Volles Haus: Auch beim dritten Poetry Slam im Lokschuppen war das Haus bis auf den letzten Platz besetzt. Viele Besucher mussten wegen ausverkaufter Tickets ohne LIve-Poetry-Vergnügen wieder nach Hause gehen. Oliver von Fürich vom Kulturbüro der Stadt Heidenheim konnte berichten, dass bereits Tage vor der Veranstaltung alle 300 Tickets vergeben waren.
Moderator des Abends war aufs Neue ein bestens gelaunter Johannes Elster, dem es spielend gelang, im Lokschuppen mit seinen Anekdoten und Gags im vom Alter her bunt gemischten Publikum für muntere Stimmung zu sorgen. Die jungen Slammer, an diesem Abend vier Frauen und ein Mann, wurden mit prasselndem Applaus empfangen.
„Originelles“ Lockmittel
Anneke Schwarck aus Hamburg erzählte „Vom Suchern und Tindern“. Obwohl es so peinliche wie tieftraurige Begegnungen waren, erzählte sie mitreißend von den Männern, die sie über die Dating-Plattform kennenlernte beim jeweils ersten und einzigen Date. Nach ihrem Lieblingswildtier gefragt, nannte sie den Wombat und erzählte, dass dieser mit seiner Würfelkacke Türme baue, um Liebespartnerinnen anzulocken. Ob sie das auch mal ausprobieren sollte? Das Publikum applaudierte begeistert.
Reisen und Sehnsucht
Marina Sigl aus Stuttgart, die wie alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer den Tag mit dem Schienenersatzverkehr verbracht hatte, um nach Heidenheim zu gelangen, trug zum Thema Reisen und ihren Sehnsüchten vor. Dass Reisen eben mit Geld zu tun hat und dass sie das, aus einer Arbeiterfamilie stammend und neben ihrem Studium in der Gastronomie jobbend, eben nicht habe und daher nur von ihren Campingplatzerfahrungen in Italien berichten könne. Auch hier fand das Publikum reichlich Gefallen.
Humor aus dem Erzgebirge
Mit Hank M. Flemming betrat ein junger Mann die Bühne, der in Tübingen lebt, aber auch seine Herkunft aus dem Erzgebirge immer wieder brüllend komisch einfließen ließ. Er ist Ü 30, sieht aber aus „wie der Abiturjahrgang 2024“ und er legte verschmitzt und wortgewandt mit seinem amüsanten Vortrag los. Es ging um Bescheidenheit in allen möglichen Bereichen, klug und selbstironisch, und das Publikum wählte ihn sicher ins Finale.
Dunkelpoetisch berührend
Als Elena Calliopa aus München ihren berührenden, oft dunkel-poetischen Text vortrug über den Kampf, eine Essstörung loszulassen, lauschten die Gäste andächtig und spendeten ebenfalls großen Applaus.
Zum Zustand der Welt
Mit Victoria Helene Bergemann trat eine Berlinerin auf, die klug und nachdenklich „Von Schuld“ erzählte, von Umweltsünden und dass sie nicht viel von Menschen hält (schon gar nicht von welchen, die Crocs tragen!), sich aber ihrer Schuld, am Zustand der Welt nichts verändert zu haben, sehr bewusst ist. Sie kam ebenfalls mit viel Applaus ins Finale, zusammen mit Sigl.
Nach der Pause trug Sigl ein sehr persönliches Statement vor: Sie wolle keine Kinder, und sie fühle sich oft deswegen unter Druck gesetzt, ist sich aber sicher, dass sie der Welt anderes zu geben hat. Spannend! Flemming, selbst Wissenschaftler, erklärte witzig, selbstkritisch und mitreißend, was Wissenschaft bedeute. Es sei keine Schande, nicht alles zu wissen, aber es sei klug, das zuzugeben und sich zu informieren, zu vertrauen auf Menschen, die mehr über ein Gebiet wissen als man selbst.
Anschließend sprach Bergemann sehr bewegend von dem Drogentod eines früheren Klassenkameraden, der lange in sie verliebt war und den sie aus den Augen verloren hat.
Und auch wenn es knapp war, wurde schließlich Hank M. Flemming zum Sieger des Abends gekürt und bekam die fantastisch gestaltete Karte überreicht.
Nächster Slam im Sommer
Der nächste Poetry Slam findet am 18. Juli im Naturtheater statt. Der Vorverkauf läuft, es lohnt sich, sich rechtzeitig Tickets zu sichern. Die weiteren Poetry Slams im Lokschuppen: 25. Oktober, 6. Dezember, 13. März 2024.
Heidenheim