Egal ob Hund, Katze oder Maus – alle müssen mal zum Tierarzt. Und der Besuch dort wird für Tierbesitzer künftig teurer. Teils beträchtlich. Mit Wirkung vom 22. November gilt eine vom Bund verordnete Gebührenerhöhung für die Leistungen der Veterinärmediziner und -medizinerinnen. Laut Bundestierärztekammer (BTK) wird die Gebührenordnung erstmalig seit 1999 umfassend an die neuen medizinischen Verfahren und technischen Entwicklungen in der Tiermedizin angepasst. Wie sind die Meinungen im Landkreis dazu?

„Das ist ein sehr heikles Thema“

Das Ergebnis einer kleinen HZ-Umfrage in den Tierarztpraxen zeigte: Man scheint in dieser Sache nicht wirklich auskunftsfreudig zu sein. Spontan und umfangreich geäußert hat sich nur Dr. Andrea Sibiller. Sie betreibt seit mehr als 30 Jahren eine Praxis in Bolheim. „Das ist ein sehr heikles Thema“, sagt die Tierärztin.

Grundsätzlich hält sie eine Erhöhung der Gebühren für dringend notwendig, gerechtfertigt und überfällig. „Die Gebühren wurden seit 1999 nicht mehr angepasst. Und wenn man nicht gerade eine Luxuspraxis mit viel Gerätemedizin betreibt, bleibt bei einer kleinen Praxis auf dem Land wirklich nicht viel hängen. Ich bin in den vergangenen 30 Jahren nicht reich geworden.“

Mindestens 130 Euro für eine Kater-Kastration

Nun steigen die Preise für Behandlungen teils aber beträchtlich. Sibiller nennt ein Beispiel: Die Kastration eines Katers. „Bisher habe ich dafür 80 Euro berechnet“, sagt sie. Damit zähle sie wohl zu den günstigsten Praxen im Landkreis. In Zukunft wird sie laut der neuen Gebührenverordnung für die Kastration mindestens 130 Euro verlangen müssen. Komme eine Beratung und Untersuchung vor der Operation hinzu, liege der Preis sogar bei 159 Euro. Auch andere Operationen sind künftig teurer.

„Das sind aber reale Preise“, sagt Sibiller. „Der Aufwand für uns am Tier ist derselbe wie der Aufwand beim Mensch. Und was die Behandlungen in der Humanmedizin kosten, bekommen wir nur nicht mit, weil wir sie, wenn wir nicht privat versichert sind, nicht selbst bezahlen.“ Sibiller schildert auch, wie viel Aufwand hinter einer Kastration steckt. „Spritzen, Kanülen, OP-Kleidung, resorbierbare Fäden, das Narkosemittel, ein Antibiotikum. Und das ist nur ein Teil. Den Leuten ist nicht bewusst, was da alles mit reinspielt und bezahlt werden muss.“

„Kleine Landpraxen brauchen die Erhöhung“

Ihr Fazit: Vor allem kleine Landpraxen brauchen die Erhöhung dringen. Dann kommt jedoch das Aber: „Wie soll eine Rentnerin oder ein Rentner mit 900 Euro im Monat das in Zukunft bezahlen?“, fragt sich sicher nicht nur Sibiller. „Die Tierheime sind jetzt schon übervoll und meine Befürchtung ist, dass sie jetzt noch voller werden. Jetzt, wo ohnehin alles teurer wird.“

Allerdings sieht die Tierärztin auch einen Widerspruch. „Viele holen sich kein Tier aus dem Tierheim, sondern es muss eine Rassekatze für 2000 oder 3000 Euro sein. Das bezahlt man, aber der Tierarzt soll dann bitte nichts kosten.“ Wer sich ein Tier anschaffe, müsse sich überlegen, ob er die Verantwortung, auch die finanzielle, für die nächsten 15 Jahre tragen könne.

Eine Tierkrankenversicherung abschließen?

