Sportliches Ehepaar

Wie bei den Bittners vom MSC Schnaitheim die Begeisterung für Seitenwagen aufgekommen ist

Mandy und Daniel Bittner vom MSC Schnaitheim sind nicht nur verheiratet, sondern auch sportlich ein Paar. Die beiden jagen im Seitenwagen über die Pisten und möchten eine Lanze für ihren Sport brechen.

So ein gemeinsames Hobby ist doch etwas Schönes und kann einem Eheleben durchaus förderlich sein. Mandy und Daniel Bittner haben sich allerdings ein ganz besonderes ausgesucht – das Heidenheimer Paar fegt zusammen im Seitenwagen über die Motocrossstrecken.

Bis es so weit kam, war eine Reihe von Zufällen nötig: Ursprünglich hatten weder die 45-Jährige noch ihr 43-jähriger Gatte etwas mit Motocross am Hut, auch wenn sich Daniel Bittner als passionierter „Schrauber“ schon seit langer Zeit an so ziemlich allen Arten von Motoren austobt. Zum Motocross als Sport kamen die Bittners aber über ihre Kinder. Zunächst war Marvin beim MSC Schnaitheim erfolgreich, dann erwachte auch bei Laurin und Tochter Emelie das Fieber.

Über die Kinder zum Motocross

Schnell waren die beiden als Helfer, Techniker, Trainer und vieles mehr gefragt. Mandy Bittner wurde regelrecht zur „Motocross-Mama“, übernahm beim MSC die Jugendleitung, machte den Trainerschein und legte die Prüfung zur Rennleiterin ab. Beim BW-Cup hatte sie dann Gelegenheit, als Beifahrerin zum renommierten Piloten Fahrer Tobias Blank in den Seitenwagen zu steigen. „Eine Runde habe ich durchgehalten, das ist schon irre“, erinnert sie sich mit einem Schmunzeln.

Aber spätestens jetzt hatte sie Blut geleckt und auch ihr Gatte, der als Fachlehrer an der Christophorus-Schule Kunst und Technik unterrichtet, war längst von Benzinduft und dem Knattern der Zweitaktmaschinen fasziniert. Als ihnen dann 2013 bei einem Rennen ein Seitenwagen, ein VMC mit Kawasaki KX500 Motor, relativ günstig zu Kauf angeboten wurde, mussten die Bittners nicht lange überlegen.

Erste Fahrt endet im Schlamm

Am darauffolgenden Sonntag in Schnaitheim war es dann so weit. Das Paar drehte seine erste Runde – und musste dann einen Bagger organisieren, um das Gefährt wieder aus dem Schlamm zu ziehen. Danach folgte das erste Rennen beim Stoppelcross in Burgberg. Dort fuhren sie über einen Reifenstapel. „Das war unser erster Sturz, aber danach konnten wir es“, so Daniel Bittners lakonischer Kommentar. Die beiden überstanden das Malheur ohne Blessuren und blieben bis heute mein Motocross verletzungsfrei. Vielleicht eine Folge der eben ganz besonderen Konstellation. „Wir bremsen uns natürlich selbst ein wenig aus, weil wir einfach Angst umeinander haben“, erklärt Daniel Bittner.

Wir könnten uns keinen anderen Beifahrer vorstellen.

Mandy und Daniel Bittner

Das heißt aber nicht, dass zwischen Kurven und Sprüngen immer alles Friede, Freude, Eierkuchen ist. „Wir haben schon unsere Auseinandersetzungen, aber die lassen wir auf der Strecke“, so Mandy Bittner lachend. Der Haussegen hängt also nicht schief, falls Daniel mal zu früh in die Kurve geht. Als Beifahrerin gibt ohnehin Mandy die Marschroute vor. Dass Männer und Frauen zusammen ein Seitenwagenteam bilden, kommt öfters vor, bisher ist ihnen bei den Rennen aber nur ein weiteres Ehepaar begegnet. Eine besondere fahrtechnische Herausforderung stellt für die Bittners zudem die 70 kg Unterschied im Körpergewicht dar. Und trotz allem sagen sie unisono: „Wir könnten uns keinen anderen Beifahrer vorstellen.“

Die Auseinandersetzungen bleiben auf der Strecke

Nach dem Start blieb das Duo zunächst hart am Gas, ging 2014 jede Woche zweimal auf die Strecke am Schnaitheimer Hafnerhäule, bestritt weitere Rennen und ließ sich auch von einem Getriebeschaden nicht ausbremsen. Doch frisch in der Selbstständigkeit wollte Mandy Bittner, die in Steinheim den Frisörsalon „Pimp your Hair“ betreibt und mittlerweile zudem eine psychologische Beratungspraxis eröffnet hat, kein Risiko eingehen. So hängten die beiden ihr Cross-Karriere wieder an den Nagel.

