Fechten war ihr Leben. Stephan Rein stand 24 Jahre mit dem Degen auf der Planche, Niklas Multerer 22 Jahre. Beim Coupe d’Europe im Rahmen der Heidenheimer Fechtertage (23. bis 26. Februar in der Karl-Rau-Halle) treten die beiden langjährigen Leistungsträger des HSB noch einmal für ihren Verein an. Rein startet zudem auch beim Heidenheimer Pokal. Es soll ein kleiner Abschied vom eigenen Publikum sein. Zuvor blicken die beiden Kumpels, die gemeinsam sehr viel erlebt haben, zurück auf ihre Karrieren.

Mantel- und Degen-Filme gesehen?

Niklas Multerer: Natürlich. Sie waren aber nicht der Auslöser dafür, dass ich mit dem Fechten angefangen habe.

Stephan Rein: Na klar. Als Kind habe ich „Zorro“ und „Die drei Musketiere“ geschaut.

Lieblings-Musketier?

Niklas Multerer: Ehrlich gesagt, habe ich gar keinen Lieblings-Musketier.

Stephan Rein: Bei mir war es Aramis. Der wird sonst so gut wie nie genannt.

Fotoshooting am Schloss Hellenstein im Jahr 2018: Stephan Rein (links) und Niklas Multerer als Musketiere.
Fotoshooting am Schloss Hellenstein im Jahr 2018: Stephan Rein (links) und Niklas Multerer als Musketiere.
© Foto: Melinda Rein

Schönster Erfolg?

Niklas Multerer: Beim Weltcup in Heidenheim bin ich 2015 Achter geworden. Das war etwas ganz Besonderes für mich. Im selben Jahr haben wir mit dem deutschen Team Silber beim Nationen-Weltcup in Paris geholt. 2018 wurde ich deutscher Meister. Rein fechterisch war der letzte Mannschafts-Weltcup in Vancouver 2016 ein sehr schöner Moment. Da habe ich echt gut gefochten.

Stephan Rein: Da muss man sportliche und emotionale Erfolge trennen. Mein erster Sieg in Reutlingen war sehr emotional. Ich komme aus Reutlingen, mein Vater Andreas hat das Turnier ins Leben gerufen. Sportlich war 2019 sehr schön. Da bin ich bei den Heidenheimer Fechtertagen im Einzel-Weltcup 13. geworden. In dem Jahr wurde ich auch zum „Sportler des Jahres“ der Heidenheimer Zeitung gewählt. Aber klar, der zweite Platz mit der deutschen Mannschaft 2015 in Paris war auch toll.

Bestes Wetter zum Fechten, oder? Das Schloss Hellenstein diente den beiden HSB-Fechtern als Kulisse im Jahr 2018.
Bestes Wetter zum Fechten, oder? Das Schloss Hellenstein diente den beiden HSB-Fechtern als Kulisse im Jahr 2018.
© Foto: Melinda Rein

Größte Enttäuschung?

Niklas Multerer: Die verpasste Olympia-Qualifikation 2016. In acht von zehn Wettkämpfen waren wir mit dem deutschen Nationalteam qualifiziert. In den letzten zwei haben wir uns ins Aus geschossen. In Heidenheim, dem neunten Wettkampf, sind wir aus den Qualifplätzen gerutscht. Das tat schon weh, weil wir so viel Kraft, Zeit und Energie investiert hatten.

Stephan Rein: Bei mir war es eher die Qualifikation für Olympia im Jahr 2021. Als Bester der deutschen Rangliste war ich als einziger deutscher Fechter beim Kontinentalausscheid dabei. Es war die letzte Möglichkeit, sich für die Spiele zu qualifizieren. Ich wusste, was dranhängt. Daher war es bitter, dass es nicht geklappt hat. Ich bin Zehnter geworden, aber nur der Sieger darf zu Olympia.

En garde! Stephan Rein (links) machte große Sprünge.
En garde! Stephan Rein (links) machte große Sprünge.
© Foto: Melinda Rein

Lautester Gegner?

Stephan Rein: Puh. Wir hatten ja sehr viele Gefechte. (überlegt) Es gibt drei venezolanische Brüder, die sehr temperamentvoll sind.

Niklas Multerer: Da denke ich an keinen speziellen Fechter. Auf manchen Wettkämpfen waren aber auch die Damen dabei. Da war dann doch das ein oder andere laute Stimm-Organ zu hören. (lacht)

Krassester Jubel?

