1000 Kilometer in zehn Tagen

Wie leidenschaftlich Handballtrainer Tim Hoga über sein besonderes Hobby als Radfahrer spricht

Er kann nicht nur Handball! Tim Hoga steht mit der HSG Oberkochen/Königsbronn an der Tabellenspitze der Landesliga. Der 35-Jährige fährt allerdings auch leidenschaftlich gerne Fahrrad. Was er mit seinem Kumpel Tom Hoffmann bei den Touren durch Albanien, den Kosovo oder Belgien und die Niederlande erlebte und weshalb er auf bewaffnete Soldaten einredete:

Zusammen mit seinem Vater Joachim führte Tim Hoga die Handballer der HSG Oberkochen/Königsbronn in die Handball-Landesliga. In der vergangenen Saison verpasste die HSG nur knapp den Durchmarsch in die Verbandsliga. Doch bei dem 35-jährigen Programmierer (Zeiss) muss es nicht immer nur Handball sein. Auf seinem Gravelbike hat der Königsbronner schon einige Länder erkundet.

Herr Hoga, sind Sie schon immer gerne Fahrrad gefahren?

Als Kind hatte ich ein Fahrrad. Aber als ich 16 war, wurde es mir gestohlen. (lacht) Und wie das als junger Bursche halt so ist. Da fährt man lieber mit dem Auto, fährt bei Kumpels mit oder fährt mit dem Moped.

Es ist interessant, wie sich das entwickelt hat…

Ja, lange Zeit kam ein Fahrrad für mich nicht in Frage. Von 16 bis 33 hatte ich dann kein Rad mehr. (lacht)

Tim Hoga in seiner Funktion als Handballtrainer. Foto: Markus Brandhuber

Warum sind Sie wieder aufs Fahrrad gestiegen?

Mit 28 musste ich mit Handball wegen einer Verletzung aufhören. Dann habe ich Tennis gespielt. Mit dem Fahrrad ist man aber ungebunden. Beim Handball hat man Mitspieler, beim Tennis brauchst du einen Partner, gegen den du spielst. Bei vielen Sportarten braucht man einen direkten Partner. Ich wollte für mich selbst etwas machen können, zum Beispiel spontan am Sonntagmorgen.

Joggen?

Das geht leider wegen meines Knies nicht. Nach einem Meniskusriss gibt es Restfolgen. Wenn ich zu viel mache, merke ich es. Ein Arzt hat mir Radfahren vorgeschlagen. Und mein ehemaliger Arbeitskollege Tom ist ein sehr leidenschaftlicher Radfahrer. Der ist als 18-Jähriger 3300 Kilometer durch Europa gefahren. Er hat mich angesteckt und hat zu mir gesagt: Kauf dir ein Rad, fahre Rad. Wir haben dann zusammen mein Rad ausgesucht.

Wohin ging es für Tim und Tom auf der ersten gemeinsamen Radtour?

Ich wollte in den Balkan. Viele haben gesagt, dass Albanien schön sei. Und Tom meinte, dass in Thessaloniki in Griechenland ein Rave wäre. Und dass, er da schon mal gewesen ist. Also wollten wir beides kombinieren.

Da hinten ist die Nordsee: Tim Hoga bei einem Stopp in den Niederlanden bei Visslingen. Foto: th

Wie lief die erste Tour ab?

Wir sind nach Skopje in Nordmazedonien geflogen. Von da ging’s Richtung Kosovo und nach Albanien und dann nach Thessaloniki, wo wir dann drei Tage waren.

War das Ihre Musik?

Eigentlich nicht. (lacht) Aber es ist ein schönes Ziel mit tollem Ambiente. Direkt am Meer.

Wie viele Kilometer waren es insgesamt?

(überlegt) Schon ein paar. 1.000. Wir waren 10 Tage unterwegs und haben jeden Tag um die 100 Kilometer gemacht.

Erst einmal volltanken: Tim Hoga an einem öffentlichen Brunnen. Foto: th

Eine ganz schöne Belastung für den Körper?

