Müll vermeiden klingt so einfach: Wir verwenden Mehrweg, gehen nie mehr ohne Beutel zum Einkaufen und kaufen unser Obst und Gemüse lose. Aber die Wirklichkeit sieht oft anders aus. Aus der Kleinigkeit im Supermarkt wird dann doch mehr, als man mit den Händen tragen kann und der Wunschartikel im Onlinehandel kommt in einem riesigen Paket an, bei dem nach dem Auspacken mehr Verpackung als eigentlicher Inhalt herauskommt. Wie schaffen wir es dennoch, unseren Müll-Fußabdruck zu verkleinern? Antworten weiß die Expertin Bärbel Hörger vom Kreisabfallwirtschaftsbetrieb, die seit vielen Jahren Öffentlichkeitsarbeit in Sachen Müllvermeidung betreibt.

Was sind Ihre Top-10-Tipps, mit denen ich sofort heute anfangen kann, Müll zu vermeiden? Ganz unkompliziert und ohne großen Aufwand?

Bärbel Hörger: 1. Abfallarme Feste feiern: Verzichten Sie auf Einweggeschirr und leihen Sie sich mal ein Fass für den Bierausschank. Der Kreisabfallwirtschaftsbetrieb verleiht einzelne Geschirrsätze oder gleich ein komplettes Geschirrmobil für die Familienfeier.

2. Alte Handys verkaufen, verschenken oder fachgerecht entsorgen: Nutzen Sie Ihr Handy so lange wie möglich. Früher wäre niemand auf die Idee gekommen, nach zwei Jahren ein neues Telefon oder einen neuen Fotoapparat zu kaufen. Falls Sie das Althandy entsorgen, Daten löschen. Dann zu den Wertstoffzentren im Landkreis bringen, damit die enthaltenen Rohstoffe wiederverwendet und die Schadstoffe fachgerecht entsorgt werden können. Auch für alte PCs finden sich oft Abnehmer.

Keine zwei Jahre besitzen Menschen ein Handy, bevor sie sich wieder ein neues kaufen.
Keine zwei Jahre besitzen Menschen ein Handy, bevor sie sich wieder ein neues kaufen.
© Foto: Archiv HZ

3. Einwegartikel: Verzichten Sie auf Einwegartikel wie Feuerzeuge, Kugelschreiber oder Einwegrasierer. Kaufen Sie gezielt umweltfreundliche Produkte, die mit dem blauen Umweltengel ausgezeichnet sind. Greifen Sie nach Recyclingprodukten aus Altstoffen, etwa Altpapier. Drucken Sie Dokumente nur aus, wenn dies nötig ist und dann beidseitig. Bei kurzlebigen Produkten wie Taschentüchern oder Toilettenpapier immer Recyclingpapier den Vorzug geben, da diese nicht recycelt werden können.

4. Batterien ersetzen mit Akkus: Diese sind zwar teurer, halten aber länger. Damit wird weniger schadstoffhaltiger Abfall produziert und langfristig Geld gespart.

5. Brotbox statt Alufolie: In Schule, Büro und im Urlaub sind Vesperboxen praktisch und umweltfreundlicher als Alufolie oder Plastiktüte. Sie können immer wieder verwendet werden.

Statt Plastiktüten ist eine wiederverwendbare Vesperdose die bessere Wahl.
Statt Plastiktüten ist eine wiederverwendbare Vesperdose die bessere Wahl.
© Foto: Oliver Vogel

6. Getränke: Kaufen Sie bevorzugt Mehrwegflaschen – egal, ob aus Kunststoff (PET) oder Glas. Am besten von regionalen Abfüllern, da sich bei standardisierten Mehrwegsystemen hohe Umlaufraten und kurze Entfernungen zwischen Händler und Abfüller positiv auf die Ökobilanz auswirken. Und: Lassen Sie Dosen- und Einwegflaschen stehen.

7. Einkauf: Geben Sie der Plastiktüte einen Korb. Nehmen Sie stattdessen eigene Stofftaschen, Netze oder Beutel mit. Es gibt Einkaufstaschen die leicht zusammengefaltet werden können. Diese gehören immer in die Handtasche, Rucksack oder ins Auto. Auch zum Bäcker Beutel für Brötchen und Brot mitnehmen. Ebenso beim Metzger Aufbewahrungsboxen für Fleisch und Wurst befüllen lassen.

Beim Bäcker und Metzger kann man seine eigenen Verpackungen gleich mitbringen und somit Müll sparen.
Beim Bäcker und Metzger kann man seine eigenen Verpackungen gleich mitbringen und somit Müll sparen.
© Foto: Natascha Schröm

8. Internet-Gebrauchtbörse: Der Kreisabfallwirtschaftsbetrieb hat eine Internet-Gebrauchtbörse eingerichtet, ebenso die Heidenheimer Zeitung. So soll vermieden werden, dass funktionierende Geräte und gut erhaltene Artikel weggeworfen werden. Alle Einwohner des Landkreises haben die Gelegenheit, Gegenstände per Inserat zu veröffentlichen und zu verschenken. Oder nach bestimmten Artikeln zu suchen.

Spielzeug, noch original verpackt, könnte statt im Müll auch in der Gebrauchtbörse landen.
Spielzeug, noch original verpackt, könnte statt im Müll auch in der Gebrauchtbörse landen.
© Foto: Markus Brandhuber

9. Selbst kompostieren: Wer selbst kompostiert leistet einen Beitrag zum Umwelt- und Klimaschutz. Pflanzliche Abfälle werden in den Naturkreislauf zurückgeführt, Ressourcen geschont. Abfalltransporte entfallen und der Humus sorgt für eine gute Ernte im Garten. Zugleich wird der wertvolle Rohstoff Torf geschont.

