Beide sind Legenden in ihren Vereinen. Einst trafen Tim Hoga (HSG Oberkochen/Königsbronn) und Klaus Nissle (TV Steinheim) als Spieler mit ihren Mannschaften aufeinander. Mittlerweile stehen sie sich als Trainer gegenüber. Am Sonntagabend kommt’s in der Königsbronner Herwartsteinhalle zum erneuten Duell (17 Uhr).
Herr Hoga, Herr Nissle, Sie beide treffen mit ihren Teams ja nicht das erste Mal aufeinander…
Tim Hoga: Wir haben schon in der Jugend gegeneinander gespielt. In der C- oder in der B-Jugend. Zwar bin ich zwei Jahre jünger als Klaus, aber ich wurde damals hochgezogen. Das ist jetzt bestimmt auch schon 20 Jahre her.
Klaus Nissle: Bei mir geht’s mit der Erinnerung erst im Aktivenbereich los. Ich habe aber das Bild von Tim als jungen Antreiber im Kopf.
Herr Hoga, was ist Klaus Nissle für ein Spielertyp gewesen?
Tim Hoga: Ich will’s mal so ausdrücken: Ich hätte ihn viel lieber als Mitspieler statt als Gegenspieler gehabt. (lacht) Klaus war ein absoluter Leader und lange Jahre Kapitän seiner Mannschaft. In der Abwehr hart, aber fair. Er hatte eine besondere Ausstrahlung.
Klaus Nissle: Tim fiel durch seine Raffinesse auf. Und er war über eine sehr lange Zeit eine der Identifikationsfiguren und einer der Leistungsträger seiner Mannschaft neben Tobi Schramek, Sebastian Trittler oder Christoph Ludwig. Er war mit anderen zusammen dafür verantwortlich, dass die HSG damals so einen Aufschwung erlebt hatte. Nun möchte er dies als Trainer erneut schaffen. Dafür habe ich aller größten Respekt.
Wie lange haben Sie in der ersten Mannschaft der HSG gespielt, Herr Hoga?
Tim Hoga: Zehn Jahre.
Können Sie das überbieten, Herr Nissle?
Klaus Nissle: Bei mir waren es 17 Jahre, ehe ich 2022 aufgehört habe.
Tim Hoga: Eine sehr lange Zeit. Bei mir war das aufgrund einer Knieverletzung leider nicht möglich.
Sie sind aber dem Handball erhalten geblieben, Herr Hoga?
Tim Hoga: Ja, ich habe zunächst die B-Jugend trainiert. Das hat mir richtig Spaß gemacht. Und als ich aus Stuttgart zurück nach Königsbronn gezogen bin, stieg ich 2018 als Co-Trainer von Hermann Stegmaier bei der Männermannschaft mit ein. Ein Jahr später wurde ich Cheftrainer.
Klaus Nissle: Boah, Respekt!
Wie war es bei Ihnen, Herr Nissle. Waren Sie froh über den schnellen Übergang von der Spieler- zur Trainerlaufbahn?
Klaus Nissle: So schnell wollte ich ganz und gar nicht einsteigen. Zumindest wollte ich nicht so schnell in der vollen Verantwortung stehen. Aufgrund der Umstände um die aus der Verbandsliga abgemeldete Mannschaft und der Spielstätte in Gerstetten war es schwierig, einen externen Trainer zu verpflichten. Das war eigentlich der Wunsch des Vereins.
Sie hätten gerne länger eine Auszeit vom Handball gehabt?
Klaus Nissle: Das schon. Ich hatte ein Jahr frei vom Handball, hätte aber gerne noch etwas länger pausiert. 17 Jahre lang hatte ich mich als Spieler an festen Terminen orientiert: dreimal die Woche Training, Spiele an den Wochenenden. Das neun bis zehn Monate im Jahr. Der Aufwand, wir sind ja alle Amateursportler, ist schon enorm.
