Fußball

So kämpfte sich Vina Crnoja aus Hohenmemmingen bis in die österreichische Bundesliga zu Red Bull Salzburg

Was für ein Werdegang! Vina Crnoja kam mit ihrer Familie 2016 aus Bosnien nach Hohenmemmingen. Einst war sie Leistungsträgerin beim FFV Heidenheim, inzwischen spielt sie in der österreichischen Bundesliga bei Red Bull Salzburg. Auf ihrem Weg dorthin musste die 25-Jährige, die auch bosnische Nationalspielerin ist, einige Rückschläge verkraften:

Alles war neu. Vina Crnoja war 16 Jahre alt, als sie mit ihrer Mutter Gordana, ihrem Zwillingsbruder Marin und dem kleineren Bruder Mihael 2016 aus Jajce (Bosnien) nach Deutschland kam. Vater Damir war ein Jahr zuvor vorgereist – um für seine Familie, mit Unterstützung von Verwandten, die in der Nähe von Ulm leben, eine Grundlage aufbauen zu können und um eine Arbeit zu suchen. Eine Voraussetzung für die Einreise. Familie Crnoja ist kroatisch, Kroatien wiederum ist Mitglied der Europäischen Union (im Gegensatz zu Bosnien). „Ich konnte zwar Englisch, aber Deutsch lernen war sehr schwierig“, erinnert sich Vina Crnoja, die mit ihrer Familie in Hohenmemmingen heimisch wurde.

Die neue Sprache was das eine, ihre Konzentration gehörte aber seit früh auf dem Fußballspielen. „Ich musste einige Klassen wiederholen“, blickt Vina Crnoja zurück – und muss lachen. Soll heißen: Die neunte und zehnte Klasse der Bühlschule besuchte sie jeweils zweimal. Doch sie schärfte ihren Fokus, absolvierte den Berufsschulkolleg I in Heidenheim und den Berufsschulkolleg II in Aalen (Fachhochschule).

2018: Vina Crnoja als junge Spielerin beim FFV Heidenheim. Foto: HZ-Archiv/ct

Der Fußball kam aber natürlich nicht zu kurz. Beim RSV Hohenmemmingen trainierte Vina Crnoja einige Male zwar mit, absolvierte aber kein Spiel, sondern ging zu den B-Juniorinnen des FFV Heidenheim, bei dem sie nach einer Saison ins Frauenteam aufrückte. Mit diesem spielte sie fünf Jahre in der Verbandsliga. Dabei blieb es aber nicht. Weil sie talentiert war, wurde Vina Crnoja für die bosnischen Nachwuchs-Nationalteams nominiert (U17, U19) – und machte mit ihnen internationale Erfahrungen: Gespielt wurde in Polen, Russland, Mazedonien, Finnland oder Litauen.

„Für mich war sofort klar, dass Vina eine außergewöhnliche Spielerin ist“, sagt Andreas Wannenwetsch. Der 60-Jährige war früher Trainer von Athletik Nördlingen – und traf mit seiner Mannschaft auf den FFV um Vina Crnoja. „Das Talent wurde ihr in die Wiege gelegt. Mir war klar, dass sie ganz weit nach oben kommen kann. Vina war die beste Spielerin, die beim FFV gespielt hat“, ist der Hohenmemminger überzeugt. „Und damals war sie 17 oder 18 Jahre alt. Das war der Wahnsinn. Auch in der Nationalmannschaft hat man immer gesehen, dass sie etwas Besonderes ist.“ Als Spielmacherin könne Crnoja Spiele gestalten und lesen, lobt Wannenwetsch.

Antreiberin beim FFV Heidenheim: Vina Crnoja (am Ball) bei einem Heimspiel im September 2019. Foto: HZ-Archiv/rp

Im Vereinsfußball wollte Crnoja einen Schritt weiter gehen. „Ich kam aus der Verbandsliga. Da konnte ich ja nicht in die deutsche Bundesliga wechseln“, scherzt sie. Also musste die feine Technikerin Umwege gehen und absolvierte Probetrainings, zum Beispiel beim SV Weinberg und dem FFC Wacker München. Mit einem Engagement hat es hier zwar nicht geklappt, allerdings kam Vina Crnoja dank des Münchner Trainers Dragan Terzic 2021 nach Österreich, genauer gesagt zum FC Bergheim II im Norden Salzburgs (die erste Mannschaft spielte bereits in der österreichischen Bundesliga). Mitten in der Coronavirus-Pandemie zog sie um. „Damals dachte ich: Warum nicht? Ich probiere es! Und ich dachte, dass ich ein oder zwei Jahre in Österreich bleiben werde“, sagt sie. 

