Nachdem sich Arbeitgeber aus der Textilindustrie und die Gewerkschaft IG Metall in der dritten Verhandlungsrunde der Textil- und Bekleidungsindustrie nicht auf eine für beide Seiten akzeptable Lohnerhöhung einigen konnten, rief die IG Metall bundesweit zu Warnstreiks auf.

Auch in Giengen führte die IG-Metall Heidenheim deswegen am Mittwoch eine Demonstration durch, die am Gelände der Vereinigten Filzfabriken begann und dann vorbei am Steiff Museum bis zum Marktplatz führte. Mit dieser und mit ähnlichen Veranstaltungen möchte die IG Metall eine Lohnerhöhung von acht Prozent für eine Dauer von zwölf Monaten erreichen, mindestens jedoch 200 Euro mehr Lohn pro Monat.

Mitarbeitende aus sechs verschiedenen Firmen

In Giengen dabei waren Mitarbeitende der Paul Hartmann AG, der Vereinigte Filzfabriken AG, der Carl Stahl GmbH, der zwissTEX Germany GmbH und auch eine kleine Delegation aus Mitarbeitern der Albert Ziegler GmbH. Am Steiff-Museum schlossen sich auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Firma Steiff der Menschenmenge an. Schon vorher hatten sie hier ihrem Unmut durch Transparente gezeigt, die Aufschriften wie „Mehr muss her! Sonst werden wir zum Grizzlybär!“ trugen. Auf dem Marktplatz angelangt drückten die Streikenden ihren Unmut dann mit Trillerpfeifen, Rätschen, und sogar mit einem Jagdhorn aus.

Als Plattform für die Redner diente die Ladefläche eines Transportfahrzeuges, von dort sprach auch Tobias Bucher, der erste Bevollmächtigte der IG Metall in Heidenheim. Seiner Aussage nach seien die vielen Teilnehmenden an der Veranstaltung der beste Beweis dafür, dass die Arbeitnehmer nicht mit den bisherigen Angeboten der Arbeitgeber zufrieden seien. Bei aktuell hohen Lebenserhaltungskosten brauche es eben auch ein hohes Lohnplus.

Lohnerhöhung geringer als die Inflation

Dem schloss sich auch Katja Kalkreuter an. Die Gewerkschaftssekretärin wies darauf hin, dass die geforderten acht Prozent Lohnerhöhung immer noch hinter der Inflation zurückbleiben würden. Als „Frechtheit“ bezeichnete sie die Pläne der Arbeitgeber, die Altersteilzeit abzuschaffen, dafür erhielt sie besonders viel Zuspruch von den Teilnehmenden. Laut Kalkreuter müsse man sich auch nicht über Fachkräftemangel wundern, wenn Firmen ihre Arbeitskräfte nicht ausreichend entlohnen würden.

Für die jungen Mitglieder der IG Metall sprach Beyza Cayli, sie erklärte, dass gerade bei Auszubildenden der Lohn nur für die wichtigsten Dinge reichen würde. Wenn zusätzliche Kosten, zum Beispiel für die Weiterbildung, hinzukommen würden, sei die Lage noch schwieriger. „Mich zu verschulden steht nicht auf meiner Tagesordnung“, so Cayli, nur eine Lohnerhöhung oder Kostenübernahme durch den Arbeitnehmer könne Abhilfe schaffen.

Ivan Curkovic gibt sich kämpferisch

Gelegenheit für neue Gespräche darüber wird es bald bei der vierten Verhandlungsrunde am 31. März geben. Laut Ivan Curkovic, Verhandlungsführer der IG Metall für Baden-Württemberg, sei der Rückenwind für die Gewerkschaft jetzt besonders wichtig. Zwar würden viele Arbeitgeber davon reden, dass dieses Jahr ein Schicksalsjahr für die Textilindustrie sei, das hätten die Arbeitgeber aber auch schon in allen vorherigen Jahren behauptet, so Curkovic. Andere Umstände dagegen seien offensichtlich: „In keiner anderen Branche wird der Inflationsausgleich so wenig genutzt wie in der Textilbranche“, so Curkovic.

Falls die Forderungen der IG-Metall in der nächsten Verhandlungsrunde am Freitag nicht erfüllt werden, sind die Mitglieder auch bereit, wieder auf die Straße zu gehen. Das betonte auch Bucher: „Falls es weiter geht, muss mindestens die gleiche Mannschaft wieder hier versammelt sein“.

Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version dieses Artikels war zu lesen, dass die IG Metall in dieser Tarifrunde keine Erhöhung für die Mitarbeitenden der Albert Ziegler GmbH fordern würde. Tatsächlich rief die IG Metall die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Ziegler nicht zum Warnstreik auf, von mögliche Lohnerhöhungen aus den Verhandlungen würden diese natürlich trotzdem profitieren. Wir haben diesen Fehler berichtigt.

Beschäftigte der Firma Ziegler nicht in Warnstreik einbezogen


Die IG Metall Heidenheim hatte sich entschieden, in dieser Runde der Tarifverhandlungen die Mitarbeiter der Albert Ziegler GmbH nicht zum Warnstreik aufzurufen, da das Unternehmen vor wenigen Wochen durch einen Cyberangriff geschädigt wurde. Trotzdem waren auch einige Ziegler-Mitarbeiter bei der Kundgebung anwesend. Simon Egger, Betriebsrat bei der Albert Ziegler GmbH, betonte, dass die Gewerkschaft dadurch Charakter beweise: „Sie stößt keinen Betrieb herunter, der mit beiden Beinen vor einer Klippe steht“.