Die Preise für Nahrungsmittel sind in den vergangenen Monaten enorm gestiegen. Da kann es durchaus Sinn machen, darüber nachzudenken, mehr selbst anzubauen. Dazu braucht man weder einen riesigen Garten noch eine Gärtner-Ausbildung. Hier sind fünf gute Gründe für mehr Selbstversorgung:
1. Es lohnt sich finanziell
Was kostet derzeit ein Kopfsalat? Im Durchschnitt etwa 1,50 Euro. Und ein Päckchen Kopfsalat-Samen? Zwischen 1,80 und 2,80 Euro – je nach Saatgut und Hersteller. Die Samen, die in einem Päckchen sind, reichen ungefähr für 100 Pflanzen.
Man kann sich also ausrechnen, wieviel ein selbst gezogener Kopfsalat im Durchschnitt kostet, nämlich weniger als drei Cent. Klar: Erde, Gießwasser und zusätzliche Anschaffungen für die Aufzucht und die Pflege der Pflanzen kommen noch hinzu, aber dennoch rechnet sich das Selberziehen allemal. Vor allem auch deshalb: Wer sein Gemüse selbst anbaut, weiß genau, womit das Nahrungsmittel sonst noch so behandelt worden ist – und womit eben nicht.
2. Es macht Spaß
Natürlich merkt man schnell, ob man ein Faible für den Gartenbau hat – und vor allem die nötige Geduld. Ein Kürbis wächst zwar vergleichsweise schnell, aber er braucht eben dennoch seine Zeit, bis aus dem Kürbiskern eine große Pflanze mit neuen Kürbissen geworden ist.
Heidenheim
Das aber zu beobachten und zu begleiten, macht einfach Spaß. Und es bringt auch ziemlich viel Ruhe und Entspannung in den Alltag: Man sollte nicht glauben, wie gut es tut, nach einem stressigen Tag im Job, abends noch ein wenig im Dreck zu buddeln.
3. Es schmeckt (besser)
Gemüse, das wir im Supermarkt kaufen können, kommt geschmacklich oft nicht an das selbst angebaute heran: Tomaten werden grün geerntet und reifen auf dem Weg aus Spanien, Zucchini werden spät geerntet, um sie möglich groß verkaufen zu können, obwohl die kleinen Exemplare viel weniger Wasser und viel mehr Geschmack haben. Und natürlich macht vor allem die Extraportion Liebe, die im eigenen Gemüse steckt, den entscheidenden Unterschied.
4. Es führt zu mehr Wertschätzung
Das Anbauen von Gemüse macht natürlich Spaß, es ist aber auch ein Stückchen Arbeit – je nachdem wie groß die Gärtner-Ambitionen sind. Das beginnt mit dem Vorziehen der jungen Pflänzchen auf der Fensterbank, geht weiter mit der Pflege, dem Wässern, dem Düngen und der Schädlingsbekämpfung und endet beim Ernten und Haltbar-Machen. Es zeigt aber auch, dass all das Gemüse, frisch, eingemacht oder gefroren, das in den Supermärkten verkauft wird, nicht einfach so fertig vom Himmel gefallen ist: Auch dahinter steckt die Arbeit, die Zeit und das Geld von Landwirten, Erntehelfern und all den anderen Menschen, die als Teil der Lieferkette dafür sorgen, dass wir täglich frisches Obst und Gemüse kaufen können. Das darf und sollte dann auch was kosten, damit sich all diese Arbeit rechnet.
Wer selbst gärtnert, merkt zudem schnell, dass ohne den ein oder anderen kleinen Helfer gar nichts geht: Bienen und Hummeln. Wer davon keine im Garten hat, kann lange auf Zucchini oder Tomaten warten. Die Blüten müssen befruchtet werden, um Früchte auszubilden. Dazu braucht es die Insekten, die deshalb besonderen Schutz und besondere Wertschätzung verdient haben.
5. Die Natur ist eine gute Lehrerin
Wer sein Gemüse selbst anbaut, wird höchstwahrscheinlich nicht ausschließlich von Beginn an mit Ernteerfolgen gesegnet sein. Es wird auch Misserfolge geben. Doch aus diesen und aus den Fehlern, die zu ihnen geführt haben, lernt man. Welchen Standort mag die Pflanze? Welchen Boden und wieviel Wasser braucht sie? Welche Arten vertragen sich gut, welche gar nicht? Mit welchen Schädlingen muss man rechnen und was kann man gegen sie tun? All das bringt die Erfahrung, der ein oder andere Ratgeber oder so mancher Blick ins Internet, in dem es vor Hobby-Gärtnern und ihren Tipps und Tricks nur so wimmelt. Und wer einmal den falschen Standort für den Rotkohl gewählt oder einmal das Ausgeizen der Tomate vergessen hat, dem wird das so schnell nicht mehr passieren. Übung macht den Meister – und den Gärtner. Jetzt sollte 2023 nur noch ein gutes Gartenjahr werden.
Dieser Artikel ist teil der HZ-Serie zum Thema Gute Vorsätze für 2023.
Gemüseanbau für Einsteiger: Tipps vom Profi
Wolfgang Eleuther ist Vorsitzender des Obst- und Gartenbauvereins Heidenheim und gelernter Gärtnermeister. Er gibt Tipps, wie der Gemüseanbau auch für blutige Anfänger zum Erfolg werden kann:
Für Einsteiger geeignete Gemüsearten sind beispielsweise Gurken, vor allem Snackgurken, die bei zugekauften Jungpflanzen schon nach zwei bis drei Wochen Ernteerfolge bringen können. Zudem empfiehlt der Experte Cocktailtomaten, die wegen ihres süßlichen Geschmacks auch bei Kindern gut ankommen. Radieschen, Pflücksalate und Spinat können problemlos selbst ausgesät werden. Sie keimen zuverlässig und schnell.
Wer keinen eigenen Garten hat, muss deshalb nicht auf eigenes Gemüse verzichten. Einige Arten können auch sehr gut auf dem Balkon angebaut werden: Gurken und Tomaten brauchen nur ein entsprechend großes Gefäß, am besten zwölf bis 15 Liter. Radieschen und Pflücksalate können in Schalen, Kisten, Balkonkästen oder auch direkt in aufgeschnittene Erde-Säcke gepflanzt werden. Kopfsalaten und Kohlrabi gefällt es auch in kleineren Eimern und Balkonkästen.
Die häufigsten Anfängerfehler sind für Eleuther klar: zu große Ambitionen und zu hohe Erwartungen. Wer gleich alles an Gemüse selbst säen will und dann auch gleich auf schwierige Arten mit langer Keimdauer wie beispielsweise Karotten zurückgreift, könnte enttäuscht werden. Beim Gießen und Düngen empfiehlt der Gärtnermeister zudem Augenmaß, genau wie bei der Auswahl der Samen: „Saatgut vom Discounter ist oft nicht hochwertig.“
Die Obst- und Gartenbauvereine stehen gerne beratend zur Seite: „Es gibt keine dummen Fragen, nur dumme Antworten“, sagt Eleuther. Der OGV Heidenheim hat sich sogar seit einigen Jahren auf die Themen „Gemüse im Topf“ und „Urban Gardening“ spezialisiert. Regelmäßig gibt es dazu Vorträge.