Bei Porsche fand sie einen Job in der Lagerlogistik. Fußballerisch verlief der Start allerdings holprig: Gleich zu Beginn verletzte sich Vina Crnoja – und ging zurück nach Deutschland. Bei ihr kamen Zweifel auf, ob sie nach Bergheim zurückgehen soll, sagt sie. Ihr Chef bei Porsche habe aber immer den Kontakt gehalten, wohl auch deswegen, weil er von ihrem Talent überzeugt war. „Er hat mich überredet, zurückzukommen“, sagt Vina Crnoja dankbar. Nach einigen Monaten war sie zurück – und tat alles dafür, richtig fit zu werden. Das galt auch nach einer Verletzung am Sprunggelenk im Dezember 2024. „Alles wieder auf Anfang“, sagt Vina Crnoja über solche Phasen. Im Februar und März 2025 kam sie kaum zu Einsätzen, arbeitete aber dafür viel individuell an sich. Ab Juli stand sie aber wieder in der Startelf.

Im Dress der Nationalmannschaft: Vina Crnoja läuft regelmäßig für Bosnien auf. Foto: bosnische Nationalmannschaft

Ihr individuelles Training habe sie weitergebracht. „Athletik, Athletik, Athletik“, sagt Vina Crnoja über ihr Erfolgsgeheimnis. In der vergangenen Sommerpause sei sie für sich so viel gelaufen wie niemals zuvor. „Ich will unbedingt spielen“, betont sie. Dieser Eifer sollte sich auszahlen. Crnoja durfte sich über die Einladung zu einem Lehrgang der bosnischen Frauen-Nationalmannschaft freuen. Zuletzt war sie mit Bosniens Nationalteam gegen Griechenland und Weißrussland im Einsatz.

Auch im Verein ist es eine spannende Phase: Der lang­jäh­rige Bun­des­li­gist FC Berg­heim tritt seit dieser Saison offiziell als FC Red Bull Salz­burg an (Red Bull war bereits ein Jahr zuvor eingestiegen). „Es ist ein spannendes Projekt“, sagt Vina Crnoja, die mit dem jungen Team zurzeit den fünften Tabellenplatz belegt. In der kommenden Saison würde sie am liebsten international spielen. Dafür müsste Salzburg aber mindestens den dritten Platz belegen. Noch stehe aber nicht fest, wie es fußballerisch bei ihr weitergeht. Der Vertrag von Vina Crnoja läuft bis Ende der Saison. „Es ist alles offen“, sagt die 25-Jährige, die sehr gerne bei Salzburg bleiben würde. Ein Fernziel ist ein Wechsel in ein anderes Land. Einen Traum hat sie: Spanien, mit dem FC Barcelona.

Wo führt der Weg von Vina Crnoja noch hin? Foto: Red Bull Salzburg

Um ihren Weg finanzieren zu können, muss Vina Crnoja auch abseits des Platzes arbeiten. Trainiert wird zwar professionell sechsmal in der Woche (montags und donnerstags jeweils zweimal, dazu montags und freitags/mittwochs ist trainingsfrei), daneben arbeitet Vina Crnoja 20 Stunden in der Woche (vier Stunden pro Tag). „Das ist schon anstrengend. Aber vom Fußball kann man nicht leben“, sagt sie. Allerdings ohne großes Bedauern. Schließlich hat sie sich bislang alles selbst hart erarbeitet.

Über Weihnachten kommt Vina Crnoja normalerweise auf „Heimatbesuch“ zu ihren Eltern nach Hohenmemmingen. In diesem Jahr geht’s aber mit der ganzen Familie nach Bosnien. Auch sonst besucht sie ihre Familie immer dann, wenn es geht. Und die Eltern wiederum feuern sie bei Spielen in Österreich an. Gerne schaut Vina Crnoja auch bei Trainingseinheiten ihrer ehemaligen Mitspielerinnen vorbei, damals beim FFV Heidenheim und jetzt beim 1. FC Heidenheim. Ob sie eines Tages zurückkehren wird? „Wer weiß?“, sagt sie mit einem Lachen.

73 Spiele in der österreichischen Bundesliga

In ihrer Fußballerlaufbahn kommt Vina Crnoja auf bislang 73 Spiele in der österreichischen Bundesliga. In der laufenden Saison hat sie 14 Partien bestritten (vier Tore, drei direkt vorbereitet).

Schon mit 13 Jahren kam Crnoja beim damaligen bosnischen Erstligisten ZNK Nevic Polje Travnik in der Bundesliga zum Einsatz. Nach dem Umzug der Familie nach Deutschland pendelte die begeisterte Fußballerin einige Monate zu ihrem neuen Verein ZFK/ZNK Emina Mostar regelmäßig 14 Stunden mit dem Bus. Sie merkte allerdings schnell, dass das „alles andere als optimal“ war, wie sie sagt.