Endlich! Er sieht seine Chance gekommen! Seit Wochen fiebert Philipp Hruschka dem Darts-Turnier der TSG Nattheim entgegen – und liegt damit seinem Umfeld in den Ohren. Darts hier, Pfeile dort. Double out und Legs. Begriffe, mit denen Normalsterbliche im Grunde nichts anfangen können. Hruschkas Begeisterung für die Trendsportart mit der runden Scheibe ist allerdings ansteckend.
Und das, obwohl es sich durchaus nerdig anhört, wenn der gebürtige Mittelfranke über seine Leidenschaft spricht. „Also, E-Darts geht mal gar nicht“, sagt Hruschka mit mahnendem Zeigefinger. „Die Dartsspitzen sind da aus Plastik. Und die Scheibe auch. Einfach furchtbar.“ Geht’s noch spezieller? Nicht nur über die Akustik kann der 32-Jährige philosophieren. Auch die Haptik hat es ihm angetan. „Bei Stahl-Peilen habe ich ein besseres Gefühl.“ Und: „Wenn die auf die Scheibe aus Naturfaser treffen, ist der Klang auch viel angenehmer.“
Sylvester Stallone als Vorbild
Mit Stahl und Naturfasern kann man Hruschka also glücklich machen. Seit Weihnachten hat er auch endlich eine professionelle Steeldarts-Scheibe bei sich zu Hause hängen. Die wiegt schlappe fünf Kilogramm. Nun kann er täglich trainieren – immer mit dem Titelsong aus dem Film Rocky („Gonna Fly Now“ von Bill Conti) im Ohr, wie Hruschka schmunzelnd anmerkt.
Natürlich ist ihm klar, dass er damit auch aufgezogen werden könnte. „Mir egal“, sagt Hruschka, der seit 2018 die HZ verstärkt, achselzuckend. Ein Vorteil aber: So wurden ihm auch gleich Spitznamen um die Ohren gehauen. Schließlich haben viele Darts-Profis einen. Wie zum Beispiel der Deutsche Gabriel Clemens, der bei der jüngsten Weltmeisterschaft in London für Furore sorgte (erreichte als erster Deutscher überhaupt ein Halbfinale). Der Saarländer wird schlicht „The German Giant“ (der deutsche Riese) genannt.
Im Fall Hruschka hirnten auch seine Kollegen: Über „Phil the Great“ (der Große) und „Paperboy“ (Zeitungsjunge) war schnell klar: Doppeldeutig soll’s „Hungry Phil“ (hungriger Phil) sein. Zum einen, weil der schlaksige Hruschka kulinarisch durchaus noch etwas vertragen könnte, wie er selbst anmerkt. Und andererseits: „Ich bin hungrig auf Erfolg“, sagt Hruschka augenzwinkernd. Er selbst kann überhaupt nicht einschätzen, wie er in Nattheim abschneiden wird. „Ich habe minimale Erwartungen, aber maximale Ambitionen“, fügt er an und lacht.
Denn genau darum soll es ja gehen: Spaß. Und obwohl sich Hruschka auch regelmäßig Darts-Videos zu Trainingszwecken anschaut, freut er sich besonders auf die Atmosphäre in Nattheim. „Meine Kumpels sind schon etwas neidisch, dass ich bei einem Turnier mitmache“, sagt er.
Mit den Kumpels bei der Weltmeisterschaft in London
Denn zu fünft sind sie bei der WM 2020 (begann im Dezember 2019) in die Party-Welt des Darts eingetaucht. „Wir waren bei der WM in London dabei. Ein Kumpel hat uns dazu überredet“, erinnert sich Hruschka. Im legendären Alexandra Palace, von eingefleischten Fans nur Ally Pally genannt, waren sie auch bei einem historischen Match dabei: Mit Fallon Sherrock gewann zum ersten Mal eine Frau ihr zweites Match. Klar, so etwas wissen nur eingefleischte Darts-Fans. Und „Hungry Phil“, der ins Schwärmen gerät: „Da herrscht eine besondere Stimmung. Es ist einfach eine riesen Gaudi. Keiner nimmt das so richtig ernst. Aber gleichzeitig nehmen es alle sehr ernst.“ Alles klar?
