Was treibt Menschen an, in Zeiten des Krieges in die Ukraine zu fahren? Denn auch wenn nicht alle Orte gleichermaßen vom Angriffskrieg Russlands bedroht sind, so ist die Gefahr für das eigene Leben doch höher als in einem Land ohne Krieg. Für Jasmin Glänzel-Seibold und ihre Mitstreiter ist der Motor eindeutig: Die ungebrochene Hilfsbereitschaft und Solidarität mit dem vom Krieg gebeutelten Land.
Die Vorsitzende des mittlerweile überregional bekannten Hilfsvereins „Heidenheim für Ukraine“ war gemeinsam mit acht weiteren Ehrenamtlichen über das lange Wochenende zu Christi Himmelfahrt in der Westukraine unterwegs, in Orte rund 80 Kilometer hinter der polnischen Grenze, und traf dort Kooperationspartner, an die sie Spendensendungen aus Heidenheim weiterleiten.
Auch diesmal hatten sie eine Spende dabei: Peter Müller und Jürgen Sporer steuerten ein Feuerwehrfahrzeug von Heidenheim bis nach Pomorjany, wo es im Umkreis von 20 bis 40 Kilometern kein Einsatzfahrzeug gibt, erzählt Glänzel-Seibold. Zwar könne man die Situation dort nicht mit der in der Ostukraine vergleichen, dennoch gebe es auch dort Angriffe auf militärische Ziele. Deshalb sei es wichtig, schnell am Einsatzort zu sein.
Heidenheimer hörten Luftalarm
Dass eine solche Situation ganz plötzlich eintreten kann, das haben die Helfer aus Heidenheim selbst erlebt, berichtet Glänzel-Seibold. Als sie in Lwiw (Lemberg) eintrafen, heulte Luftalarm auf, Bomben gingen nieder, wenn auch nicht in unmittelbarer Nähe. Wie geht es einem dabei? „Es fühlt sich anders an als in einem Friedensland, aber in der Westukraine ist das Risiko abschätzbar.“
Dennoch war es den Helfern wichtig, diese Reise zu unternehmen. Zum einen trafen sie dort Menschen, die sie bisher allenfalls per Video oder Telefon gesprochen oder gesehen hatten. Diesen Menschen einmal direkt gegenüberzustehen, ihnen die Hand zu reichen, ist etwas ganz anderes. „Wir wollten unsere Solidarität zeigen“, so die Vorsitzende, die von der positiven Rückmeldungen berichtet: „Für die Menschen war die Begegnung wichtig. Viele sagten uns, es sei schön, dass wir sie nicht vergessen würden.“
Wie in der Ukraine die Übergabe des Feuerwehrautos gefeiert wurde
In Pomorjany war die Freude über die Fahrzeugspende sichtlich groß. Zur Übergabe organisierten die Bewohner ein kleines Fest. Das halbe Städtchen sei auf den Beinen gewesen, erzählt die Heidenheimerin. Es wurde gemeinsam gegessen, Kinder und Jugendliche traten auf, traditionelles Gebäck wurde den Gästen als Geschenk überreicht.
Mittlerweile ist es das dritte Feuerwehrfahrzeug, das über den Heidenheimer Hilfsverein die Ukraine erreicht. Gespendet wurde es von der Stadt Heilbronn, der Kontakt kam über persönliche Beziehungen von Vasyl Buzanowskyi zustande, der im Heidenheimer Verein aktiv ist und die Verbindung herstellte, erzählt die Vorsitzende. Das erste Fahrzeug kam aus Königsbronn, das zweite wurde erst kürzlich aus Aalen nach Saporischschja überführt.
Zu Fuß von Polen über die Grenze in die Ukraine
Gestartet waren die Heidenheimer bereits am Mittwoch vor dem Feiertag, um sich am Donnerstagabend gemeinsam in Polen an der Grenze zur Ukraine zu treffen. Dort seien sie dann zu Fuß über die Grenze gegangen, wo sie auf der anderen Seite von Mitgliedern des befreundeten Rotary-Clubs aus Lwiw abgeholt worden seien, die bereits bei vielen Hilfslieferungen die Vermittler gewesen seien.
In Liwiv und in Solotschiw besuchten die Heidenheimer Orte, an die Hilfslieferungen des Vereins gegangen waren, unter anderem ein Flüchtlingszentrum sowie eine Klinik, an die voriges Jahr ein Krankenwagen gespendet wurde. Besucht wurde auch ein Partner, der privat in einer Berufsschule Generatoren an die notleidende Bevölkerung verteile. vor allem im Winter sei das wichtig gewesen, so Glänzel-Seibold.
Jasmin Glänzel-Seibold: Hilfe für Krankenhäuser dringend notwendig
Gesehen haben die Heidenheimer aber auch, dass Hilfe weiterhin dringend notwendig ist. „Der Zustand und die Ausstattung der Krankenhäuser, in denen die Verletzten versorgt werden, ist katastrophal“, erzählt die Vorsitzende. Es fehlten OP-Sets und andere medizinische Produkte. Ihre dringende Bitte ist deshalb, insbesondere im medizinischen Bereich zu überprüfen, was in Deutschland entbehrt werden und in die Ukraine geschickt werden könnte.
Dass die Hilfe aus Heidenheim ankommt und nicht in undurchsichtige Kanäle verschwindet, davon war Glänzel-Seibold schon vor ihrem Besuch überzeugt. Jetzt aber könne sie reinen Gewissens sagen: „Jeder Cent, der gespendet wurde, kommt auch an.“ Das funktioniert übrigens auch deshalb, weil die Helfer in Heidenheim ihre Arbeit ehrenamtlich einbringen.
Heidenheim