Wie lässt sich in einem eng besiedelten Stadtteil mit vielen Mehrfamilienhäusern und Menschen aus mehr als 60 Nationen eine Art Zusammengehörigkeitsgefühl schaffen? Wie kann es gelingen, dass hier, wo es nur wenig nachbarschaftliche Beziehungen gibt, Gemeinschaft erwächst, sich die Bewohner zu gemeinsamen Aktionen zusammenfinden und auch gemeinsam Feste feiern? Mit einer gut strukturieren und organisierten Stadtteilarbeit, wie sie seit dem Frühjahr 2021 in der Heidenheimer Oststadt stattfindet. Hier nämlich seien schon etliche Erfolge zu verbuchen, erläuterte Brigitte Weber, Geschäftsbereichsleiterin Demografie und Gesellschaft bei der Stadtverwaltung, den Mitgliedern des Kultur-, Sozial-, Schul- und Sportausschusses des Gemeinderats.
Oststadt birgt Konflikte und Chancen
„Die Oststadt ist vielseitig und bunt, hier gibt es viele Kulturen und Religionen. Das birgt Konflikte, kann aber auch viele Chancen bringen“, so Weber. Und diese Chancen zu nutzen, darum kümmert sich die Stadtteilarbeit, die aktuell mit einer 50-Prozent-Stelle besetzt ist. „Ich muss betonen, dass es sich nicht um Brennpunktarbeit handelt“, so die Geschäftsbereichsleiterin, „es ist eine Ergänzung zur sozialen Sicherung und ein Übungsfeld für gute Nachbarschaften“.
Die Stadtteilkoordinatorin Stefanie Braun-Behrendt hat sich dieser Aufgabe angenommen. „Das ist eine große Herausforderung, aber wir sind auf einem sehr guten Weg“, betonte Weber. Wichtig bei der Arbeit sei, die Gegebenheiten und Strukturen vor Ort aufzugreifen, zu integrieren und weiter zu entwickeln: „Wir wollen den Menschen in der Oststadt nicht unsere Ideen und Vorstellungen aufdrücken, sondern vor allen Dingen Anregungen geben, aus denen sich erwachsen kann.“ Dabei gehe es um die Förderung von Engagement für andere Menschen, die Stadtteilarbeit solle dazu beitragen, dass sich die Menschen mit ihrem Viertel identifizieren.
Möglichst großes Netzwerk soll geschaffen werden
Das Wichtigste bei der Arbeit sei der Aufbau und die Pflege eines Netzwerks. Dem gehören natürlich die hier lebenden Menschen an aber auch Unternehmen, und Einrichtungen, sie etwa das Zinzendorfhaus, die hier ansässig sind. Darüber hinaus werde versucht, Institutionen und Menschen einzubinden, die zwar nicht vor Ort sind, aber ein Interesse am Quartier haben.
Über die vergangenen Monate hinweg hat sich in der Oststadt dank der Stadtteilarbeit einiges entwickelt. So gibt es etwa das „Urban-Gardening-Projekt“, einen „s´Lädle“ genannten Treffpunkt und den interkulturellen Garten. „Viele Dinge laufen schon, mit unterschiedlicher Größe und Intensität“, erklärte Weber. Bei all diesen gehe es darum, Menschen aus der Oststadt zusammenzuführen und erste Berührungspunkte zu schaffen. „Diese Arbeit ist sehr wichtig und Grundvoraussetzung für ein Gemeinschaftsgefühl und eine gute Nachbarschaft“, betonte die Geschäftsbereichsleiterin. Deshalb sei es jetzt sehr wichtig, das Begonnene und Erreichte weiter zu fördern.
Finanzielle Förderung des Landes läuft aus
Doch die finanzielle Förderung über das Landesförderprogramm „Quartier 2030“ läuft Mitte September aus. Bisher war die Stadtteilarbeit mit 85.000 Euro seit Februar 2021 bezuschusst worden. Dass Stadtteilkoordinatorin Stefanie Braun-Behrendt auch weiterhin an dieser Stelle tätig sein wird, ist über den städtischen Stellenplan bereits beschlossene Sache.
Viel Lob von den Ratsmitgliedern
Von Seiten der Stadträtinnen und Stadträte wurde die Stadtteilarbeit und das bisher Erreichte gelobt. „Die Netzwerkarbeit, die hier geleistet wird, ist super, der Stadtteil blüht und wir unterstützen die Fortführung“, sagte Tanja Weiße (SPD). Und auch Elisabeth Kömm-Häfner (Grüne) machte sich für eine Fortführung stark, „sonst würde hier alles wieder auseinanderfallen“. Thomas Potzner (Freie Wähler) sagte, er hätte sich gewünscht, dass es eine derartige Stadtteilarbeit auch in der Voithsiedlung gegeben hätte: „Ich bin auch dafür, dass wir das weiter fördern, aber angesichts von 51.000 Euro jährlich hoffe ich, dass das nicht Begehrlichkeiten in anderen Stadtteilen weckt.“ Sabine Skwara (CDU) bezeichnete die Fortführung der Stadtteilarbeit als „gut angelegtes Geld, ich hoffe, dass sich weiterhin viele Menschen engagieren.“ „Wir müssen froh sein, dass sich hier eine Möglichkeit bietet, präventiv zu arbeiten und die Menschen zusammenzuführen“, sagte CDU-Stadtrat Michael Rieck.
Bei so viel Zustimmung nimmt es nicht Wunder, dass das Gremium einstimmig beschloss, die Stadtteilarbeit auch nach Ablauf der Landesförderung fortzuführen und dafür 20.000 Euro jährlich zur Verfügung zu stellen.
Heidenheim