Ich habe Muskeln gespürt, die ich vorher nicht gekannt habe. (lacht)

Wo, am Hintern?

Da eher weniger. Aber mein Nacken hat mir schon Probleme bereitet. Man schaut ja ständig nach oben.

Also kein Handynacken, sondern…

Ein Radfahrernacken. (lacht)

Und sonst?

Irgendwann kommen Schmerzen in den Handgelenken. Mittlerweile habe ich mir einen Triathlon-Aufsatz gekauft, damit ich besser liege und mich auf den Ellenbogen aufstützen kann. Die Muskulatur insgesamt merkt man jeden Morgen. Morgens aufs Fahrrad zu steigen, ist schon eine Überwindung. Man denkt: Mist, heute werden’s ja wieder 100 Kilometer. Wie soll das funktionieren? (lacht)

Gab es Gedanken ans Aufhören?

Das nicht. Nach den ersten drei Tagen gewöhnt sich der Körper an die neue Belastung und man wird auch schneller. Und das, obwohl man morgens nur schwer aufs Fahrrad kommt. Der Körper gewöhnt sich an die Belastung, die ersten drei Tage sind die härtesten.

Ein bisschen Spaß muss sein: Tim Hoga mit seiner besonderen Radfahrermütze. Foto: Rudi Penk

Wo haben Ihr Mitstreiter und Sie übernachtet?

In Hotels. Sonst hätten wir auch noch Zelte und so mitschleppen müssen. Je weniger Gewicht auf dem Fahrrad, desto einfacher ist es. Es sind aber schon eher einfache Übernachtungsmöglichkeiten gewesen.

Wie war die Strecke?

Im Kosovo sind die Straßen super ausgebaut. Aber man fährt als Radfahrer eben auf den Autostraßen. Die Alpenpässe hoch und runter, ein wunderschönes Panorama. Auch Albanien kann ich nur empfehlen.

Wie lief die Kommunikation mit den Menschen ab?

Die Menschen konnten besser Deutsch als Englisch. Ich habe einen Mann mal gefragt, was er in Deutschland gemacht hat. Er hat mit einem Wort geantwortet: „Baustella“. (lacht) So werden die Häuser wohl abbezahlt. Das war zumindest eine Erklärung. Die Menschen im Kosovo sind zwar sehr arm, aber sie sind alle super gastfreundlich und sehr hilfsbereit. Wir konnten zum Beispiel nicht jeden Tag 10 Liter Wasser mitnehmen. Das heißt, wir mussten immer auffüllen. Es gibt zwar viele Brunnen, manchmal haben wir aber an Haustüren geklopft und gefragt, ob wir unser Wasser auffüllen können. Das ging über Handzeichen. In der Regel hatten die Menschen kein fließendes Wasser. Wir haben beispielsweise auch noch einen Apfel aus dem Garten mitbekommen.

Tim Hoga (rechts) legt seinem Kumpel Tom am Ohrid-See in Albanien eine Pause ein. Foto: th

Hatten Sie mal Bedenken, was Ihre Sicherheit betrifft?

Nein, gar nicht. (überlegt) Es gab eine Situation, in der ich etwas ängstlich war. Als wir vom Kosovo zurück nach Nordmazedonien über einen Pass wollten. An der Grenze standen Soldaten mit Maschinengewehren. Ich habe zu Tom gesagt: Die ignorieren wir, wir fahren da durch. Das durften wir dann aber nicht. (lacht)

Wie ging’s weiter?

Die Soldaten haben signalisiert, dass wir nicht drüber dürfen, sondern nur Einheimische. Wir hatten aber gerade zwei Pässe mit 2.000 Höhenmetern hinter uns. Der Weg zurück waren noch einmal 40 Kilometer oder so. Bei mir war der Punkt erreicht, an dem ich darauf keine Lust hatte. Also habe ich mit denen auf Englisch diskutiert, dass sie uns durchlassen sollen. Bis Tom gesagt hat, lass es gut sein, weil sie mit ihren Maschinengewehren immer nähergekommen sind. Also haben wir doch die Alternativroute gewählt und sind den Pass ein zweites Mal aus der anderen Richtung hochgefahren. (lacht)

Die zweite Tour war ja ein Alternativprogramm?

