Platzverweis im Bezirksligaspiel

Nattheims Trainer Thomas Lieb sieht Rot – die überraschende Erklärung

Das Spiel der TSG Nattheim bei der SG Stödtlen/Tannhausen in der Fußball-Bezirksliga wird Trainer Thomas Lieb so schnell nicht vergessen – zum Teil wegen des 3:2-Siegs seiner Mannschaft durch zwei Treffer in der Nachspielzeit, noch mehr aber wegen der Roten Karte, die ihm der Schiedsrichter plötzlich über den Kopf hielt. Was war geschehen?

Vergangenen Sonntag erkämpfte sich die TSG Nattheim im Bezirksligaduell bei der SG Stödtlen/Tannhausen einen 3:2-Sieg, für TSG-Trainer Thomas Lieb nahm die Partie aber einen unerwarteten Verlauf. Das Spiel am Ende zweier kräftezehrender „englischer Wochen“ war recht zäh, keine der beiden Mannschaften konnte so richtig spielerische Akzente setzen. Nach ordentlichem Beginn und der Führung durch Fabian Horsch verlor Nattheim mehr und mehr den Faden, geriet 1:2 in Rückstand. Lieb stellte taktisch um und brachte Philipp Gnosa, von nun an bestimmte die TSG das Spiel, drückte die Gastgeber in die eigene Hälfte. Diese wussten sich zum Teil nur noch durch Fouls zu helfen, was Fans und Betreuer der TSG mehr und mehr auf die Palme brachte.

Foul an der Mittellinie

Die entscheidende Szene spielte sich dann etwa in der 75. Minute auf Höhe der Auswechselbank ab. Nattheims Jens Baamann wurde von hinten von den Beinen geholt, der Ball war schon ein Stück weg, der Unparteiische entschied lediglich auf Freistoß. Lieb räumt ein, dass die Bank der Nattheimer daraufhin „explodiert“ sei, er selbst habe aber nichts anderes als „Schiedsrichter, das ist eine klare Rote Karte“ gesagt.

Umso erstaunter war er, als der Unparteiische Sadel Kamencic (Schiedsrichtergruppe Ulm/Neu-Ulm) mit deutlicher Haltung auf ihn zukam. „Er hatte die Rote Karte schon in der Hand, lief ganz dicht an mich heran und hielt sie mir über den Kopf“, berichtet der TSG-Coach, der sich trotz aller Verwunderung ohne weiteren Kommentar vom Platz machte. „Ich weiß ja, dass es auf das Verhalten nach dem Platzverweis ankommt, ich habe auch schon einen Schiedsrichter-Neulingskurs gemacht“, erklärt Lieb, für den es die erste Rote Karte seiner Fußballerlaufbahn war.

Ein „stellvertretender“ Platzverweis?

Dabei ist er durchaus selbstkritisch: „Vielleicht ist es auch meine Aufgabe, die Leute auf der Bank zu beruhigen.“ Möglicherweise sei schon der eine Satz zu viel gewesen, hätte nach Liebs Meinung aber höchstens mit einer Gelben Karte geahndet werden dürfen. Der Schiedsrichter verzichtete auf eine vorherige Verwarnung, kommunizierte nach Aussage von Lieb auch nicht zuvor mit den Nattheimern. Den Platzverweis habe er mit einem „die Hektik muss aufhören“ kommentiert und nach dem Spiel gesagt: „Das war stellvertretend für die ganze Bank“.

Diese Vorgehensweise ist vom Prinzip her nicht falsch, wie Heidenheims Schiedsrichter-Obmann Bernd Birkenmaier bestätigt. „Wenn aus dem Bereich der Auswechselbank Beleidigungen kommen, die nicht zugeordnet werden können, dann kann der Schiedsrichter vom ranghöchsten Vertreter – im Normalfall dem Trainer – eine Auskunft verlangen. Wenn dieser keine Auskunft geben kann oder will, ist hier eine Rote Karte möglich“, so Birkenmaier.

Das Sportgericht entscheidet

Allerdings gab es keine Frage, sondern sofort den Platzverweis. Schiedsrichter Sadel Kamencic erklärt dazu: „Ich habe Beleidigungen von Richtung der Nattheimer Bank gehört und konnte diese nicht zuordnen. Der Trainer hat sich aus meiner Sicht danebenbenommen und war schon längere Zeit sehr lautstark, deshalb war die Rote Karte angemessen.“ Die Nattheimer haben am Montag ihre Stellungnahme abgegeben, der Schiedsrichter sendet ebenfalls einen Bericht an das Sportgericht, das dann in den nächsten Wochen eine Entscheidung treffen wird.

Immerhin hatte das Spiel ein sportliches Happy End. Trotz vieler vergebener Chancen ließen sich die Nattheimer nicht entmutigen und in der Nachspielzeit sorgte Torjäger Patrick Brümmer mit zwei Treffern für die Wende. „Das war stark gemacht, die Mannschaft hat sehr gut reagiert“, sagt Lieb, der das Team zusammen mit Markus Burr betreut, und führt die Erfolge in den vergangenen Wochen nicht zuletzt auf die gute Physis seiner Truppe zurück.

Nattheim bleibt trotz Rang zwei bescheiden

„Wir wussten, dass es mit den Spielen unter der Woche sehr anstrengend wird und haben uns entsprechend vorbereitet, viele Spiele hinten raus noch gewonnen“, erklärt der Trainer. So steht die TSG, die vergangene Saison gerade so die Abstiegsrelegation erreicht und sich dann letztlich auf diesem Weg gerettet hat, zur Überraschung vieler auf dem zweiten Tabellenplatz.

Der hat allerdings noch keine große Aussagekraft, das Feld liegt eng beisammen und die Verfolger haben zum Teil zwei Spiele weniger absolviert. „Wir wollen so schnell wie möglich nichts mehr mit dem Abstiegskampf zu tun haben“, umreißt Lieb das Ziel.

Trainer-Rot auch in der Bundesliga

Mittlerweile hat man sich ja daran gewöhnt, dass die Schiedsrichter neben Spielern auch Trainer oder Betreuer verwarnen. Rote Karten gegen den Coach sind dabei selten, am Sonntag hatte Nattheims Übungsleiter Thomas Lieb einen prominenten Leidensgenossen: Steffen Baumgart von Union Berlin.

Den hatte der Unparteiische Sven Jablonski vom Feld geschickt, nachdem er eine Papierkugel aufs Feld gekickt hatte. Baumgart drohen allerdings noch weitere Konsequenzen, denn in der hitzigen Schlussphase des Spiels, das die Berliner mit 4:3 bei Eintracht Frankfurt gewannen, hat er sich – so zeigen es Video-Aufnahmen – wohl auch zu einer „Stinkefinger-Geste“ hinreißen lassen.

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