Wurst an Wurst an Wurst: Eine an der anderen hängen sie in der Vorratskammer der Metzgerei Heußler in Dettingen. Es sind Dutzende verschiedene Sorten – aber wie viele eigentlich genau? „Wir stellen 40 bis 50 Sorten Wurst pro Tag her, manchmal auch mehr“, sagt Inhaber und Metzgermeister Andreas Heußler. Eine beeindruckende Zahl – doch noch beeindruckender klingt die Gesamtmenge an Wienern, Nackade und Oitrige, die hier jeden Tag zubereitet werden und in den einzelnen Filialen über die Ladentheke gehen: „Rund vier Tonnen Wurst werden hier täglich produziert.“

80 Prozent eines Tieres werden zu Wurst

Tonnenweise Wurst also. Aber was ist mit Schnitzel, Steak und Braten? Tatsächlich wird nur der kleinste Teil eines geschlachteten Tieres zu Fleisch verarbeitet: „Aus gut 80 Prozent eines Tieres werden Wurst oder Schinken hergestellt“, sagt Heußler. „Viele sehen nur den Brocken Fleisch, der am Ende auf dem Teller liegt. Das ist aber nicht alles.“ From nose to tail – von der Schnauze bis zum Schwanz – laute sein Credo. Heißt: Möglichst alles vom Tier soll verarbeitet werden. Für Heußler hat das auch etwas mit Wertschätzung zu tun.

Apropos Tiere: Woher kommt das Fleisch eigentlich, das die Heidenheimer täglich in den zehn Heußler-Filialen im Landkreis kaufen? „Unsere Landwirte haben ihre Höfe alle nur wenige Kilometer von der Produktion entfernt“, sagt der Metzgermeister. Rinder kommen unter anderem aus Giengen, Schweine aus Heuchlingen und die Schafe und Lämmer aus Herbrechtingen. So sind die Transportwege kurz: „Tiere gehören nicht auf die Autobahn.“

Geschlachtet wird in der Produktionsstätte in Dettingen, zwei Mal pro Woche, immer montags und donnerstags. Schlachten ist heutzutage aufwendig, als Metzger braucht man dafür Genehmigungen und muss hohe Standards erfüllen – ein Grund, warum viele Betriebe ihr Fleisch mittlerweile von großen Schlachthöfen beziehen.

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Andreas Heußler ist es jedoch wichtig, dass in seinem Betrieb weiterhin selbst geschlachtet wird: „So hat man alles in der Hand – die Qualität, die Herkunft und man bleibt in Kontakt mit den Landwirten.“ Die kennt er zum Teil bereits seit klein auf: Schon Heußlers Vater war Metzger und er als Bub öfter auf den Höfen mit dabei.

Fleisch und Wurst: Schmeckt man den Unterschied zum Supermarkt?

Beim Stichwort Qualität kommt man natürlich nicht umhin zu fragen: Schmeckt man die? Gibt’s einen spürbaren Unterschied zwischen Fleisch und Wurst vom Metzger und Produkten aus dem Supermarkt? „Ich will nicht lügen: Rein geschmacklich ist es schwierig“, meint Heußler. Manches merke man sofort – etwa wenn für eine bestimmte Wurstsorte statt einem Schulterstück eine Keule verwendet wurde. „Aber generell darf man die Qualität der Wurst- und Fleischwaren an den Bedienungstheken nicht schlechtreden.“ Worüber man natürlich streiten könne, seien die teils fragwürdigen Produktionsweisen, die Herkunft der Tiere und die industrielle Herstellung mit Farbstoffen und Geschmacksverstärkern. Und das Preisdumping: „Dass Fleisch unter seinem eigentlichen Wert verkauft wird, geht gar nicht.“

80 Prozent ist es zu teuer, beim Metzger einzukaufen

Kunden, die Fleisch und Wurst beim Metzger kaufen, gehe es um Transparenz und Regionalität. Skandale, wie es sie jetzt in der Corona-Krise bei Großschlachtereien gab, seien in einem kleinen Betrieb gar nicht vorstellbar: „Ich könnte mich auf der Straße nicht mehr blicken lassen und würde nichts mehr verkaufen – und darum wissen die Leute aber auch, dass es so was bei uns nie geben wird.“ Trotzdem: Seiner Einschätzung nach ist es rund 80 Prozent der Menschen zu teuer, Wurst und Fleisch beim Metzger zu kaufen.

