Beim 5:0-Sieg des 1. FC Heidenheim beim Bahlinger SC war Leo Scienza der Mann des Spiels. Der 26-Jährige erzielte zwei sehenswerte Treffer – zum Tor des Jahres fehlten nur Zentimeter, weil der Ball nach seinem Schuss aus knapp 60 Metern Torentfernung in der 4. Minute an die Latte ging.
Bereits in der Relegation war Scienza an allen vier Heidenheimer Treffern (Hin- und Rückspiel gegen die SV Elversberg) beteiligt. An diese Form hat der Brasilianer angeknüpft. Seine Entwcklung ist umso erstaunlicher, wenn man bedenkt, dass er in der vergangenen Saison vor dem Spiel bei der TSG Hoffenheim (März 2025) aus dem Heidenheimer Kader gestrichen worden war. Scienza hatte mit seinem Verhalten im Abschlusstraining sein Unverständnis darüber gezeigt, dass er nicht für die Startelf vorgesehen war, was Trainer Frank Schmidt rigoros bestrafte. Kurios: Beim 1. FC Magdeburg war der Offensivspieler zwei Jahre zuvor im März 2023 wegen Disziplinlosigkeit aus dem Kader des Zweitliga-Teams suspendiert worden.
Ein Freigeist, der bei Trainern aneckt? Schmidt sagt über sein Verhältnis zu Scienza zu Beginn der Zusammenarbeit folgendes: „Es war klar, dass es gerade für einen Offensivspieler, der natürlich am meisten ins Offensivspiel investiert, mit mir nicht ganz so einfach ist.“ Scienza habe gebraucht, um sich daran zu gewöhnen, was Schmidt erwarte und vorgebe. Und dies ist, so Schmidt, alternativlos.
Dann muss man mal auch ein Auge zudrücken, wenn vielleicht die Defensivarbeit nicht in jeder Sekunde auf Knopfdruck kommt.
FCH-Trainer Frank Schmidt über Leo Scienza
Allerdings habe der Trainer sich zum Teil selbst der Situation auch angepasst. „Wenn ein Spieler wie Leo in der Relegation so Einfluss aufs Spiel nimmt und wie heute ein Spiel mitentscheidet, dann muss man sich auch als Trainer weiterentwickeln. Dann muss man auch mal ein Auge zudrücken, wenn vielleicht die Defensivarbeit nicht in jeder Sekunde auf Knopfdruck kommt und vielleicht auch das Zweikampfverhalten nicht so gegeben ist, wie ich es mir selbst vorstelle.“ Bemerkenswert offen sagt Schmidt: „Wir sind noch einmal aufeinander zugegangen. Ich weiß mehr, wie er denkt, als im Vergleich zu vor einem Jahr, als er zu uns gekommen ist.“
Der Heidenheimer Coach betont allerdings, dass Scienza dem Trainer gegenüber ebenfalls verpflichtet ist und wählt dafür das folgende Bild: „Leo weiß aber auch: Er muss mich am Ende des Tages satt machen. Er muss wissen: Der Trainer ist hungrig und er braucht etwas zu Essen.“ Soll heißen: „Er (Leo) muss etwas zurückgeben. Die Mannschaft muss mit der Art und Weise, wie er Fußball spielt, besser sein, als wenn er nicht spielen würde.“ Schließlich verfüge Scienza über eine herausragende Schusstechnik und sei enorm stark im Eins-gegen-eins. Er solle den Weg weitergehen und nicht nachlassen.
Er muss mich am Ende des Tages satt machen.
FCH-Coach Frank Schmidt über Leo Scienza
Trainer Schmidt und Spieler Scienza würden sich immer weiter annähern und seien auf einem guten Weg, so der FCH-Coach, der betont: „Ich lasse ihm die Individualität und einen gewissen Freiraum.“ Doch der Freiraum ende da, wenn es gegen die Mannschaft gehe. „Das hat er verstanden und ein Jahr gebraucht, um es zu akzeptieren“, sagt Schmidt über seinen technisch begnadeten Schützling.
Auf Leo Scienza warten nun im Hinblick auf den Start der Bundesliga (am Samstag kommt der VfL Wolfsburg/15.30 Uhr/Voith-Arena) allerdings Bewährungsproben. „In der Bundesliga wird’s viel komplizierter für uns, weil wir meistens auf Gegner treffen werden, die uns in der Defensive sehr in Anspruch nehmen werden“, blickt Schmidt voraus. Heißt: Dann darf Scienza zeigen, dass er sich auch defensiv weiterentwickelt hat.