Ja, da sind Tom und ich von Aachen aus, wo er lebt, in die Niederlande und Belgien. Neun Tage, wieder jeden Tag etwa 130 Kilometer. Aber alles schön flach. Landschaftlich natürlich komplett verschieden. In Belgien und Holland gibt es sehr schöne und großartig ausgebaute Fahrradwege. Die führen durch den Wald oder am Strand entlang.

Schön Flach: Tim Hoga auf dem Werkeiland Neeltje Jans, einem der Dämme in den Niederlanden. Foto: th

Wie kommt’s bei den Handballern an, dass Sie ein Radfreak sind?

Na ja, Freak würde ich nicht sagen. (lacht) Das kann jeder. Aber ich habe noch nichts Negatives gehört. Die haben mir Fahrradfahrsachen gekauft, aber solche, die man eigentlich nicht anzieht.

Zum Beispiel?

Fahrradhandschuhe in Pink.

Trainieren Sie regelmäßig?

Vor einer Tour natürlich mehr. Nach einer Tour habe ich bis zu sechs Wochen keine Lust aufs Fahrradfahren. (lacht) Wenn man lange auf dem Drahtesel saß, freut man sich, wenn man mal wieder laufen oder mit dem Auto fahren kann.

Was haben Sie denn für ein Fahrrad?

Ich habe zwei Räder. Ein Rennrad, für Fahrten daheim. Und ein Gravelbike für die Touren. Gravel steht im Englischen für Schotter. Tom hat mir beim Aussuchen geholfen. Der kennt sich da super aus. Das Gravelbike hat dickere Reifen und ist etwas kürzer als ein Rennrad. Man hat darauf auch eine leicht aufrechtere Haltung.

Was kostet so ein Fahrrad?

Das ist schon nicht ohne. Neu bezahlt man dafür etwa 6.000 Euro. Es ist aus Aluminium, das Bike wiegt 7,2 Kilogramm. Ich habe es gebraucht für 3.000 Euro gekauft.

Das Gravelbike von Tim Hoga. Foto: Rudi Penk

Was ist denn das nächste Ziel?

Zunächst möchte ich mir auch eine Rolle kaufen, auf der man sein Rad aufspannen kann und zu Hause fahren kann. Für den Winter. Ich würde gerne etwas fitter sein im nächsten Jahr. Da soll es im Mai/Juni von Königsbronn aus Richtung Mailand gehen und dann weiter ans Meer. Wir werden acht, neun Tage unterwegs sein und ungefähr 1.000 Kilometer machen.

Stellt man nach so einer Radtour einen Unterschied an sich selbst fest?

Nach der letzten Tour ist aber vielen aufgefallen, dass ich abgenommen habe. Es waren sechs Kilogramm. Wahrscheinlich drei Kilogramm Körperfett und drei Wasser, weil man sehr viel schwitzt. Wir können gar nicht so viel nachtrinken. Am Tag haben wir aber bestimmt sechs bis sieben Liter Wasser getrunken und 4.000 bis 5.000 Kalorien zu uns genommen.

Und was macht der Hintern? Ist er knackiger geworden?

Der ist wie immer. (lacht) Oder ich frage mal rum. (lacht)

Heimspiel gegen Lustenau

Nach drei Siegen in den ersten drei Saisonspielen belegt die Mannschaft von Trainer Tim Hoga den ersten Platz in der Landesliga. Am Samstag hat die HSG Oberkochen/Königsbronn den Tabellenachten HC Lustenau zu Gast (19.30 Uhr, Herwartsteinhalle). Zeitgleich empfängt die TSG Schnaitheim als Tabellenzweiter Schlusslicht Weingarten (Ballspielhalle). Der TV Steinheim (ebenfalls Zweiter) tritt dagegen beim Tabellensiebten TV Treffelhausen an (ebenfalls um 19.30 Uhr, Alb-Sporthalle Böhmenkirch).

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