Kultureller und wirtschaftlicher Austausch: Das sind die obersten Ziele einer Städtepartnerschaft. Doch in Zeiten des Coronavirus gestaltet sich der Austausch der Gemeinden untereinander schwierig. Auch in Giengen ist es derzeit in Sachen Städtepartnerschaften still geworden. Dabei hätte in diesem Jahr groß gefeiert werden sollen.

Giengens Partnerstadt Köflach

Die älteste Städtepartnerschaft Giengens wurde am 1. Juni 1962 durch die beiden Bürgermeister Alois Edmayer und Walter Schmid besiegelt. Grund für die Partnerschaft war der steirische Heimatdichter Hans Kloepfer, dessen Vorfahren im 19. Jahrhundert von Giengen in die Steiermark ausgewandert sind. In der Folgezeit hätten viele Vereine zueinandergefunden, so Helga Reiser vom Partnerschaftskomitee. „Vor allem der Liederkranz und die Naturfreunde haben heute sehr gute Kontakte nach Österreich.“ Seit dem Ausbruch des Coronavirus ist es eher still geworden. Obwohl es mit „Wir für Köflach“ und „Wir für Giengen“ zwei Gruppen gibt, die sich um den regen Austausch mühen, trotzdem sind die Beziehungen etwas eingeschlafen. Kein Wunder, denn aufgrund des ausgefallenen Stadtfestes gab es keinen Köflach-Stand und auch der traditionelle Steirerabend wurde gestrichen. „Wir sind aber zuversichtlich, dass dieses Jahr der Weihnachtsmarkt in Köflach und die Kennenlernfahrt im nächsten Jahr stattfindet“, sagt Reiser. „Sorgen um das Fortbestehen der Partnerschaft mache ich mir nicht, schließlich feiern wir in zwei Jahren auch 60-jähriges Bestehen.“

Giengens Partnerstadt Le Pré St. Gervais

Am 21. Juni 1970 unterschrieben die Bürgermeister Fernand Blanluet und Walter Schmid das Partnerschaftsabkommen. Der Unterzeichnung war die Suche einer deutschen Partnerstadt für Pré vorausgegangen. Exakt zwei Jahre zuvor schlossen Clichy und Heidenheim ihre Partnerschaft.

Einen herben Schlag gab es in diesem Jahr für die „Jumelage“ zwischen Giengen und Pré mit dem Ausfall der 50-Jahr-Feier. Dementsprechend ist auch die Stimmung im zuständigen Komitee. „Ab und zu gibt es mal einen Anruf oder eine E-Mail“, berichtet Rudolf Boehmer.“ Noch an Pfingsten gab es eine letzte große Aktion, bei der 20 Schutzmasken, bestickt mit dem Giengener Stadtwappen, an das Partnerschaftskomitee nach Pré geschickt wurden. Derzeit würde nach einem Termin zum Austausch gesucht, doch die sich schnell verändernde Lage in Deutschland und Frankreich erschwere das Vorhaben massiv, so Boehmer. „Nachdem es in diesem Jahr keine Stände bei den Stadtfesten gab und auch alle anderen Verknüpfungen ruhen, ist die Angst natürlich schon da, dass die Partnerschaft kippen könnte.“ Seit Beginn der Städtepartnerschaft im Jahr 1970 fanden unzählige Begegnungen statt, unter anderem gemeinsame Ferienfreizeiten für Kinder und Jugendliche, Städteturniere nach dem Muster „Spiel ohne Grenzen“ sowie Fußballturniere mit allen Giengener Partnerstädten.

Giengens Partnerstadt Zeulenroda-Triebes

Private Kontakte und das Ende der DDR führten am 13. Oktober 1990 zur innerdeutschen Partnerschaft zwischen Giengen und Zeulenroda. In der Urkunde bekräftigen die Bürgermeister Frank Steinwachs und Siegfried Rieg den „festen und aufrichtigen Willen, die Beziehungen beider Städte im Geiste des wiedervereinigten Deutschlands zu fördern“.

Das Festwochenende in Zeulenroda zum 30-jährigen Jubiläum fand in diesem Jahr logischerweise nicht statt, ebenso wie das Karpfenpfeiferfest und die Hocketse auf dem Kirchplatz. „Wir wissen nicht, wie sich die Sache nun weiterentwickeln wird“, sagt Andreas Salemi, Kulturamtsleiter der Stadt Giengen. „Unsere Pläne liegen aber schon in der Schublade.“

Giengens Partnerstadt San Michele di Ganzaria

Als Oberbürgermeister Dieter Henle und San Micheles Giovanni Petta am 20. Juli 2019 den Partnerschaftsvertrag unterschrieben, hätte wohl keiner von beiden gedacht, dass das junge Glück durch eine Pandemie dermaßen getrübt werden könnte. Seit knapp sechzig Jahren bestehen enge Kontakte und familiäre Verbindungen zwischen San Michele und Giengen. Sie entstanden aus der Zuwanderung sizilianischer Gastarbeiter Ende der 50er- und Anfang der 60er-Jahre. „Die beiden Stadtoberhäupter stehen in einem regelmäßigen Austausch“, berichtet Kulturamtschef Salemi. Im November wäre eine kleine Delegation anlässlich des Festes zu Ehren des Heiligen St. Martin nach San Michele gereist. Außerdem erreichte den Oberbürgermeister eine Anfrage für einen regelmäßigen Schüleraustausch. „Die Lage ist schwierig, wir sind aber zuversichtlich, dass wir alle unsere Partnerschaften erfolgreich weiterführen können“, so Salemi.

Seit fast 1200 Jahren befreundet


Die Städtepartnerschaft Le Mans–Paderborn wurde erstmals 836 urkundlich erwähnt. Die offizielle Städtepartnerschaft entstand erst 1967.

Seit 1913 pflegen Brugg in der Schweiz und Rottweil in Baden-Württemberg eine Städtepartnerschaft in Anknüpfung an die Zugehörigkeit Rottweils zur Alten Eidgenossenschaft. Den Anstoß dazu gaben die Männergesangvereine beider Städte mit gegenseitigen Besuchen.

1925 wurde erstmals eine offizielle Städtepartnerschaft zwischen Kiel und Sonderburg geschlossen. Die nächste wurde 1930 zwischen Wiesbaden und Klagenfurt besiegelt.