Herr Knorpp, für ihren Titelkampf am 8. November bei der Giengener Boxnacht haben Sie sich unter anderem auf Koh Samui vorbereitet. Was sprach für das Training auf der zweitgrößten thailändischen Insel?
Willi Knorpp: Ich habe mich entschieden, die Vorbereitung dieses Mal im Ausland zu machen, damit ich mich besser konzentrieren und fokussieren kann. Mit Jamie Speight habe ich auf Koh Samui einen ehemaligen Profi-Boxer gefunden, der dort heute ein Boxstudio leitet. Jamie hat sehr viel Erfahrung und bereitet Boxer aus aller Welt in einem Trainingscamp auf ihre Kämpfe vor.
Wie sieht ein typischer Tag im Trainingscamp in Thailand aus?
Aufstehen, Frühstück, Training (lacht). Die erste Trainingseinheit war meist eine Boxeinheit. Nachmittags lag der Fokus auf Fitness und Sparring und am Abend kam noch eine Krafteinheit dazu. Unter der Woche hatte ich zwischen zwei und drei Einheiten am Tag, gefolgt von einem Tag Pause.
Was unterscheidet das Training in Thailand von dem in Deutschland?
In Deutschland mache ich einen Teil der Vorbereitung, wie beispielsweise Ausdauertraining, für mich alleine. Auf Koh Samui hatten wir von früh bis spät professionelle Trainer an unserer Seite, unter deren Anleitung wir uns gezielt vorbereiten konnten.

Haben Sie auf Koh Samui auch mit thailändischen Boxern oder Trainern trainiert?
Meine Trainer stammen ursprünglich aus England. Thailändische Boxer waren nicht mit im Camp. Ich hatte dafür die Gelegenheit, mit Boxern aus Polen, Neuseeland und Albanien zu trainieren.
Neben dem Training kam auch der Spaß nicht zu kurz. Zwischen Schnorcheln, Eisbaden und Erholung am Strand gab es unter anderem Heuschrecken-Spieße zum Abendessen. Schmeckt das?
Nicht wirklich (lacht). Für uns war es eher ein Spaß, verschiedene einheimische Dinge zu probieren. Neben den Heuschrecken haben wir auch die „Stinkfrucht“ Durian probiert. Beides würde ich nicht mehr essen.
Sie haben im Amateurbereich begonnen und sich Schritt für Schritt ins Profiboxen hochgekämpft – was sind die größten Unterschiede zwischen Amateur- und Profiboxen?
Ein Aspekt ist beispielsweise die Rundenanzahl im Ring. Im Amateurbereich sind es drei Runden, im Profibereich zwischen sechs und zwölf. Das spielt aber im Endeffekt keine große Rolle. Im Profibereich stehen jetzt bis zu drei Trainingseinheiten am Tag an. Das war am Anfang schon eine große Umstellung. Mit dem Schritt ins Profigeschäft habe ich für mich alles auf den Sport ausgerichtet. Mein komplettes Leben und auch meine Arbeit. Für das Profiboxen gebe ich alles, was ich habe.
Da sie gerade davon sprechen – ist es denn immer möglich, Arbeit und Sport unter einen Hut zu bekommen?
Mein Arbeitgeber ist zum Glück sehr kulant und unterstützt mich auf meinem Weg. Für die Vorbereitung wurde ich beispielsweise komplett freigestellt. Dafür bin ich sehr dankbar.
Haben Sie einen bestimmten Mentor oder Trainer, der Sie auf diesem Weg besonders geprägt hat?
Allen voran mein Heimtrainer Vitali Urich, der an mich geglaubt, mich unterstützt und gemeinsam mit Friedrich Dick aufgebaut hat. Die beiden haben den Grundstein für meine sportliche Laufbahn gelegt und begleiten mich bis heute. Eine weitere wichtige Stütze ist mein Bruder Fredi, von dem ich sehr viel gelernt habe und der immer an meiner Seite steht. Den letzten großen Schritt verdanke ich meinem Manager Timo Schwarzkopf.
Im vergangenen Jahr mussten Sie ihren Heimkampf verletzungsbedingt absagen. Wie haben Sie es geschafft, trotz dieses Rückschlages nicht den Glauben zu verlieren?
Das war unglaublich hart für mich, den Kampf wegen meiner Schulterverletzung absagen zu müssen. Ich hatte meine Zeit und mein Geld in die Vorbereitung gesteckt und ich war deswegen ehrlicherweise kurzzeitig am Boden. Gemeinsam mit meinem Arzt und meinen Trainern habe ich dann aber einen Weg gefunden nach vorne zu schauen, an mich zu glauben und weiterzumachen.