Für Ihren Herzensverein sind Sie 2024 aber gerne früher in die Verantwortung zurückgekehrt?
Klaus Nissle: Natürlich. Und ich war wohl zu langsam beim Wegducken, als es darum ging, wer es macht. (lacht)
Tim Hoga: Es ist ja auch so, dass man als Trainer noch viel mehr Zeit für den Sport investiert: Video-, Gegneranalyse, Vorbereitung der Trainingseinheiten. Aber man bekommt auch sehr viel zurück, Wertschätzung und Dankbarkeit von den Spielern.

Profitieren Sie beide als Trainer von den Erfahrungen, die Sie als Spieler gesammelt haben – und von den Trainern?
Klaus Nissle: Absolut. Ich habe als Spieler viel von den Trainern mitgekriegt. Und wurde in meiner Rolle als Kapitän auch früher in Entscheidungen mit eingebunden als meine Mitspieler. Von jedem Trainer nimmt man auch etwas mit. Es bringt zwar nichts, einen Trainer zu kopieren. Aber man pickt sich von jedem etwas raus.
Welche Trainer haben Sie geprägt?
Klaus Nissle: In jungen Jahren war es bei mir Dietmar Kässer. Er hat sich akribisch auf den jeweiligen Gegner vorbereitet. Und bei ihm waren wir so durchtrainiert wie sonst bei keinem Trainer. Und natürlich Sebi Kieser. Er hatte neue Ansätze, andere Übungen reingebracht.
Tim Hoga: Es gibt allerdings den einen Trainer, der einen prägt. Von dem nimmt man mehr mit als von anderen. Und natürlich spielt die Erfahrung, die man als Spieler gemacht hat, eine Rolle. Man kann sich, denke ich, besser in die Spieler hineinversetzen.
Das möchte ich lieber nicht sagen.
Tim Hoga, Coach der HSG Oberkochen/Königsbronn, auf die Frage, welcher Trainer ihn am meisten geprägt hat
Welcher Trainer hat Sie am meisten geprägt, Herr Hoga?
Tim Hoga: Das möchte ich lieber nicht sagen. (lacht)
Wieso nicht?
Tim Hoga: Weil ich mir das dann von ihm lange anhören kann.
Raus mit der Sprache…
Tim Hoga: Also schön. Im Aktivenbereich war es Gerhard Fetzer.
Klaus Nissle: Ah, ich verstehe.
Tim Hoga: Er war ein sehr emotionaler Trainer und konnte die Mannschaft super einschwören. Für ihn wären wir durchs Feuer gegangen. Ich merke an mir selbst, dass meine Halbzeitansprachen zum Teil an seine Art der Ansprachen angelehnt sind.
Zum Ausgleich: Welche Trainer haben Sie noch geprägt?
Tim Hoga: Im Jugendbereich war es Engelbert Frey. Läuferisch war es Manfred Wicht. Am Ende ist es, so wie es Klaus auch sagt, eine Art Mix aus allen Trainern.

Im Hinblick auf das Duell am Sonntag müssen die Trainer wahrscheinlich nicht viel machen?
Tim Hoga: Alle sind heiß aufs Derby. Die beiden Mannschaften haben ja schon häufig gegeneinander gespielt – und es waren stets enge Duelle. Es wird bestimmt wieder ein heißer Tanz.
Klaus Nissle: Zwischen Steinheim und Königsbronn liegen nicht einmal zehn Kilometer. Sehr viel näher geht in der Liga eigentlich nicht. Es ist ein Spiel mit absolutem Derbycharakter. Und ein Duell mit großer Historie.
An welche Spiele erinnern Sie sich?
Tim Hoga: 2012 sind wir Meister der Landesliga geworden. In der gesamten Saison gab es für uns nur eine Niederlage. Wir hätten schon in Steinheim Meister werden können, haben aber vor 1000 Zuschauern in der Halle sprichwörtlich einen auf'n Sack bekommen.