Metzgereien im Kreis Heidenheim Diese Metzger schlachten noch selbst

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Warum die Ware beim Metzger teurer ist als im Supermarkt, lässt sich schnell beantworten: „Wir machen hier alles von A bis Z selbst. Das ist Handarbeit“, meint Andreas Heußler. Und um auf die Zahlen zurückzukommen: 4000 Kilo Wurst pro Tag klingt zwar viel – doch auf 40 bis 50 Sorten heruntergebrochen, ergibt das jeweils nur eine geringe Menge, die täglich produziert wird – „und zwischendurch müssen die Maschinen jedes Mal von Hand gereinigt werden. Das alles ist viel Aufwand und nicht zu vergleichen mit industriell gefertigten Produkten“, sagt Heußler. Und trotzdem: Lediglich die Fleisch- und Wurstwaren aus den Kühlregalen seien im Supermarkt wirklich günstiger, so der 48-Jährige. An der Bedienungstheke kosten die Produkte ähnlich viel wie in der Metzgerei.

Isst man im Kreis Heidenheim immer weniger Fleisch?

59,5 Kilogramm Fleisch und Wurst aßen die Deutschen im vergangenen Jahr im Durchschnitt. Vor rund zehn Jahren waren es noch gut drei Kilo mehr – doch mittlerweile gibt es nicht nur mehr Vegetarier und Veganer, sondern auch viele Menschen, die Wert auf bewussten Konsum legen. Doch wie ist das im Kreis Heidenheim und macht sich das auch bei der Metzgerei Heußler bemerkbar?

Definitiv, meint Heußler: „Ende der 1990er und Anfang der 2000er ist die Tendenz noch leicht steigend gewesen, das haben wir jetzt nicht mehr.“ Auch im Kreis Heidenheim gebe es mittlerweile offenbar eine Entwicklung, weniger Fleisch insgesamt zu konsumieren – dafür aber auf Qualität zu achten und auch mal etwas mehr zu bezahlen. „Das freut uns natürlich auch ein Stück weit, denn es ist eine neue Wertschätzung unseres Berufs“, mein Heußler. Er ist sich außerdem sicher: „Wenn es in jedem Betrieb so zugehen würde wie bei uns, gäbe es wesentlich weniger Veganer.“

Er selbst isst dann doch ein bisschen mehr Fleisch als der Durchschnitt, gibt Heußler zu: „Aber auch nicht jeden Tag.“ Schließlich habe er vier Töchter zu Hause, die sich mit dem Thema Fleischkonsum ebenfalls kritisch auseinandersetzen – und vielleicht irgendwann den Betrieb übernehmen.

Dieser Artikel ist Teil der Sommerserie „Essen, Leben, Genießen“.

Elf Metzgereien im Kreis Heidenheim schlachten noch selbst


19 Metzger-Innungsbetriebe gibt es im Landkreis Heidenheim. Von diesen schlachten mittlerweile noch elf selbst: Metzgerei Köpf in Gerstetten, Metzgerei Wittlinger in Steinheim, Metzgerei Schröder in Königsbronn, die Kronenmetzgerei in Königsbronn, Metzgerei Ritz in Heidenheim, Metzgerei Renner in Giengen, Metzgerei Bihr in Dischingen, Metzgerei Bosch in Hermaringen und die Metzgerei Schmid in Sontheim.

Die Metzgereien aus dem Kreis Heidenheim, die nicht mehr selbst schlachten, können im genossenschaftlichen Schlachthof in Aalen schlachten lassen.

In Ulm gibt es außerdem den Schlachtbetrieb „Ulmer Fleisch“, der zahlreiche Standorte in Deutschland hat. Dort wurden im Geschäftsjahr 2018/19 rund 1,73 Millionen Schweine geschlachtet.