Stephan Rein: Bei der Europameisterschaft 2019 in Düsseldorf haben die Dänen überraschend die Schweizer besiegt. Daraufhin ist Frederik von der Osten über die Bahn gerollt. Ganz so, wie man einen Teppich aufrollt.

Niklas Multerer: Der Schweizer Max Heinzer war für krassen Jubel prädestiniert. Aber Gábor Boczkó ist nach der Quali der Ungarn für Olympia 2016 wie ein Irrer rumgelaufen. 2012 war es bei Ruben Limardo aus Venezuela ähnlich. Da hatte er sich in Paris im Einzel für Olympia qualifiziert. Da sieht man, wie viel Emotionen freigesetzt werden, wenn man den Schritt geschafft hat.

Zurück in der Gegenwart: Niklas Multerer (rechts) und Stephan Rein posieren vor der Karl-Rau-Halle in Heidenheim.
Zurück in der Gegenwart: Niklas Multerer (rechts) und Stephan Rein posieren vor der Karl-Rau-Halle in Heidenheim.
© Foto: Rudi Penk

Lustigste Anekdote?

Stephan Rein: 2010 sind wir nach London geflogen. Gelandet sind wir am Flughafen City und wir dachten, dass der Rückflug auch von dort geht. Aber zurück ging es von Heathrow aus. Wir haben den Flug also verpasst und mussten auf eigene Kosten umbuchen. In Cali (Kolumbien) haben wir 2018 bei einer Fahrt unsere Taschen aufs Autodach schnallen müssen und sind durch einen gefühlten Monsun gefahren. Das Wasser ist dann nur so aus den Taschen gelaufen.

Niklas Multerer: 2008 waren wir als Junioren mal in Israel. Am Flughafen wurden wir gefragt, was in unseren Taschen drin ist. Als Jugendliche haben wir unbedacht das Wort Waffe benutzt (Fencing Weapon/Fechtwaffe). So etwas kommt an einem Flughafen nicht gut an. Wir wurden in einen Raum geführt und die Taschen wurden durchsucht. Danach haben wir immer nur von Sportausrüstung gesprochen.

Auch modeln will gelernt sein: Niklas Multerer in Aktion.
Auch modeln will gelernt sein: Niklas Multerer in Aktion.
© Foto: Rudi Penk

Schönster Trip?

Stephan Rein: Das ist schwierig zu sagen, da wir die meiste Zeit über in Hallen unterwegs waren und der Ablauf auch immer gleich ist. Turniere in Übersee sind aber interessant. 2019 haben wir eine Fahrradtour in Buenos Aires gemacht. Das Trainingslager in Japan, in dem wir uns auf die Weltmeisterschaft 2018 in China vorbereitet haben, war auch sehr schön, um andere Kulturen kennenzulernen.

Niklas Multerer: Rio de Janeiro fand ich auch sehr schön. Andere fliegen dorthin, um Urlaub zu machen. Wir, um zu fechten.

Schön farbig: die Karl-Rau-Halle.
Schön farbig: die Karl-Rau-Halle.
© Foto: Jörg Busch

Schlimmstes Reiseerlebnis?

Stephan Rein: In Chile brach 2011 der Vulkan Puyehu aus. Seine Asche kam bis nach Argentinien. Meine Fechttasche kam in Buenos Aires erst verspätet an und ich konnte nicht trainieren. Auf dem Rückflug hat man Wolken über dem Meer gesehen und das Flugzeug hat ganz schön gewackelt. Selbst die Stewardessen haben so etwas zuvor nicht erlebt.

Niklas Multerer: Einmal musste ich in die Ukraine über Moskau fliegen. Sowohl auf dem Hin-, als auch auf dem Rückweg fielen die Anschlussflüge einfach aus. Ich musste
in Moskau übernachten. Da ich aber kein Visum hatte, wurde ich zum Hotel gefahren und durfte das Hotelzimmer bis zum jeweils nächsten Flug nicht verlassen.

Schau mal in die Kamera: Auch Stephan Rein weiß, wie’s geht.
Schau mal in die Kamera: Auch Stephan Rein weiß, wie’s geht.
© Foto: Rudi Penk

Blödeste Verletzung?

