Handball

Drei Handballspiele in 21 Stunden: Wie Tim Baur aus Steinheim dieses Kunststück gelang

Was für ein Wochenende! Tim Baur war innerhalb weniger Stunden bei gleich drei Handballspielen im Einsatz. Allerdings in drei verschiedenen Funktionen. Wie der 29-Jährige die Rollen beschreibt, von welcher beruflichen Ausbildung er bei so einer Mammutaufgabe profitiert und welche Kritik beim Stadtderby der Steinheimer nicht nachvollziehen kann:

In dieser Nacht schlief er später ein als sonst üblich. Die Anspannung wollte nicht weichen. Einige Szenen gingen ihm noch durch den Kopf. Hinter Tim Baur lag das Stadtderby zwischen dem HSB und der TSG Schnaitheim in der Bezirksliga. Mit 500 Fans das immer noch größte Handballspiel im Landkreis Heidenheim, was die Zuschauerzahl betrifft. Zusammen mit Maximilian Herbrik hatte Baur die Partie als Schiedsrichter geleitet. „Nach Spielende sind die Emotionen hochgekocht“, sagt Baur. Für ihn kein Problem, schließlich hat das Gespann Herbrik/Baur in der Vergangenheit bis in der Württembergliga gepfiffen. „Man darf sich oft was anhören. Aber das gehört eben dazu“, sagt Baur entspannt. Dieses Mal habe er die Kritik, die von der TSG Schnaitheim geübt wurde, nicht nachvollziehen können. „Diskussionen direkt nach Spielende auf dem Feld bringen nichts. Diese Erfahrung haben wir gemacht. Aber wir sind nach einiger Zeit in unserer Kabine gesprächsbereit. Das wissen alle. Am Samstag kam aber niemand zu uns in die Kabine“, so Baur.

Wir hatten auch schon Scheißspiele. Aber am Samstag war dies nicht der Fall.

Tim Baur zur geäußerten Kritik am Schiedsrichtergespann beim Stadtderby

Mit seinen 29 Jahren ist er bereits ein „alter Hase“. Zumindest, was Handballspiele angeht. Denn er ist Schiedsrichter und Trainer des TV Steinheim II, einem Ligakonkurrenten des HSB und der TSG Schnaitheim. Zudem spielt er selbst Handball für die erste Mannschaft des TV Steinheim in der Verbandsliga – hat aber eine Vergangenheit als Spieler des HSB. Dies wurde vom Schnaitheimer Trainer, Thomas Feil, bemängelt (Feil hatte nach der 22:27-Niederlage aber auch die schlechte Leistung seines Teams in der ersten Halbzeit kritisiert). „Unsere Einteilung für das Spiel kam vom Verband. Und wir haben auch überlegt, ob wir das Stadtderby pfeifen sollen. Aber als Steinheimer (Mit-Schiedsrichter Maximilian Herbrik spielt für den TV Steinheim II) haben wir weder mit dem HSB noch mit der TSG Schnaitheim etwas zu tun“, erklärt Baur. „Was hätten wir davon, eine Mannschaft zu benachteiligen? Für uns war es wichtig, dass uns am Samstag neutrale Beobachter positive Rückmeldungen gegeben haben. Wir hatten auch schon Scheißspiele. Aber am Samstag war dies nicht der Fall.“

Ran an die Pfeife, her mit der Karte: Tim Baur (vorne links) und Maximilian Herbrik im Einsatz beim Stadtderby zwischen dem HSB und der TSG Schnaitheim. Foto: Markus Brandhuber

Seit knapp sieben Jahren bilden Maximilian Herbrik und Tim Baur ein Schiedsrichtergespann. Ein Schiedsrichter steht üblicherweise am Tor der Mannschaft, die angegriffen wird. Der andere ist auf dem Feld positioniert. Geht das Spiel in die andere Richtung, tauschen die Schiedsrichter ihre Positionen. Das Duo war schnell erfolgreich, wurde aber durch eine Schulterverletzung von Herbrik ausgebremst und pausierte deswegen. Zu Saisonbeginn war die zweite Mannschaft des TV Steinheim (Bezirksliga) auf Trainersuche – und Tim Baur hatte etwas mehr Zeit als üblich. Also sprang er spontan ein und spielt mit der „Zweiten“ in seiner Premierensaison als Coach eine beeindruckende Runde. Mit Platz vier sind die Steinheimer nach der HSG Oberkochen/Königsbronn (Tabellenführer) der zweitbeste Kreisvertreter in der Bezirksliga.

