Wieder Tabellenletzter

So ist der Auftritt des 1. FC Heidenheim beim VfB Stuttgart einzuordnen

Was denn nun? Wie ist der Auftritt des 1. FC Heidenheim beim VfB Stuttgart (0:1) einzuordnen? Nicht alles beim FCH ist negativ zu sehen. Ein großes Manko aber bleibt:

Kopfschütteln, ungläubige Blicke, Sarkasmus. Fans des 1. FC Heidenheim – und Fußballbeobachter allgemein – reagieren auf den Auftritt des FCH bei dessen 0:1-Niederlage beim VfB Stuttgart eher negativ. Anerkennende Worte, wie zum Beispiel, dass es ein durchaus achtbares Ergebnis ist, sind eher Mangelware. Doch wie gut oder schlecht haben sich die Heidenheimer tatsächlich verkauft? Schließlich sagt Trainer Frank Schmidt: „Es sah für mich so aus, dass wir es durchziehen können. Ein Punkt wäre heute drin gewesen.“

Dass der FCH in der Regel gegen Teams antritt, deren Kaderwert um ein Vielfaches den des eigenen übersteigt, scheint niemand mehr in Betracht zu ziehen. Zu sehr sind die Ansprüche gestiegen. Bundesliga ist eben Bundesliga. Die Stuttgarter (laut transfermarkt.de ein Kader-Marktwert von 312 Millionen Euro/der des FCH beträgt 55 Millionen Euro) treten als Pokalsieger in der Europa League an. In der vergangenen Saison hatte der VfB 64 Tore erzielt, die fünftmeisten der Liga.

Abwehrkette des 1. FC Heidenheim bekommt relativ gute Noten

Der FCH wiederum hatte in der Vorsaison die viertmeisten Gegentore (64) kassiert, ließ gegen Stuttgart aber nur ein Gegentor zu. Jedoch das entscheidende. Auffällig ist dabei, dass die Vierer-Abwehrkette vom Fachmagazin „Kicker“ mit, für eine Verlierermannschaft, relativ guten Noten bedacht wird: Omar Traore, Tim Siersleben und Jonas Föhrenbach erhalten für ihre Leistung jeweils die Note 3,5, Patrick Mainka gar die 3,0. Bester Mann bei den Heidenheimern war mal wieder Torhüter Diant Ramaj (2,5).

Im Umkehrschluss heißt das: Zwar waren die Gastgeber drückend überlegen (18 Torschüsse, der FCH hatte nur 3), dennoch hielt der FCH in der Defensive stand. Stuttgarts Stürmer Ermedin Demirovic (Marktwert von 22 Millionen Euro) war zum Beispiel ganz abgemeldet (Kicker-Note 5). Die „Bild“ verteilte zudem zwei weitere „Fünfer“ an die Heimmannschaft.

Da verwundert es auch nicht, dass die Aussagen der FCH-Spieler positiv ausfallen, zumindest was die Arbeit gegen den Ball betrifft. „Es war ein gutes Spiel von uns, da wir sehr kompakt waren und wenig zugelassen haben“, sagt Kapitän Patrick Mainka. Ähnlich sieht es Niklas Dorsch: „Wir standen stabil. Uns ist nicht eine Chance nach der anderen um die Ohren geflogen.“ Auch Omar Traore war es wichtig zu betonen: „Wir sind heute nicht untergegangen, es war jetzt nicht ein Klassenunterschied zu sehen. Bis zum Schluss war es spannend.“ Diese Tugend wird also abgerufen: „Jeder hat sich reingehauen und alles gegeben“, betont Keeper Ramaj. Dies ist allerdings die Grundvoraussetzung, die jeder immer und zu jeder Zeit mitbringen müsste.

Es ist zum Haare raufen: FCH-Stürmer Mikkel Kaufmann. Foto: Eibner/Michael Weber

Im Spiel nach vorne ließ der FCH dafür so ziemlich alles vermissen. Auf schön vorgetragene Spielzüge mussten die Fans vergeblich warten. Was aber auch der taktischen Ausrichtung geschuldet war: Da die Heidenheimer bestrebt waren, in der letzten Abwehrkette stets eine Überzahlsituation zu kreieren, fehlte vorne eine Anspielstation. Zugleich standen die Gäste extrem tief. „Bei Balleroberungen war der Weg zum gegnerischen Tor sehr weit“, bringt es Niklas Dorsch auf den Punkt. Zur ganzen Wahrheit gehört allerdings auch, dass die Heidenheimer ihre Konter unsauber zu Ende spielten. „Vielleicht fehlt da etwas die Kraft, wenn du so viel hinterherläufst. Man ist dann ein Stück weit müde“, so Dorsch.

Es sah für mich so aus, dass wir es durchziehen können. Ein Punkt wäre heute drin gewesen.

Frank Schmidt, Trainer des 1. FC Heidenheim

Und so ergibt sich ein zweigeteiltes Bild: zum einen hat sich der FCH aufgeopfert (Laufleistung des FCH bei 117,71 Kilometern/Stuttgart bei 116,08 Kilometern). Demgegenüber steht eine fast schon desolate Offensivvorstellung. Bei den xGoals (Expected Goals, also der Wert für erwartete Tore) stellten die Heidenheimer einen Negativrekord auf: 0,33. Gegen Borussia Dortmund (0,4) und den VfL Wolfsburg (0,72) gab es ähnlich schlechte Werte. Fast schon exemplarisch für die Offensivschwäche steht eine Szene: Nach einer Balleroberung im Mittelfeld vergaben die Heidenheimer eine Drei-gegen-zwei-Überzahlsituation kläglich.

„Vorne hat uns die Durchschlagskraft gefehlt, um die Ballgewinne, die wir hatten, sauber auszuspielen, und um den VfB in Verlegenheit zu bringen“, spricht Patrick Mainka das Manko klar an. Dabei verweist man beim FCH auf die personelle Situation. Mit Mathias Honsak und Sirlord Conteh fehlten zum Beispiel zwei schnelle Flügelspieler. „Wir hoffen, dass einige verletzte Spieler zurückkommen“, sagt Omar Traore im Hinblick auf die anstehende Pause (Länderspiel) und das Heimspiel gegen den SV Werder Bremen am Samstag, 18. Oktober (15.30 Uhr). „Wir können dann unter Beweis stellen, dass wir heimstark sind. Mit Bremen kommt ein Gegner, den wir schlagen können“, ist Niklas Dorsch überzeugt.

Für einen zweiten Saisonsieg wird der FCH aber mindestens ein eigenes Tor erzielen müssen. Dafür werden und müssen die Heidenheimer in den kommenden Wochen bei ihrem Offensivspiel ansetzen. Leidenschaftliches Verteidigen allein wird nicht für den Klassenerhalt reichen.