem Olympiasieger Ski fahren. „Es war ein einmaliges Erlebnis. Wir haben uns gleich gut verstanden“, schwärmt Jürgen Gräßle noch heute.
Auch Sebastian Mayer hatte die Ehre, eines seiner Idole zu treffen: In einem Hotel gab’s einmal ein Autogramm von Linus Straßer. Der Münchner hatte 2022 bei den Olympischen Winterspielen in Peking (China) mit der Mannschaft die Silbermedaille geholt.

Sobald es genügend Schnee gibt, sind die Skifahrer des SV Altenberg gerne auf den Gletschern unterwegs. „35 bis 40 Skitage sind keine Seltenheit“, sagt Sebastian Mayer, der als Maschinenbautechniker bei Aigo-Tec (ehemals Alligator) in Giengen arbeitet. Hier war Jürgen Gräßle viele Jahre Abteilungsleiter, bevor er sich selbständig gemacht hat. Mit seiner Firma für Textildruck müsste er vielen Sportlern und Musikern bekannt sein. Auch kamen von ihm viele Jahre die Trikots für die Heidenheimer Fußballer, ehe es ihm mit dem Aufstieg des 1. FC Heidenheim in die 2. Liga zu viel geworden sei.
Am Samstag, 25. Oktober, wird das Jubiläum der Skiabteilung des SV Altenberg in der Bachtalhalle allerdings nicht in Trikots, sondern unter dem Motto „Tracht“ gefeiert. Dann werden sich auch Sebastian Mayer und Jürgen Gräßle in Lederhosen präsentieren. Skifahrer haben eh coole Waden, oder? Beide müssen bei dieser Frage lachen. Und auch ihre Antwort ist einhellig: „Das kann man so sagen.“
Einst knapp 1000 Mitglieder
Die Skiabteilung des SV Altenberg hatte in ihrer Hochphase knapp 1000 Mitglieder. Aktuell sind es etwa 100 (der Gesamtverein SVA hat knapp 700 Mitglieder).