Es kommt selten genug vor, dass Bundespolitiker, bei denen es sich nicht um die Abgeordneten des eigenen Wahlkreises handelt, den Weg in den Landkreis Heidenheim finden. Und wenn sie kommen, dann besuchen sie meist die großen Firmen: Werksrundgang, Foto, Händeschütteln, fertig. Der normale Bürger kommt dabei nur selten ins Gespräch mit dem Mandatsträger.
Mit Agnieszka Brugger auf eine Diskussion einlassen?
Anders war es beim Diskussionsabend mit Agnieszka Brugger. Die Veranstaltung ist aus meiner Sicht insofern interessant – und zwar gänzlich losgelöst von der politischen Couleur der Rednerin – als dass da jemand kam, der offen sagte: Ich denke heute anders als früher und ich stelle mich hin, spreche darüber, ja lasse mich auf eine Diskussion ein, bei der es durchaus ideologisch und moralisch einige dicke Bretter gibt.
Aber leider funktioniert so etwas nur bedingt, wie wir über den Abend lesen durften, denn spätestens in dem Moment, in dem das Mikro für Fragen oder Beiträge freigegeben wurde, ergriffen nicht zuvorderst die das Wort, die einen komplizierten Sachverhalt besprechen oder verstehen wollten, sondern die, die die lauteste Meinung hatten.
Komplizierte Sachverhalte sind gerade diesen Leuten oft zu anstrengend. Und sie sind auch nicht gekommen, um zuzuhören und etwas mitzunehmen, sondern um selbst zu senden. Noch abwegiger scheint es für manche, überhaupt zu warten, bis man dran ist. Da grölt man lieber dazwischen. Ganz ehrlich: Mich nervt dieses Gegröle. Sei es bei solchen Veranstaltungen oder auch in meinem Job in puncto Soziale Netzwerke. Man kann doch anderer Meinung sein oder Kritik üben, ohne dabei zu poltern und zu polemisieren.
Auf Facebook: Warum verlieren Menschen alle Hemmungen?
Die HZ betreibt ja auch zahlreiche Online-Kanäle. Auf manchen kann man kommentieren. Aber Kommentieren ist das falsche Wort für das, was da bisweilen geschrieben wird. Es ist eher auch Gegröle. Gerne auch per so genannter direkter Privatnachricht an die Redaktion und da fallen Schimpfwörter, die möchte man nicht schreiben, geschweige denn in den Mund nehmen. Wenn ich so etwas lese, frage ich mich immer wieder: Warum? Warum haben manche Menschen jegliche Hemmung verloren und schimpfen und beleidigen einfach mal pauschal drauf los, wenn sie doch eigentlich ein Anliegen haben? Glauben sie, dass man ihnen dann mehr zuhört? Dass sie eher drankommen? Dass sie mehr im Recht sind? Dass irgendetwas besser wird?
Das Gegenteil ist doch der Fall: Schreie ich einfach drauf los, wird mein Gegenüber mich doch erst recht abblitzen lassen. Woher kommt dieser Hass? Ich verstehe das nicht.
Meinen Respekt daher für Menschen wie Frau Brugger, die es wohl in vielen Situationen bei ihrem Auftritt geschafft hat, die Contenance zu wahren und sachlich zu antworten – ganz unabhängig vom Anlass oder Thema des Abends.
Schönes Wochenende.
Herbrechtingen