10. Reparieren statt wegwerfen: Je öfter und länger Geräte gebraucht werden, desto weniger Abfälle fallen an. Achten Sie beim Kauf darauf, dass die Geräte reparaturfreundlich und langlebig sind.

Sie raten zu Mehrweg. Ist das wirklich nachhaltiger? Glasflaschen und –gläser müssen gewaschen werden, was Wasser verbraucht, und müssen zudem hin- und hertransportiert werden.

In der Regel ist es tatsächlich nachhaltiger, Glasflaschen zu nutzen. Klar ist, dass eine Vielzahl von Einflussfaktoren mitspielen. Gerade lange Transportwege können die Umweltbilanz negativ beeinflussen. Daher ist es immer besser, regionale Anbieter zu bevorzugen, die kurze Transportwege haben.

Was ist eine gute Alternative zu Mehrweg, wenn einmal alle Stricke reißen?

Vieles gibt es ja nur in Einweg – dann immer regionale Produkte bevorzugen. Unser Warensystem funktioniert nur mit Verpackungen. Dort, wo es Alternativen gibt, zugreifen.

Die Geldfrage: Manchmal ist in Plastik verpacktes Obst und Gemüse billiger als die losen Produkte. Was tun?

Viele Supermärkte bieten loses wie auch verpacktes Obst- und Gemüse an. Manchmal sind die abgepackten Produkte billiger, werden aber auch nur in großen Gebinden angeboten. Aber braucht man wirklich so viel? Oft landen dann verdorbene Äpfel oder Paprika in der Mülltonne.

Einkaufstasche vergessen? Bleibt dann doch wieder nur die Plastiktüte oder welche Alternative gibt es?

Papiertüte wählen und diese dann für das Sammeln des Biomülls verwenden.

Macht Plastiktrennen Sinn? Wird das Zeug am Ende nicht doch verbrannt?

Viele Kunststoffe sind Verbunde und diese können in der Regel nicht recycelt werden. Aus dem Gelben Sack kann aus verschiedenen Gründen nur etwa 60 Prozent stofflich verwertet werden. Alles andere geht in die thermische Verwertung und wird als Ersatzbrennstoff zum Beispiel in Zementwerken genutzt, wie auch Autoreifen.

Viele reden zurzeit von Upcycling. Macht das Tausendste Sofa aus Paletten denn Sinn? Wo funktioniert Upcycling oder Ähnliches wirklich?

Ich rate dazu, langlebige Produkte zu kaufen und zu einer Wiederverwendung zum Beispiel bei Baustoffen, Geschenkpapieren und Ähnlichem. Upcycling ist für mich Basteln. Aber natürlich auch sinnvoll, da ich aus alten Dingen Neues schaffen kann. Upcycling wird aber unser Müllproblem nicht lösen.

80 Kilogramm Essen wird pro Kopf im Jahr in Deutschland weggeworfen? Wie kann man das vermeiden? Haben Sie Tipps?

In Supermärkten werden viele Lebensmittel aus den Regalen genommen und weggeworfen, bevor sie eigentlich schlecht sind. Meist unnötigerweise, dunkle Stellen an Früchten oder Deformierungen sind kein Grund, ganze Früchte wegzuwerfen. Und aus Resten lassen sich leicht Aufläufe zubereiten.

Obst oder Gemüse wie hier die Apfel können auch kleine Schönheitsfehler haben, dem Geschmack tut das keinen Abbruch.
Obst oder Gemüse wie hier die Apfel können auch kleine Schönheitsfehler haben, dem Geschmack tut das keinen Abbruch.
© Foto: Laura Strahl

Aber was tun, wenn das Mindesthaltbarkeitsdatum abgelaufen ist?

Das Mindesthaltbarkeitsdatum sagt aus, wie lange ein Lebensmittel mindestens einwandfrei ist. Es ist kein Verfallsdatum, sondern vielmehr die Garantie des Herstellers für die charakteristischen Eigenschaften. Einen Joghurt bereits wegzuwerfen, weil der Tag des Mindesthaltbarkeitsdatums erreicht ist, ist zumeist Nahrungsmittelverschwendung. Anders sieht es aus mit dem Verbrauchsdatum „zu verbrauchen bis“. Dieses ist gerade bei leicht verderblichen Lebensmitteln Vorschrift und hat die mikrobiologischen Prozesse im Blick. Damit bezieht es sich tatsächlich auf den unbedenklichen Verzehr und sollte strikt beachtet werden. Gerade bei rohem, zerkleinertem Fleisch, Geschnetzeltem oder Geflügel ist davon abzuraten, dieses nach Ablauf noch zu essen.

Wer seine Einkäufe vorab plant und die Waren richtig aufbewahrt, vermeidet unnötige Lebensmittelabfälle und spart Geld. Übrigens ist auch die sachgemäße Lagerung wichtig.

Welches wichtige Anliegen haben Sie noch für den Vorsatz, mehr Müll zu vermeiden?

Bei To-go-Essen und Getränken: Seit diesem Jahr müssen die Gastronomen, Bäckereien, Tankstellen Mehrwegbehältnisse anbieten oder mitgebrachte Behältnisse befüllen. Machen Sie mit und fordern Sie Mehrwegbehälter.

Dieser Artikel ist Teil der HZ-Serie zum Thema Gute Vorsätze für 2023.