Es blieben die Betreuung der Kinder und Einsätze in Diensten des ADAC. Und so kam es wie es kommen musste, bald juckte wieder die Cross-Leidenschaft. „Wir konnten zu keinem Rennen gehen, ohne auf ein Comeback angesprochen zu werden“, berichtet Daniel Bittner. Und wieder sorgte ein Zufall für den letzten Kick: Als der ADAC 2023 ein Pilotprojekt zur Wiederbelebung des immer mehr in die Krise geratenen Seitenwagensports ins Leben rief und die Bittners gefragt wurden, konnten sie nicht Nein sagen. Mit einem kurzfristig gekauften VMC-Gespann, befeuert von einem 80-PS-MTH-Motor, ging es in die speziell für Teams ohne große Rennerfahrung geschaffene neue Serie namens Seitenwagen Clubsport-Cup. Diese richtet sich natürlich in erster Linie an jüngere Crosser, aber auch die brauchen ja Konkurrenz und entsprechende Teilnehmerfelder, sodass die Bittners ihren Beitrag leisten.

Sehnsucht nach der schwarz-weißen Flagge

Und so besuchten die MSCler eine ganze Reihe von stimmungsvollen und zum Teil ungewöhnlichen Motorsport-Events wie das Flughafenrennen in Freising oder die Veranstaltung in Eschach/Seifertshofen, wo die Seitenwagen eingebettet in Traktor-Pulling und Panzer-Show ihre Runden drehten. Das Gespann fiel zwar einige Male aufgrund technischer Probleme aus, sah aber in Straßbessenbach erstmals die schwarz-weiße Zielflagge und erreichte in Hohenlinden sogar den dritten Rang. Wichtiger war etwas anderes: „Wir haben so viele Menschen kennengelernt, es sind einige Freundschaften entstanden“, erzählt Mandy Bittner. Irgendwie schweißt die Seitenwagen-Romantik zusammen, denn allzu viele Gespanne gibt es nicht mehr.

In den Seitenwagen wagen

Wie in vielen Sportarten herrscht Nachwuchsmangel, Corona tat sein übriges, die Gespanne trifft es aber besonders hart. So war auch beim großen Schnaitheimer Motocross vor zwei Wochen, bei dem die Bittners als Streckenposten im Einsatz waren, erstmals kein Seitenwagenrennen im Programm. „Das ist eigentlich schade, es ist so ein geiler Sport“, sagt Mandy Bittner und hofft, dass die ADAC-Initiative Erfolg hat, sich wieder mehr Motorsportler in den Seitenwagen wagen.

Mandy und Daniel Bittner haben inzwischen Rennerfahrung gesammelt. Karl-Heinz Schlienz

Dabei können die beiden die Argumente von Umweltschützern teilweise nachvollziehen. „Es ist uns schon klar, dass dieser Sport auch für Belastungen sorgt. Wir versuchen dafür, in anderen Lebensbereichen etwas für die Öko-Bilanz zu tun“, sagt Daniel Bittner. Dazu zählt die Wiederverwertung von Fahrzeugen und Motoren ebenso wie Fahrradfahren, Mandy Bittner beteiligt sich über ihren Salon an einer Aktion zur Müllbeseitigung in den Meeren.

Schon mal Reifen aus dem Müll gefischt

Materialschlachten wie bei den Motocross-Profis gibt es bei dem Heidenheimer Paar ohnehin keine. „Wir stecken unser Geld rein, machen alles selbst, haben auch schon mal Reifen aus dem Müll gefischt“, erzählt Daniel Bittner. Denn für hochklassige Fahrer ist das Gummi nach einem Rennen nicht mehr zu gebrauchen. Im Seitenwagensport gibt es bisher übrigens gerade mal ein elektrisch betriebenes Gefährt – die Eigenkonstruktion eines Franzosen. „Das ist bisher technisch schwierig, aber wir würden es versuchen“, so Daniel Bittner.

Über Ostern war die Motocross-Familie nun zum Training in Tschechien. Während Marvin Bittner nach erfolgreichen Jahren auf Solomaschinen mittlerweile zum American Football wechselte, für die Rascals des Heidenheimer Sportbundes aufläuft, und nur noch zur technischen Unterstützung dabei ist, fahren Laurin und Emilie (im Gespann mit Florian Köder) ebenso wie ihre Eltern. Alle freuen sich jetzt auf die neue Saison, die für das Ehepaar Bittner Anfang Mai in Schopfheim beginnt. Und das Ziel im diesjährigen Clubsport-Cup? „Immer ankommen und nicht Letzter werden.“

Serie macht auch in Gerstetten Station

Der ADAC Württemberg hatte für 2023 auf Initiative von Thomas Moser ein Pilotprojekt ins Leben gerufen, das vom Gespann-Nachwuchs gut angenommen wurde. In diesem Jahr geht es in optimierter Form mit dem Clubsport-Cup weiter. So können Nachwuchsteams im Rahmen von MX-Veranstaltungen in Süddeutschland Rennen bestreiten.

Geplant sind bislang fünf Veranstaltungen, darunter Straßbessenbach und Gerstetten. Voraussetzung ist ein Wohnsitz in Deutschland sowie eine B-/C-Lizenz des DMSB oder eine sogenannte Race Card, die kurzfristig online beantragt werden kann. Die Akteure müssen mindestens 16 Jahre alt sein, die Gespanne jünger als Baujahr 2000. Die B-Lizenz berechtigt überdies zu Starts bei der Deutschen Meisterschaft.

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