Beim Fangesang „Stand up, if you love the Darts“ zur Melodie „Go West“ von den Pet Shop Boys grölten auch Hruschka und seine Kumpels, verkleidet in schwarzen Trainingsanzügen, mit Sonnenbrillen und Bauchtaschen, mit. „Das war der Wahnsinn. Seit dieser WM bin ich richtig heiß darauf, zu spielen“, sagt „Hungry Phil“.
Fan von Weltmeister Michael Smith
Und: Er ist auch Englandfan. Auch, weil der amtierende Weltmeister Michael Smith Engländer ist. „Der ist schon richtig cool“, sagt Fanboy Hruschka. „Er wirft so unglaublich schnell nacheinander, dass da die Kamera teilweise nicht mitkommt.“
Apropos Kamera. Hruschka gab einen – selbstironischen – Einblick in seine Trainingsmethoden. „Ich wollte zeigen, wie motiviert ich bin“, ulkt Hruschka. Beim Termin mit dabei waren natürlich ein England-Trikot, eine neongrüne Trainingshose, die er von Vater Fritz einst feierlich überreicht bekam und Darts-Pfeile sowie -scheibe.
„Das hat richtig Spaß gemacht“, freut sich Hruschka. Und das, obwohl er wie im Film „Rocky“ Hauptdarsteller Sylvester Stallone es auch macht, rohe Eier trinken durfte. „Es ist schon ziemlich eklig. Aber für den Erfolg muss man Opfer bringen“, so Hruschka, dem es besonders viel Spaß gemacht habe, die Treppen zum Schloss hochzulaufen. Ganz wie Rocky im gleichnamigen Film die Treppenstufen des Philadelphia Museum of Art erklommen hat. „Vielleicht bin ich der neue Rocky“, sagt Hruschka und grinst. „Naja, zumindest wäre mein Einlauflied das aus dem Rocky-Film.“
Doch wer weiß, vielleicht geht beim Turnier in Nattheim ein neuer Stern am Darts-Himmel auf, der „Hungry Phil“ heißt. „Und wenn die TSG Nattheim eine Dartsabteilung gründet, muss ich wohl nach Nattheim ziehen“, scherzt Hruschka. Zuzutrauen ist ihm alles.
Darts in einem Pub gespielt
Ursprünglich kommt Philipp Hruschka aus dem bayerischen Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen mit dem Brombachsee. „Campern ist er sicherlich bekannt“, sagt der Mittelfranke. Angefangen mit dem Dartsspielen habe er in einem Pub. Auch seinen Vater Fritz habe er mit dem Dartsfieber angesteckt. „Seine Wand sieht wesentlich schlimmer aus als meine“, sagt Philipp Hruschka mit dem Verweis darauf, dass die Dartspfeile aus Stahl auch neben die Scheibe gehen können.
Bei der Heidenheimer Zeitung ist Hruschka seit 2018. Nach seinem Volontariat wurde er Redakteur für Sonderthemen.
Turnier in Nattheim am 28. Januar
Die 1. Nattheimer Steel-Darts-Meisterschaft wird am Samstag, 28. Januar, in der Sportgaststätte auf der Halde ausgetragen. Alle 64 Plätze (die Zahl der Teilnehmenden wurde von der gastgebenden TSG Nattheim aufgrund der enormen Resonanz erhöht) sind belegt. Auf der Warteliste standen 25 Personen, zwei von ihnen konnten inzwischen nachrücken. Das Turnier beginnt um 13 Uhr (Einlass ab 11.30 Uhr), Finale ab 20 Uhr.