Die Corona-Pandemie hat bei der Giengener Stadtkapelle dafür gesorgt, dass das Konzertleben 2020 komplett ruhen musste. Von 16 geplanten Auftritten (neben eigenen Konzerten beispielsweise auch die musikalische Begleitung des Kinderfestes) konnte kein einziger stattfinden. Lediglich das Bläserkraftwerk, die Bigband des Musikvereins, bestritt im Februar noch ein Konzert.
Ansonsten herrschte gezwungenermaßen „die große Stille“, wie sich Vorsitzender Rainer Lorenz ausdrückte. Dirigent Hannes Färber spricht von einem „schweren Jahr“, das den Musikern vor allem in den jüngsten Wochen nochmals einen bitteren Tiefschlag bescherte.
Absage bei fertigem Programm
So musste aufgrund des verhängten Teil-Lockdowns auch das beliebte Herbstkonzert, ein jährliches Highlight im Terminkalender der Freunde konzertanter Blasmusik, kurzfristig abgesagt werden, obwohl das Programm schon komplett fertig war. Bei einem Probe-Wochenende in Dinkelsbühl waren unter Einhaltung aller Hygiene-Vorschriften die Vorbereitungen abgeschlossen worden. Auch Gast-Solist Albert Maier, einst Kommilitone von Hannes Färber in Würzburg, war eigens angereist, um mit einem Posaunen-Stück das Konzert zu bereichern.
Vielleicht ein Frühlingskonzert
Doch daraus wurde nichts. „Vielleicht hätten wir das Konzert um zwei Wochen vorziehen sollen. Aber hinterher ist man immer schlauer“, sagt Hannes Färber. Ersatzlos streichen will man es allerdings nicht. „Sobald es wieder möglich sein wird, wollen wir es nachholen“, bekräftigt Rainer Lorenz. Gut möglich, dass aus dem Herbstkonzert ein Frühlingskonzert wird. Dass bis Jahresende nichts mehr läuft, damit hat man sich bei der Stadtkapelle notgedrungen abgefunden.
Planung nicht möglich
Die Idee, ein Weihnachtskonzert anzubieten, wich der angedachten Variante eines Neujahrskonzerts, die ebenfalls schnell wieder vom Tisch war. Dass sich in Corona-Zeiten nichts planen lässt, gehört zu den bitteren Erfahrungen dieses Krisenjahrs. Die Rathaus-Serenade im Mai oder auch ein vorgesehenes Gemeinschaftskonzert hätten weitere Höhepunkte sein sollen, die unversehens auf die Streichliste gerieten.
Mit Beginn des ersten Lockdowns Mitte März ruhte lange Zeit auch die Probearbeit. Als dann Übungseinheiten in kleinen Gruppen wieder möglich wurden, standen zunächst Registerproben auf dem Programm. Danach war die Stadtkapelle dankbar über ein Entgegenkommen der Giengener Stadtverwaltung, die ein Proben in der Bergschul-Turnhalle ermöglichte.
Abstandhalten ein Problem
Dort durfte man sich als Gesamt-Ensemble treffen, weil hier die vorgeschriebenen Corona-Abstandsregeln eingehalten werden konnten, was im üblichen Proberaum im alten Eichamt nicht möglich war. Das Abstandhalten ist für Kapellen allerdings immer auch ein Problem.
„Normalerweise sitzen wir vielleicht 30 bis 40 Zentimeter nebeneinander, nehmen den Nebenmann und seine ganze Körpersprache entsprechend deutlich wahr“, berichtet Rainer Lorenz, der nicht nur als Vorsitzender agiert, sondern auch ein erfahrener Musiker ist. Wenn man auseinander sitzt, sei das ein ganz anderes Musizieren. Bei Proben unter Corona-Bedingungen sei es wichtig, „dass jeder seine Stimme drauf hat“, ergänzt Hannes Färber. Differenzierungen herauszuarbeiten, das Zusammenspiel zu verfeinern, sei dagegen sehr schwierig, wenn man auf Abstand gehen muss.
Spielen übers Internet
So blieb zwischendrin letztlich nur der Weg, auf außergewöhnliche Maßnahmen zurückzugreifen. Neben dem Zusammenspiel übers Internet fand im Juli, als die Infektionszahlen zurückgegangen waren, auch ein „Konzert“ auf dem Parkplatz von Bosch-Siemens statt. Aus ihren Fahrzeugen heraus bliesen die Musiker dem Spielverderber Corona gewissermaßen den Marsch – festgehalten per Video, das über einen Link auf der Homepage www.stadtkapelle-giengen.de angesehen werden kann. Neben der BSH genehmigten auch die Stadtverwaltung und die Polizei den ungewöhnlichen Auftritt.
Nur digitaler Austausch
Der diente, so Färber, vor allem auch dem kameradschaftlichen Aspekt, da man sich ansonsten derzeit nur über den digitalen Weg austauschen kann. Auch wirtschaftlich wird 2020 der Stadtkapelle nicht in positiver Erinnerung bleiben. Ereignisse wie das Schlachtfest in der Schranne, die helfen, die Vereinskasse aufzubessern, fielen schließlich ebenfalls Corona zum Opfer.
So bleibt die Hoffnung auf 2021 – und dass sich die Kernfrage von Hannes Färber nach dem Jahreswechsel bald beantworten lässt: Wann ist es wieder möglich, Konzerte zu spielen?
Seit 2008 gibt es auch eine Bigband
Der Musikverein Stadtkapelle Giengen wurde 1953 gegründet. Seit Jahren zählt die Kapelle zu den führenden Blasmusik-Orchestern im Kreis. Zuletzt im Jahr 2019 erhielten die Giengener beim Wertungsspiel in Gussenstadt von den Juroren des Blasmusikverbandes Baden-Württemberg mit 90,4 von 100 möglichen Punkten in Kategorie 4 das Zertifikat „Mit hervorragendem Erfolg teilgenommen.“
Seit 2008 verfügt der Verein auch über eine Bigband, die den Namen Bläserkraftwerk trägt. Die Stadtkapelle besteht nach Angaben des Vorsitzenden Rainer Lorenz derzeit aus 45 aktiven Musikern, das Bläserkraftwerk aus 16.
Seit acht Jahren ist Lorenz 1. Vorsitzender des Vereins, nachdem er auch zuvor schon lange Zeit im Vorstandsteam mitgewirkt hatte. Der 40-Jährige ist auch aktiver Musiker (Tenorhorn). Hannes Färber (27), im Hauptberuf Lehrer an der Giengener Musikschule und deren stellvertretender Leiter, übernahm 2019 den Dirigentenstab von Stadtkapellmeister Edgar Bürger. tog