Die Speisepilzsaison 2020 auf der Schwäbischen Alb ist eigentlich schon so gut wie zu Ende. Kaum noch kommen Pilzsammler auf ihre Kosten und finden die begehrten Steinpilze, Maronen, Champignons und Parasole. Und wenn, bleibt der Verzehr laut dem Gerstetter Pilzexperten Georg Schabel oftmals nicht folgenlos.
„Die Nachtfröste in den vergangen Tagen setzen den Pilzen enorm zu“, erklärt Schabel. Den ungeübten Blicken vieler Pilzsammler bleibe das aber verborgen. Das Problem: Die Pilze gefrieren und tauen wieder auf, zum Teil mehrfach an einigen Tagen hintereinander. Während das bei alten und weichen Pilzen sofort ins Auge falle, weil sie matschig werden und ihre ursprüngliche Form verlieren, sieht das laut dem Experten bei frischen und noch festen Pilzen ganz anders aus: Für das ungeübte Auge sehen die Pilze frisch und essbar aus. sind sie aber nicht: „Das Zellgewebe ist durch den Frost zerstört und beginnt ab dem Auftauen mit dem Verwesungsprozess“, erklärt Schabel: „Aus essbaren Arten werden unverträgliche, giftige Pilze, die eine unechte Pilzvergiftung auslösen können, eine sogenannte Ingestion.“ Diese ähnle, was die Symptome anbelangt, einer echten Pilzvergiftung, in den meisten Fällen aber handle es sich um eine Lebensmittel-Vergiftung.
Woran erkennt ein Pilzsammler verdorbene Pilze?
In der Regel, aber eben nicht immer, ist der betroffene Bereich des Pilzes wässrig. Der gefrorene Pilze ist relativ geruchlos, entwickelt aber an der betroffenen Stelle nach dem Auftauen einen oft abstoßenden Verwesungsgeruch.
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Laut Schabel werde dieser allerdings von vielen Pilzsammlern ignoriert – mit potenziell sehr unangenehmen und gar gefährlichen Folgen. „Aus diesem Grund sollten jetzt generell keine Speisepilze mehr gesammelt und verzehrt werden, die auf Wiesen, Heiden, Trockenrasen oder Waldrändern wachsen, weil diese den Frösten ungeschützt ausgesetzt sind“, warnt der Experte.
Pilze: Vorsicht vor hochgiftigen Doppelgängern
Doch nicht nur verdorbene Speisepilze können gefährlich werden, sondern auch deren hochgiftige Doppelgänger: „Die Nebelkappe oder Nebelgrauer Trichterling wird immer noch häufig verzehrt, obwohl er das hitzebeständige Gift Nebularin enthält, das schwere gastrointestinale Symptome mit Erbrechen, Durchfall, Zittern und gelegentlich Schweißausbrüche und Desorientierung auslösen kann“, so der Gerstetter.
Dennoch werde der Pilz von vielen Pilzsammlern verzehrt, weil er besonders im Spätherbst äußerst häufig vorkommen könne. Doch die Nebelkappe ist noch vergleichbar harmlos im Gegensatz zu den Exemplaren, die oftmals in ihrer direkten Nachbarschaft zu finden sind: „Der im Jungstadium oft täuschend ähnliche Bleiweise Frinis-Trichterling löst ein Muskarin-Syndrom aus, das bei schweren Fällen mit Lungenödem und Zusammenbruch des Kreislaufs tödlich enden kann“, warnt Schabel. Darüber hinaus seien Brechdurchfälle, Sehstörungen, Speichel- und Tränenfluss, Schweißausbrüche und stark verlangsamter Puls neben Asthma bronchorhoe zu erwarten. Die gute Nachricht: Es gibt ein Gegenmittel durch den rechtzeitigen Einsatz der Tollkirsche.
Schabel, der in den vergangenen Tagen häufig – gerne auch mitten in der Nacht – zu Giftnotfällen gerufen worden ist, warnt die Pilzsammler deshalb eindringlich: „Sammeln Sie keine weißen oder schmutzigweißen Pilze zu Speisezwecken, das enthaltene Gefahrenpotential ist enorm.“
Nebelkappe nur unter bestimmten Voraussetzungen essen
Wer dennoch nicht auf den Verzehr der Nebelkappe verzichten wolle, der sollte diese zuvor mindestens 20 Minuten in Wasser kochen und das Kochwasser anschließend wegschütten. Aber Vorsicht: „Auch nach dieser Vorbehandlung traten schon Vergiftungsfälle auf“, sagt Schabel. „Deswegen rate ich generell vom Verzehr ab. Wer sich nicht daran hält, reiht sich unter Umständen in die Liste der in letzter Zeit häufigen Giftnotrufe ein, und das wollen wir beide nicht.“
Kreis Heidenheim