Seit Beginn dieses Jahres hat die Krankmeldung für Arbeitnehmer, die es über Jahrzehnte lang gab, ausgedient. Vorbei die Zeit, in der es bei einer Krankschreibung gleich drei Scheine gab: einen für den Arbeitgeber, einen für die Krankenkasse und einen für den Patienten.
Seit einigen Wochen nämlich ist für alle Ärzte die Anwendung der elektronischen Arbeitsunfähigkeitbescheiniung, kurz EAU, verpflichtend.
Der kranke Arbeitnehmer erhält nur noch einen Zettel
Diese soll allen Beteiligen dabei helfen, Abläufe zu vereinfachen und auch ein weiterer Schritt hin zu einer besseren Vernetzung im Gesundheitswesen sein. Die Vorgehensweise klingt denkbar einfach: Wird ein Arbeitnehmer von einem Arzt krankgeschrieben, wird das von der Arztpraxis direkt auf elektronischem Weg an die jeweilige Krankenkasse übermittelt.
Der Arbeitnehmer muss seinen Arbeitgeber nur noch schriftlich oder telefonisch über die Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer informieren. Daraufhin muss der Arbeitgeber die erforderlichen Daten elektronisch bei der Krankenkasse abrufen. Lediglich der Arbeitnehmer erhält für seine Unterlagen noch einen Ausdruck der Bescheinigung auf Papier.
Dr. Sandfort sieht langsam einen Nutzen für die Ärzte
So weit, so einfach, so gut. Doch funktioniert der Übergang ins digitale Zeitalter in diesem Bereich tatsächlich und ist der Aufwand geringer geworden? „Die EAU ist nur ein kleiner Baustein im Großprojekt, die medizinische Versorgung und das Gesundheitswesen besser zu vernetzen“, sagt Dr. Jörg Sandfort.
Der niedergelassene Arzt und Vorsitzende der Kreisärzteschaft arbeitet wie alle seine Kollegen seit Beginn des neuen Jahres mit dem elektronischen System. „Das große Vernetzungsprojekt läuft seit drei Jahren und alle Ärzte sind verpflichtet, sich daran zu beteiligen und die notwendige Technik bereitzustellen.“ Mit der Einführung der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung entstehe langsam ein Nutzen für die Ärzte.
Das System läuft noch nicht ganz reibungslos
„Aktuell holpert es bei vielen noch ein bisschen und die Übertragung an die Krankenkassen ist noch nicht ganz reibungslos“ sagt Sandfort. Deshalb entstehe den Praxen noch ein gewisser Mehraufwand, „aber viele Ärzte sind erleichtert weil der Papierkram dadurch weniger wird und die Kollegen in dem neuen System noch Potenzial sehen.“ Derzeit entwickle sich vieles in Richtung einer besseren Kommunikation zwischen Ärzten, Krankenkassen und Kliniken und das sei auch dringend notwendig. „Bei den sensiblen Patientendaten spielt der Datenschutz natürlich eine besonders große Rolle, und deshalb muss eine Art medizinisches Intranet im Internet geschaffen werden, über die die Kommunikation läuft. Das ist sehr aufwändig, kostenintensiv und kostet auch Zeit“, sagt Sandfort.
Zur Sicherheit gibt´s noch drei Zettel
Abgesehen von manchen Anfangsschwierigkeiten jedoch ist er überzeugt davon, dass das System von großem Nutzen ist. Doch so ganz abgekehrt hat sich seine Praxis - ebenso wie viele andere auch - noch nicht vom früheren Verfahren: „So lange nicht alles reibungslos läuft, geben wir den Patienten, die krankgeschrieben werden, trotzdem noch alle drei Scheine mit. Ob sie diese dann auch abgeben, liegt bei ihnen. Das dient einfach der Sicherheit, falls etwas nicht so glatt läuft.“
AOK sieht kaum Schwierigkeiten im Ablauf
Aus Sicht der AOK Ostwürttemberg jedenfalls gab es bei der Einführung EAU kaum Schwierigkeiten. Pressesprecher Oliver Bayer spricht zwar auch davon, dass es zu Beginn des Jahres viele Fragen von Seiten der Arbeitgeber gegeben habe, „doch das waren meist Anwenderfragen.“ Schon im vergangenen Herbst habe die AOK entsprechende Seminare für den Umgang mit den neuen Systemen angeboten.
„Für die Arbeitgeber ist das Abrufen der Daten bei den Kassen am Anfang sicherlich ein Mehraufwand, aber das wird sich mit der Routine geben“, so Bayer. Für Ärzte, Krankenkassen und Patienten jedenfalls sei der Aufwand schon jetzt geringer.
Bisher keine Beschwerden bei den Kammern
Auch aus Arbeitgebersicht scheint es bei der Einführung der EAU wenig Schwierigkeiten zu geben. Denn weder bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) Ostwürttemberg noch bei der Handwerkskammer Ulm gingen verstärkt Nachfragen oder Beschwerden ein. „Es gibt keinen Sturm der Entrüstung oder Unmutsäußerungen“, sagt IHK-Pressesprecher Sascha Kurz.
Zwar geht er davon aus, dass es während der Übergangszeit auch das eine oder andere Problem geben könnte, „aber das sich nicht so gravierend“. Seine Ansicht nach ist die EAU auf lange Sicht eher einfacher für die Personalabteilungen. Auch bei der Handwerkskammer sind dem Pressesprecher Giuseppe Palmieri zufolge bislang keine Beschwerden eingegangen.
Heidenheim