Zwei Spiele am Sonntag für den TV Steinheim

In der Nacht auf Sonntag brauchte Tim Baur seinen Schlaf. Denn bereits um 11 Uhr ging es in die Georg-Fink-Halle, wo der TV Steinheim seine Heimspiele austrägt. Nach dem Tribünenaufbau musste er seine Mannschaft aufs Spiel gegen die TG Geislingen (13 Uhr) einstellen. „Am Anfang hatte ich etwas Bedenken, da einige Spieler so alt wie ich oder älter als ich sind. Aber es funktioniert echt gut“, sagt Baur. Nach dem 30:25-Sieg seines Teams hatte er nur kurz Zeit, um mental etwas „herunterzufahren“, wie er umschreibt. Denn knapp zwei Stunden später war Baur wieder im Einsatz – dieses Mal als Spieler der ersten Mannschaft des TV Steinheim. Knapp zwei Wochen davor hatte er diesen „Luxus“ nicht. Auch damals war er an zwei Tagen dreimal im Einsatz. Nur folgte das Spiel der „Ersten“ unmittelbar auf das der „Zweiten“.

Alle mal hergehört: Tim Baur als Trainer des TV Steinheim II. Foto: Markus Brandhuber

Nach so einer Dreifachbelastung an einem Wochenende sei man schon platt, sagt Baur. „Es ist eine Herausforderung. Körperlich und mental.“ Als Schiedsrichter sei man vor allem vom Kopf her sehr gefordert, als Trainer mental sowie körperlich und als Spieler eher körperlich.

Interessant seien aber die verschiedenen Perspektiven, die er einnehmen könne. Zunächst als Schiedsrichter und neutraler Beobachter, dann als Trainer – der aber zugleich die Spielersicht kennt. Und letztlich als Spieler, der Vorgaben umsetzen soll. „Das ist ganz witzig. Bei manchen Sachen denke ich mir: Das würde ich vielleicht anders machen. Aber das würde ich niemals laut aussprechen“, sagt Baur – und muss lachen.  

Letztlich konnte er auch mit der ersten Mannschaft des TV Steinheim einen Sieg feiern (43:35 gegen Köngen). „Das ist natürlich super, wenn es so gut läuft“, sagt er, fügt aber selbstkritisch an: „Dafür haben beide Mannschaften im Dezember alle ihre Spiele verloren. Das war nicht so schön.“

Geht der Ball rein? Für den TV Steinheim I gelangen Tim Baur (beim Wurf) drei Tore gegen den TSV Köngen. Foto: Markus Brandhuber

Am Wochenende konnte er nicht wirklich abschalten, räumt Baur ein. Betont aber auch: „Ich würde es noch einmal machen. Es macht Spaß, in verschiedene Rollen zu schlüpfen. Wobei ein Tag frei dazwischen schon guttun würde.“ Auch wenn drei Einsätze an einem Wochenende eine Ausnahme sind – ab der kommenden Saison wird es wohl keinen Dreifach-Tim mehr geben. Baur möchte dann entweder Spieler oder Trainer sein. „Man ist in keiner Mannschaft zu einhundert Prozent dabei“, stellt der Steinheimer fest.

Am Sonntagabend musste er wieder umschalten. Dann ging’s an die Unterrichtsvorbereitung. „Das könnte man wohl als Ritual nach so einem Wochenende bezeichnen“, scherzt Baur, der Lehrer an der Dischinger Egauschule ist. Ob die pädagogische Ausbildung ihm bei seiner sportlichen Dreifachfunktion hilft? „Die ist schon ein Vorteil“, ist Baur überzeugt. „Es hilft überhaupt, vor vielen Menschen zu stehen und auch als Schiri einen kühlen Kopf zu bewahren.“  

Tim Baur hat nun spielfrei

Nach dem anstrengenden Wochenende kann sich Tim Baur regenerieren. Wegen Faschings gibt es kaum Handballspiele. Als Trainer ist Baur mit dem TV Steinheim II in der Bezirksliga erst wieder am Sonntag, 25. Februar, im Einsatz (beim Heubacher HV, 17 Uhr). Einen Tag zuvor tritt er als Spieler mit dem TV Steinheim I in der Verbandsliga beim TSV Denkendorf an (20 Uhr).

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