Die Tierärztin erhält jetzt auch vermehrt Anfragen, ob eine Tierkrankenversicherung sinnvoll wäre. „Aber das kann man nicht pauschal beantworten. Wenn man eine Versicherung für einen älteren Hund abschließen will, oder für eine Rasse, die bekannt für bestimmte Krankheiten ist, können solche Dinge oder Vorerkrankungen von der Versicherung ausgeschlossen werden“, so Sibiller. Wenn man alles abdecken wolle, könne man durchaus mit einer Prämie in Höhe von 250 Euro im Monat rechnen. „Da legt man sich monatlich lieber einen bestimmten Betrag für spätere Kosten beiseite.“

„Das Ganze ist eine schwierige und heikle Sache“, fasst die Tierärztin nochmals zusammen. „Um die Lage in den mit Katzen übervollen Tierheimen in den Griff zu kriegen hilft nur: kastrieren, kastrieren, kastrieren.“ Ihre Befürchtung ist, dass die gestiegenen Kosten Katzenbesitzer davon abhalten könnten. „Grundsätzlich ist meine Bitte: Überlegen Sie sich gut, ob Sie sich ein Tier leisten können und bitte holen Sie eins aus dem Tierheim und lassen es kastrieren.“

Teurere Untersuchungen und Impfungen

Diese Bitten kann einer besonders unterstreichen: Stefan Hitzler, der Vorsitzende des Heidenheimer Kreistierschutzvereins. Was sagt er zur Erhöhung der Gebührenverordnung? „Ob sie gut, schlecht oder gerechtfertigt ist, kann ich nicht beurteilen, weil ich keine Tierarztpraxis leite, aber uns als Tierheim trifft es extrem hart.“ Auch er nennt Beispiele: So seien für eine Katzen-Untersuchung bislang knapp neun Euro fällig gewesen, nun sind es fast 24. Auch die Kosten für eine Impfung bei Katze oder Hund verdoppeln sich von 5,77 Euro auf 11,50 Euro. „Ursprünglich hieß es, die Kosten würden mit der neuen Verordnung um zehn bis 20 Prozent steigen. Das hätte uns als Tierheim wehgetan.“ Nachdem die neuen Gebührensätze aber publik wurden, stellte sich heraus: „Die Kosten für die Behandlung von Haustieren steigt extrem, die Kosten für Großtiere kaum“, so Hitzler. „Das ist für uns als Mega-Haustierbesitzer eine Katastrophe. Zumal bei uns eigentlich jedes Tier, wenn wir es aufnehmen, untersucht werden muss.“

Können Tierheime mit den Tierärzten denn keine Pauschalen vereinbaren? „Nein, Tierärzte dürfen nicht unter den Satz der Gebührenordnung gehen. Sie müssen sich daran halten“, so Hitzler. „Es gibt einen Tierarzt im Kreis, der spendet dem Tierheim, nachdem wir die Rechnung bezahlt haben, ein Drittel der Kosten. Was sie nach dem Bezahlen der Rechnung machen, bleibt den Tierärzten überlassen, aber umgehen dürfen sie die Gebührenverordnung nicht.“

„Der pauschale Kostenersatz reicht nicht“

Und wie steht es um den pauschalen Kostenersatz, den Städte und Gemeinden für die Unterbringung sogenannter Fund- und Verwahrtiere an ihren Dienstleister Tierheim jährlich zahlen? „Der reicht bei weitem nicht aus“, so Hitzler. Und nicht nur wegen der jetzt steigenden Tierarztkosten. „Im Vorjahr haben wir pro Monat 960 Euro für Gas bezahlt, jetzt sind es 1877. Das sind irre Kosten.“ Als pauschalen Satz erhalte das Tierheim derzeit 70 Cent pro Einwohner für jedes Tier. „So können wir nicht überleben, wenn wir nicht 1,50 Euro bekommen, sterben wir.“

„Wir haben Angst vor einer Abgabewelle kranker Tiere.“

Und wie Tierärztin Sibiller hat auch Hitzler noch weitere böse Vorahnungen für die Zukunft. „Wegen gestiegener Energiepreise gibt niemand sein Tier ab, man heizt ja nicht für den Hund“, erklärt er.

„Aber wenn ich beim Tierarzt statt 300 in Zukunft 500 Euro bezahlen muss, ist das schon extrem.“ Seine Befürchtung: „Entweder die Tiere bekommen wichtige Behandlungen nicht mehr oder sie werden bei uns abgegeben und dann müssen wir dafür bezahlen. Wir haben große Angst vor einer Abgabewelle kranker Tiere.“