Klaus Nissle: Stimmt, in der Saison habt ihr im Training mehr Fußball als Handball gespielt.
Wie ist das gemeint?
Tim Hoga: Immer, wenn wir ein Spiel gewonnen hatten, durfte im Training gekickt werden. Neben der Niederlage in Steinheim gab's nur noch ein Unentschieden gegen Feldkirch.
Wie viele Zuschauer werden es am Sonntag?
Tim Hoga: 600 Zuschauer passen in die Herwartsteinhalle. Wir hoffen, dass die Halle voll wird.
Klaus Nissle: Ich denke, dass 100 bis 150 Fans des TV Steinheim dabei sein werden.
Tim Hoga: Wir leben sowieso in einer handballverrückten Region. Bei unserem Spiel in Lindau waren 150 Zuschauer, in Weingarten nur 50. Davon knapp die Hälfte HSG-Fans.
Wie sind denn die personellen Voraussetzungen für das anstehende Kreisderby, Herr Hoga?
Tim Hoga: Wir sind noch nicht in dem Flow wie in der vergangenen Saison. In den ersten Spielen lief es dafür, wie wir trainiert haben, recht gut. Die Trainingsbeteiligung ist aber nicht optimal. Insgesamt sind wir noch nicht so gefestigt.
Beschissen wäre noch geprahlt.
Klaus Nissle, Trainer des TV Steinheim, im Scherz auf die Frage, wie die personelle Situation bei seinem Team ist
Wie ist die Lage beim TV Steinheim, Herr Nissle?
Klaus Nissle: Auf gut Deutsch?
Gerne…
Klaus Nissle: Beschissen wäre noch geprahlt. (lacht) Wir fahren leider auf der letzten Rille, hatten zuletzt viele Ausfälle. Max Rau wird die komplette Hinrunde ausfallen, zuletzt war Alexander Herbrik nicht dabei, Tim Baur ist angeschlagen. Dani Hungerbühler ist nach einer sehr langen Verletzungszeit wieder dabei und muss bereits viel Verantwortung tragen. Mal schauen, welche Spieler zurückkehren werden. Gegen Spitzenmannschaften wird es zurzeit aber hinten raus eng.
Eine Hoffnung liegt ja auf David Wittlinger. Wie weit ist er denn?
Tim Hoga: Gute Frage!
Klaus Nissle: Bislang hat David drei Trainingseinheiten mitgemacht. In der Abwehr kann man ihn guten Gewissens bringen. Aber natürlich gibt es bei ihm Verbesserungspotenzial, was Timing, Rhythmus oder Abstände angeht. Wenn aber der erste Wurf bei ihm sitzt, kann es ein guter Tag werden. Schauen wir mal. Wir freuen uns jedenfalls alle auf ein spannendes und faires Derby.
Warum das Derby am Sonntag ausgetragen wird
Da die Ringer der KG Königsbronn/Faurndau am Samstag einen Heimkampftag bestreiten (gegen Möckmühl/19.30 Uhr), wurde das Handballderby zwischen der HSG Oberkochen/Königsbronn und dem TV Steinheim auf Sonntag angesetzt (17 Uhr, Herwartsteinhalle).
Klaus Nissle arbeitet bei der Bauerfeind AG, einem deutschen Medizinproduktehersteller, als Vertriebsmanager. Dort ist er für den Bereich Orthopädie in der Region und überregional zuständig. Der 37-Jährige betreut unter anderem Orthopäden, Chirurgen, Krankenhäuser und Sanitätshäuser.
Tim Hoga ist Programmierer in der Automatisation (Fertigungsmaschinen) bei Carl Zeiss.
Die TSG Schnaitheim ist ebenfalls am Sonntag im Einsatz. Das Team des Trainergespanns Daniel Köpf/Thomas Feil tritt beim TV Altenstadt an (17 Uhr, Michelberghalle (Geislingen/Steige).