Stephan Rein: Bei den Fechtertagen in Herbrechtingen bin ich gleich zweimal umgeknickt. Und zwar an der Kante der Fechtbahn.

Niklas Multerer: Olympia-Quali 2016 in Heidenheim. In der Vorrunde bin ich einmal umgeknickt, habe aber weitergemacht. Im K. o. bin ich mit demselben Fuß noch einmal umgeknickt und konnte deshalb nicht mit dem Team starten.

Ekligstes Essen?

Stephan Rein: Bei der WM in China haben wir Frosch bestellt, weil wir die Karte nicht verstanden haben. Es war viel Soße dabei. Ich habe das Essen probiert, meins war’s aber nicht.

Niklas Multerer: Ich bin am italienischen Frühstück verzweifelt. Es gibt dann trockenen Kuchen mit Kaffee. Ich brauche aber etwas Richtiges zum Frühstück.

Schatz, woran denkst Du gerade? Niklas Multerer (links) und Stephan Rein sind in ihre Rolle als Fotomodels vertieft.
Schatz, woran denkst Du gerade? Niklas Multerer (links) und Stephan Rein sind in ihre Rolle als Fotomodels vertieft.
© Foto: Rudi Penk

Bestes Essen?

Niklas Multerer: In Tallinn (Estland) bin ich immer sehr gerne in der Altstadt Essen gegangen. Und ein argentinisches Steak hat auch etwas.

Stephan Rein: Da würde ich auch das argentinische Steak nennen. Von der Küche in Georgien war ich aber auch überrascht. Dort sind wir den Tipps der Rezeptionistin gefolgt.

Song zu meiner Karriere?

Stephan Rein: Disco Pogo von Die Atzen.

Niklas Multerer: Gerade beim Weltcup in Heidenheim verbinde ich Madagascar von Hans Zimmer mit dem Fechten. Das ist einer der Songs, zu dem die Athleten vor ihren Gefechten einlaufen. Schon als Kind wollte ich mal zu dem Lied beim Heimweltcup einlaufen.

Was Stephan Rein und Niklas Multerer hören: Sean Paul und Sportfreunde Stiller

Die beiden HSB-Fechter haben auch einige Bonusfragen beantwortert. Was muss, das muss!
Stephan Rein:

Hobbys: Ski fahren, Wandern, Mountainbike fahren

Lieblingslied: Pizza von Antilopen Gang

Lieblingssänger: Sean Paul

Gute Haltungsnoten? Fehlanzeige! HZ-Redakteur Edgar Deibert versucht sich an den Degen. Stephan Rein und Niklas Multerer (rechts) denken sich ihren Teil.
Gute Haltungsnoten? Fehlanzeige! HZ-Redakteur Edgar Deibert versucht sich an den Degen. Stephan Rein und Niklas Multerer (rechts) denken sich ihren Teil.
© Foto: Matthias Henkelmann

Niklas Multerer:

Hobbys: Ski und Kajak fahren

Lieblingslied: 2022 war’s Days like this von Van Morrison

Lieblingssänger: zuletzt Sportfreunde Stiller

Superkraft: Onkel spielen ;-)

Zeitplan Heidenheimer Fechtertage in der Karl-Rau-Halle

 Donnerstag, 23. Februar

8 Uhr Vorqualifikation
Heidenheimer Pokal (Eintritt frei)

 

Freitag, 24. Februar

9 Uhr 64er K. o./
17 Uhr Finalgefechte

 

Samstag, 25. Februar

8 Uhr Voith-Cup,
18 Uhr Finalgefechte

 Sonntag, 26. Februar

8 Uhr Coupe d‘Europe,
ab 17.30 Uhr Finalgefechte

Stephan Rein nimmt 2023 ein letztes Mal an den Fechtertagen in Heidenheim teil: Bilder aus seiner aktiven Zeit beim HSB

Bildergalerie Stephan Rein nimmt 2023 ein letztes Mal an den Fechtertagen in Heidenheim teil: Bilder aus seiner aktiven Zeit beim HSB

Niklas Multerer nimmt 2023 ein letztes Mal an den Fechtertagen in Heidenheim teil: Bilder aus seiner aktiven Zeit beim HSB

Bildergalerie Niklas Multerer nimmt 2023 ein letztes Mal an den Fechtertagen in Heidenheim teil: Bilder aus seiner aktiven Zeit beim HSB