„Jetzt erst recht. Ich lasse mich ganz sicher nicht einschüchtern“, das ist Muhterem Aras‘ Antwort auf Hass, Beleidigungen und sogar Morddrohungen ihr gegenüber, „ich werde doch unseren größten Schatz nicht den Rechtspopulisten überlassen“. Und mit dem „größten Schatz“ ist das Grundgesetz gemeint: Die erklärte „Verfassungspatriotin“ hat die Tatsache, dass alle Menschen das Recht haben, frei zu sein, in Deutschland kennen- und schätzen gelernt, wohin sie als zwölfjährige Tochter einer alevitischen Familie kurdischer Abstammung kam. Bis dahin hat auch sie oft genug gehört, sie solle sich ja nicht verplappern in ihrer Muttersprache, nicht sagen, dass sie nicht fasten und nicht in die Moschee gehen. Heute steht ihre Überzeugung fest: „Keine Religion steht über dem Grundgesetz“.
Reger Austausch in der Stadtbibliothek
Dem regen Austausch mit dem Publikum am Dienstagabend im Margarete-Hannsmann-Saal in der Stadtbibliothek vorausgegangen war der Vortrag von Muhterem Aras über „Demokratie braucht Geschlechtergerechtigkeit“, in dem freilich auch von „Verfassungsbruch in Permanenz“ die Rede war. Mit diesem Zitat von Elisabeth Selbert, einer der Mütter des Grundgesetzes, untermauerte Aras ihre Forderung nach mehr Beteiligung von Frauen in Politik und Wirtschaft. Und dabei sprach sie sich eindeutig für die Quotenregelung aus: „Mit Freiwilligkeit passiert da gar nichts“.
Mühseliges Vorankommen
Auch dass der Landtag von Baden-Württemberg nun einen Frauenanteil fast 30 Prozent – „Dafür haben wir über 20 Jahre gebraucht. Das ist peinlich. Das passt nicht zu Baden-Württemberg“ – vorweisen könne, sei nicht ohne Druck möglich gewesen. „Ohne den Landesfrauenrat und seine Millionen Mitglieder und die Medien wäre da nichts voran gegangen“, so die Meinung der Grünen-Politikerin, die zusammen mit der Landtagsdirektorin, der früheren Direktorin des Amtsgerichts Heidenheim Christine Werner, angereist war. „Jetzt haben wir zwei Frauen an der Spitze des Landtags. Und die Welt ist nicht untergegangen“, formulierte sie es salopp. Kompetente Frauen seien für alle Positionen vorhanden, es fehle nur an einem: „Traut Euch was“, rief sie den Frauen zu, denn sie habe festgestellt, während Frauen noch überlegen, ob sie sich das zutrauen, ob sie das stemmen können, ob sie das vereinen können mit Familie und Haushalt, zögen Männer einfach an ihnen vorbei.
Frauen bewegen die Gesellschaft
„Wenn Frauen sich bewegen, bewegen sie die Gesellschaft“, so ihre Aussage. Studien zufolge seien Unternehmen mit Frauen in den Führungsebenen nicht nur sozialer, ökologischer und nachhaltiger, sondern auch mit einer 25 prozentigen Wahrscheinlichkeit überdurchschnittlich erfolgreicher. „Männer kochen auch nur mit Wasser“, so Aras und fügte scherzend hinzu: „Wenn sie überhaupt kochen“.
Freilich bestand ihr Vortrag nicht nur aus Aufruf, sondern Aras hatte einige Beispiele nicht nur aus Deutschland parat und die rund 80 Zuhörer genossen einen reichhaltigen und sehr lebendig gehaltenen Vortrag. Mit Fragen im Anschluss daran wurde auch nicht gespart. Und Muhterem Aras sparte auch nicht mit dem fast schon obligatorischen Lob für die Stadtbibliothek: „Wunderbar! Da kann man als Stuttgarter ja fast neidisch werden“.
Kreis Heidenheim