Plötzlich ist der Laptopbildschirm schwarz. Ein schriller Warnton hupt, ein Fenster ploppt auf: Der Computer sei mit einem Trojaner infiziert! Um weitere Schäden zu vermeiden, solle man sich unter der angegebenen Telefonnummer so schnell wie möglich mit dem „Windows-Sicherheits-Team“ in Verbindung setzen. Auch eine Computerstimme fordert dazu auf. „Ich bin total erschrocken“, sagt Bernd Tisch, der in Wahrheit anders heißt. Der 62-Jährige, auf dessen Laptop die Trojaner-Meldung unlängst an einem Freitagmittag aufgeploppt ist, möchte unerkannt bleiben. Denn: Bernd Tisch hat die dort genannte Telefonnummer angerufen – und ist Opfer von Betrügern geworden.

Per Telefon und Whatsapp hielten die Betrüger Kontakt – über sieben Stunden lang.
Per Telefon und Whatsapp hielten die Betrüger Kontakt – über sieben Stunden lang.
© Foto: Laura Strahl

Fernwartung gestartet: Dazu brachten die Betrüger den Mann aus dem Raum Gerstetten

Rund sieben Stunden lang stand der 62-Jährige an jenem Freitag mit dem vermeintlichen „Windows-Sicherheits-Team“ in Kontakt. Von 12.30 bis 19.30 Uhr haben ihn vier verschiedene Gesprächspartner am Telefon und per Whatsapp bearbeitet und hingehalten. Und das offenbar sehr erfolgreich. Die Betrüger brachten den Rentner dazu, ein Programm zur Fernwartung zu starten, sein Handy mit dem Computer zu verbinden und Fotos von seinem Personalausweis zu schicken. „Die haben das sehr clever gemacht. Ich hatte keine Zweifel. Ich war fest überzeugt, dass ich mit dem ,Windows-Team‘ verbunden bin“, sagt Bernd Tisch.

Unzählige Nummern sollte sich der 62-Jährige notieren. Bis zum Abend hatte er so mehrere Seiten vollgeschrieben.
Unzählige Nummern sollte sich der 62-Jährige notieren. Bis zum Abend hatte er so mehrere Seiten vollgeschrieben.
© Foto: Laura Strahl

Computerbetrug: So viel Geld hat der 62-Jährige aus Gerstetten verloren

Inzwischen weiß er es besser: Die Betrüger haben ihn um knapp 3000 Euro geprellt. Rund 2000 Euro davon buchten sie von Tischs Girokonto ab, seine Kreditkarte belasteten sie unter anderem beim Onlineshop eines Discounters mit weiteren 800 Euro. „Immer wieder kam die Aufforderung, IDs aufzuschreiben und zu bestätigen“, beschreibt der 62-Jährige. „Sie sagten, das sei nötig, um den Computer zu reaktivieren.“ Im Eifer des Gefechts hinterfragte Bernd Tisch all das nicht. Es kam eine Forderung nach der anderen, alles musste schnell gehen, ständig die Aufforderung „approve, approve“ (bestätigen). Der 62-Jährige empfand den Nachmittag als stressig, der Druck war groß, Zeit zum Nachdenken blieb kaum.

So beschreibt das Gerstetter Betrugsopfer die Täter

Jetzt im Nachhinein sind die Anzeichen für den Betrug offensichtlich. Auch für das Betrugsopfer selbst: Die Anrufer sprachen kaum Deutsch und nur sehr schlechtes Englisch, die Whatsapp-Nachrichten waren allerdings in einwandfreiem Deutsch verfasst. Dann die wechselnden Gesprächspartner – einer stellte sich als Max Wilson vor, ein anderer als John William –, die mal von einer deutschen Nummer, mal aus Washington anriefen. Außerdem die vielen IDs, die sich Bernd Tisch notieren sollte: die Lizenznummer seines Laptops, die Service-ID seiner Kreditkarte, die Google-ID, und, und, und. Wofür all das? „Wahrscheinlich nur um mich hinzuhalten, damit sie in Ruhe arbeiten können“, sagt Tisch. „Dummerweise habe ich mir in der Situation darüber keine Gedanken gemacht.“

Wird der Gerstetter sein Geld wiederbekommen? „Die sitzen weiß der Geier wo“

Erkannt und beendet hat der 62-Jährige den Spuk erst, nachdem seine Frau nach Hause gekommen und auch der Sohn von seinen Computerproblemen erfahren hatte. Dann war plötzlich alles glasklar. Auch für Bernd Tisch, der mittlerweile seine Passwörter geändert, sein Netztwerk auf Werkseinstellung zurückgesetzt und bei der Polizei Anzeige gegen die Betrüger erstattet hat. Große Hoffnung, dass er sein Geld wiedersehen wird, hat der 62-Jährige allerdings nicht. „Die sitzen weiß der Geier wo. Da hat man keine Chance“, vermutet Tisch. Eine Hoffnung aber hat er: Dass er mit seiner Geschichte andere Computernutzer davor bewahren kann, auf die Betrügern hereinzufallen.

Wie kann man sich vor Computerbetrug schützen? Das rät die Polizei

Die Polizei warnt davor, Kennwörter, Pins, Tans, Bankkonto- oder Kreditkartendaten sowie Zugangsdaten zu Kundenkonten am Telefon oder online weiterzugeben. Weiter rät die Polizei: „Gewähren Sie einem Unbekannten niemals Zugriff auf Ihren Rechner, wie beispielsweise mit der Installation einer ,Fernwartungs-Software‘.“ Zudem sollten Nutzer ihre Rechner mit einer aktuellen Virensoftware schützen und sich über Vorsichtsmaßnahmen im Umgang mit E-Mails oder dem Surfen im Internet informieren.

Opfer von Betrügern geworden? So kann weiterer Schaden vermieden werden

Wer Opfer eines Betrugs wurde, rät die Polizei: Rechner vom Internet trennen und herunterfahren, möglicherweise bekannt gewordene Passwörter sofort über einen nicht infizierten Rechner ändern, infizierten Rechner überprüfen und das „Fernwartungs-Programm“ löschen lassen. Außerdem rät die Polizei, Kontakt zu den Zahlungsdiensten und Unternehmen aufzunehmen, deren Zugangsdaten in den Besitz der Täter gelangt sein können. Betroffene sollten Anzeige bei der Polizei erstatten.

Wer im Zusammenhang mit dem Firmennamen „Micorsoft“ betrogen wurde, kann dies zusätzlich bei Microsoft melden unter www.microsoft.com/de-DE/concern/scam.

Betrug und Betrugsversuche: Das rät die Polizei