Kommentar von Edgar Deibert

Der 1. FC Heidenheim verzichtet auf einen weiteren Neuzugang: Ein mutiger Schachzug

Der 1. FC Heidenheim nimmt durch den Transfer von Leo Scienza zwar viel Geld ein, holt aber keinen adäquaten Ersatz für den bis dahin besten Feldspieler. Bei vielen Fans trifft diese unpopuläre Entscheidung der Vereinsverantwortlichen auf Unverständnis. Man kann es aber auch anders sehen, findet HZ-Redakteur Edgar Deibert:

Bei manchen Kommentaren im Internet rund um die Transferpolitik des 1. FC Heidenheim könnte man den Eindruck bekommen, dass jetzt die rot-blaue Welt untergeht: „Der FCH schafft sich selbst ab.“ „Ein schlechter Witz?“ „Tschüss, Bundesliga.“ „Abstieg, wir kommen.“ „Was stimmt bei denen da oben nicht mehr?“ „Reinste Katastrophe.“ „Kein wirklicher Plan.“ „Krass, damit hat der FCH keinen guten Spieler mehr.“ „Dann brauchen sie dann gar nicht mehr anzutreten.“

Dürfen „die“ das? Und: Wie können „die“ nur? Ganz plakativ gesagt: Im Grunde genommen bräuchte Frank Schmidt die gesammelten Internet-Kommentare nur auszudrucken und einzeln an die Kabinentür zu kleben. Es wäre für jeden einzelnen Spieler Ansporn genug, um noch mehr Leistung als bisher zu bringen.

Ein absoluter Vertrauensbeweis von Trainer Frank Schmidt

Vielleicht ist dies nicht ganz so einfach. Doch es bleibt dabei: Psychologie wirkt – auch in der Bundesliga. Man muss sich nur mal vor Augen führen, wie der bewusste Verzicht auf weitere Neuzugänge – und die Begründung dafür – auf die Spieler des FCH emotional wirken kann: Als ein absoluter Vertrauensbeweis des Trainers, der seit fast genau 18 Jahren in Heidenheim arbeitet und der seit einiger Zeit eine Art Kultstatus genießt. Dieser Trainer, der den Verein von der Oberliga bis in die Bundesliga und sogar „nach Europa“ geführt hat, sagt: Jungs, ich glaube fest an euch! Ich bin überzeugt von euch! Ihr schafft das!

Durch diesen gewagten, aber mutigen Schachzug hat „Psychologe“ Schmidt den Spielern des aktuellen Kaders den Rücken gestärkt – und das nach einem schwachen Bundesligastart. Dies könnte dem FCH einen entscheidenden Boost geben, die Spieler werden sich jetzt für ihren Trainer, für die Mannschaft als Einheit, förmlich zerreißen. Mehr als je zuvor.

Schmidt kennt zugleich die Gefahr, die späte Neuzugänge mit sich bringen könnten: Die Dynamik eines Teams könnte gestört werden. Und er weiß, dass viele seiner Spieler noch nicht ihr Potenzial abgerufen haben. Dieses möchte der Heidenheimer Coach mit seinem öffentlichen Vertrauensbeweis aus ihnen herauskitzeln.

Und obwohl die Spieler des aktuellen Kaders jetzt absolut in der Pflicht stehen, nimmt der Trainer zugleich Druck von der Mannschaft. Der Fokus wird künftig noch mehr als zuletzt auf Schmidt liegen. Wenn etwas nicht klappen sollte, wird er schuld sein, mehr denn je. Schließlich war er derjenige, der Nein zu weiteren Neuzugängen gesagt hat.

Jetzt einfach weiterlesen
Jetzt einfach weiterlesen mit HZ
- Alle HZ+ Artikel lesen und hören
- Exklusive Bilder und Videos aus der Region
- Volle Flexibilität: monatlich kündbar