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Wie der ehemalige Schnaitheimer Pfarrer Michael Williamson Fan des 1. FC Heidenheim wurde

Die Heimspiele des Bundesligisten 1. FC Heidenheim sind ausverkauft. Doch wer sind die Fans und wo sitzen und stehen sie? Im elften Teil unserer Serie erzählt Michael Williamson von seinen Anfängen als Fußballfan in Schottland, einem besonderen Spiel in Edinburgh und der Stimmung auf der Osttribüne der Voith-Arena:

Das erste Mal im Stadion war Michael Williamson mit einem Klassenkameraden. Bei einem Spiel des FC Aberdeen, der in der schottischen ersten Liga antritt. Als Zehnjähriger war er an Tottenham Hotspur (Premier League) interessiert und sah sich als Jugendlicher auch Spiele von Glasgow und Celtic Rangers an. Was damals nicht ungefährlich war. „Zum Teil war es riskant. Ein Freund neben mir wurde einmal von einer Glasflasche getroffen. Da war ich geschockt“, erinnert sich der 68-Jährige.

Seine Mutter war Deutsche, sein Vater Schotte und Berufssoldat. Und so wuchs Michael Williamson in Edinburgh (Schottland) auf, studierte hier und später in Tübingen (drei Monate) Theologie. Zwar hatte er während seiner Schulzeit selbst Fußball gespielt, war aber „nicht besonders talentiert“, wie er mit einem Lachen analysiert. Die Sportart Fußball hatte Williamson aber gepackt – über einen Freund wurde er Anhänger des SC Freiburg, nachdem es ihn beruflich nach Deutschland gezogen hatte. Michael Williamson erinnert sich gerne an das alte Dreisamstadion und die Trainer Volker Finke und Christian Streich.

Bitte in die Kamera schauen: Michael Williamson (Mitte) und Demetrio Rodriguez (rechts) müssen sich noch absprechen. Jens Streicher hat seine Pose bereits parat. Foto: Roland Lehnert

1993 wurde Williamson Pfarrer in Schnaitheim (Michaelskirche). Und so trat auch der HSB fußballerisch in sein Leben. Über den „Ex-Norm-Cup“ kamen bereits vor über 30 Jahren namhafte Vereine nach Heidenheim. Die Familie Williamson, Vater Michael, Ehefrau Monika und Sohn Jonathan, verfolgten den Weg der Heidenheimer Fußballer bis in die Bundesliga. Zusammen mit seinem Sohn schaut sich Michael Williamson, gemeinsam mit Freunden, gerne die Heimspiele des 1. FC Heidenheim – wenn es die Zeit zulässt – auf der Osttribüne der Voith-Arena. Dies habe sich einfach so ergeben. Seine Frau ist zwar FCH-Mitglied. Zu Spielen geht sie aber nur ungern. „Das regt sie zu sehr auf“, erklärt Michael Williamson. Wobei, es gibt eine Ausnahme: Beim Max-Liebhaber-Pokal, dem letzten Test vor Saisonbeginn, war auch Monika Williamson im Stadion.

Die jüngeren Fans sind mit großem Eifer dabei. Ich muss mir meine Energie einteilen und kann nicht 90 Minuten Vollgas geben.

Michael Williamson

Und wie schaut Michael Williamson die Spiele? Der pensionierte Pfarrer antwortet mit einem Scherz: „Die jüngeren Fans sind mit großem Eifer dabei. Ich muss mir meine Energie einteilen und kann nicht 90 Minuten Vollgas geben.“ Natürlich könne man sich über manche Aktionen aufregen. „Aber Fußball ist für mich in erster Linie eine schöne Nebensache, die ich nicht zu ernst nehmen möchte. Es ist halt ein Spiel.“ Von der eindrucksvollen Atmosphäre in der Voith-Arena ist Williamson aber jedes Mal angetan. Und natürlich kennt er die Lieder.

Die vergangene Saison, in der die Heidenheimer den Klassenerhalt über die Relegation sichern konnten, sei allerdings durchaus mühsam gewesen, sagt Williamson. „Viele Niederlagen hintereinander wirken sich auch auf die Stimmung aus. Da brauchten wir gute Nerven und Geduld. Der Schluss war aber ja gigantisch.“

Ein einmaliges Erlebnis: Michael Williamson (rechts) war zusammen mit seiner Schwester Angela Deverick und seinem Sohn Jonathan beim Spiel des 1. FC Heidenheim beim Heart of Midlothian FC in Edinburgh. Foto: pv

Und dann war ja auch noch die Conference League, besonders mit dem FCH-Spiel beim Heart of Midlothian FC in Edinburgh. Michael Williamson ließ sich diese Gelegenheit natürlich nicht entgehen und war mit seinem Sohn Jonathan vor Ort im Stadion, traf in seiner Heimatstadt auch Freunde und seine Schwester Angela Deverick. „Für die Heidenheimer war es ja quasi ein Heimspiel“, sagt Michael Williamson über die Stimmung, für die die Heidenheimer Anhänger im Tynecastle Park gesorgt haben. „Es war großartig, die schottischen Fans waren, glaube ich, schon überrascht.“

Selfie im Tynecastle Park, dem Stadion des Heart of Midlothian FC in Edinburgh: Michael Williamson (links) mit seiner Schwester Angela Deverick, seinem Sohn Jonathan (Zweiter von rechts) und Kumpel Gavin. Foto: Angela Deverick

Am Samstag, 13. September, wird Michael Williamson beim Heimspiel des 1. FC Heidenheim gegen Borussia Dortmund (15.30 Uhr) aufgrund von Verpflichtungen nicht dabei sein können. Er freut sich aber bereits besonders auf das Heimspiel gegen den SV Werder Bremen am 18. Oktober: Dann wird er mit seiner Schwester, Angela Deverick, die in Newcastle (England) lebt, ins Stadion gehen. Und mir ihr gemeinsam Lieder anstimmen...

Michael Williamson: im Ruhestand – und wieder nicht

Michael Williamson war Vikar in Ulm und sieben Jahre lang Pfarrer in Münsingen, ehe er Pfarrer in Schnaitheim wurde und es auch 28 Jahre blieb. Eine so lange Zeit sei nicht üblich, sagt der 68-Jährige, der mit seiner Frau Monika in Schnaitheim lebt. Der Enkel spielt in der F-Jugend der TSG Fußball. Und so schaut Michael Williamson manchmal auch auf dem Moldenberg vorbei.

Seit 2021 ist Michael Williamson Pfarrer im Ruhestand. Allerdings wird er noch immer für Taufen, Hochzeiten oder Beerdigungen angefragt. Ihm bedeute es viel, seine Zeit den Menschen zu widmen: „Es ist etwas Besonderes, Menschen bei ihren wichtigen Stationen in ihrem Leben begleiten und daran teilhaben zu dürfen. Für mich ist es eine Ehre.“