Nach der Verletzung und dem harten Weg zurück haben Sie bei der Boxnacht in Ulm im Juni mit einem beeindruckenden Comeback gegen Jesús Piña Najera gewonnen – trotz Magenproblemen und einem Trommelfellriss. Wie war es möglich, diesen Kampf zu überstehen und am Ende sogar zu siegen?
Nach dem Trommelfellriss habe ich zwischendurch komplett schwarzgesehen und das Gleichgewicht verloren. Aber ich habe an mich geglaubt. Denn wenn man an sich glaubt, ist alles möglich. Das hat mir schlussendlich den Schub gegeben, zurückzukommen.
Was bedeutet Ihnen die Giengener Boxnacht – und vor allem, in ihrer Heimatstadt wieder in den Ring zu steigen?
Es bedeutet mir sehr viel. Hier habe ich mit dem Boxen angefangen. Hier habe ich meine ersten Erfolge gefeiert. Ich war früher weder besonders sportlich noch selbstbewusst. Das Boxen in Giengen hat alles verändert. Es war das beste Gefühl, das ich im Leben hatte. Deshalb ist und bleibt die Boxnacht in Giengen für mich immer etwas Besonderes.
Bei ihrem Titelkampf treffen Sie auf den Afrikameister John Serunjogi aus Uganda, der doppelt so viele Kämpfe im Profi-Bereich auf dem Konto. Wie soll es gelingen, den Titel nach Giengen zu holen?
Ich weiß, dass mein Gegner sehr erfahren ist und er kommen wird, um zu gewinnen. Aber das ist nichts Neues für mich. Bei meinen letzten drei Kämpfen war ich in derselben Situation. Doch davon lasse ich mich nicht unterkriegen. Ich weiß, dass ich hart trainiert habe und weiß auch, was ich alles dafür geopfert habe. Ich werde in den Ring steigen und mir nehmen, was mir zusteht.
Wie wichtig ist die Unterstützung der Fans?
Die Unterstützung der Fans ist mir sehr wichtig. Das hat man im letzten Kampf auch gesehen. Ich war durch den Trommelfellriss mehr als nur angeschlagen. Aber wenn man sieht, wie die Leute für einen schreien und einen anfeuern, dann gibt das einen extra Schub an Motivation und die Kraft nicht aufzugeben, sondern weiterzumachen.
Gibt es ein bestimmtes Ritual, mit dem Sie sich auf den Kampf einstimmen?
Meditieren. Ich nehme mir nach dem Aufwärmen die Zeit, die Augen zu schließen und mir vorzustellen, wie ich gewinne. Ich denke daran, das Beste zu geben und alles rauszuhauen, was ich habe. Das hilft mir, ein bisschen runterzufahren und mich zu beruhigen.
Boxen wird oft mit einem negativen Schlägerimage in Verbindung gebracht. Welche Werte vertreten Sie im Ring – besonders als jemand, der seine Wurzeln in Brasilien hat?
Boxen hat wenig mit Nationalität zu tun, sondern mehr mit dem Menschen an sich. Deshalb bin ich stolz, sowohl Brasilien als auch Deutschland vertreten zu dürfen. Leider ist es tatsächlich so, dass Boxen oft als Schlägersport abgehandelt wird. Aber es geht beim Boxen nicht darum, in den Ring zu gehen und draufzuhauen. Vielmehr bestimmt eine Mischung aus Taktik, Gefühl, Kraft, Disziplin und Ausdauer den Sport. Das Boxen ist sehr komplex. Für mich ist es wichtig im Ring nach einem taktischen fairen Weg zu suchen, den Gegner zu schlagen.
Und zum Schluss: Wenn Sie jungen Boxern etwas mit auf den Weg geben könnten – was wäre Ihr wichtigster Rat?
Niemals aufgeben! Wenn man an sich glaubt, ist alles möglich.
Großes Programm bei der Giengener Boxnacht
Ausschließlich Profikämpfe erwartet das Publikum am 8. November bei der 9. Giengener Boxnacht. Los geht's um 18 Uhr in der Walter-Schmid-Halle, den Hauptkampf des Abends bestreitet Lokalmatador Willi Knorpp gegen John Serunjogi. Insgesamt sind zehn Kämpfe zu sehen, darunter ein weiterer Titelkampf. Zudem gibt es ein musikalisches Rahmenprogramm mit Philip Matas, dem DSDS-Finalisten (Deutschland sucht den Superstar) aus Heidenheim.