Der Wunsch nach Tempo 30 in Teilen des Gemeindegebiets scheint im Dischinger Gemeinderat weit verbreitet zu sein. Doch auch wenn es im Gremium eine Mehrheit für ein innerörtliches Tempolimit gäbe – ein Beschluss wäre sinnlos. Der Grund: Städte und Gemeinden können auf den sogenannten Straßen des überörtlichen Verkehrs – dazu gehören Bundes-, Landes- oder Kreisstraßen – nicht allein über Tempobeschränkungen entscheiden.

Zwar habe sich, so Dischingens Hauptamtsleiterin Evi Saur, der baden-württembergische Gemeindetag dafür ausgesprochen, dieses Recht den Kommunen künftig zuzugestehen. Auch der Deutsche Städtetag befürwortet mehr Eigenverantwortlichkeit der Städte und Gemeinden bei diesem Thema. Die Grundlagen dafür könne jedoch nur der Gesetzgeber schaffen, betonte Saur.

Dass es dieses Thema dennoch in den Dischinger Gemeinderat schaffte, liegt an der jüngsten Verkehrsschau, die Mitte November stattfand. Vertreter von Gemeinde, Polizei und Landratsamt begutachteten dabei verschiedene Stellen im Gemeindegebiet, um vor allem mögliche Gefahren zu minimieren.

Tempo 30 ist in Dischingen und seinen Teilorten nicht vorgesehen

Ein innerörtliches Tempolimit wurde dabei nicht besprochen. Zwar hatte die Dischinger Gemeindeverwaltung zusammen mit den Ortsvorstehern eine lange Liste von fraglichen Punkten erstellt, zu denen auch die Frage vom Tempo 30 auf den Ortsdurchfahrten von Dischingen, Ballmertshofen, Demmingen und Dunstelkingen gehörte. Dieses Thema wurde allerdings bereits im Vorfeld vom Landratsamt von der Tagesordnung gestrichen.

In Dischingen wollte man im Bereich von Marktplatz und Hauptstraße die Höchstgeschwindigkeit reduzieren. Dort hatte es allerdings laut Stellungnahme des Landratsamtes zuletzt 2016 einen Unfall mit Beteiligung eines Fußgängers gegeben. „Eine Gefahrenstelle liegt damit nicht vor“, heißt es in dem Papier.

Ähnlich lautete die Begründung auch im Falle von Ballmertshofen. Dort wollte die Gemeinde die Landesstraße von Giengen her kommend bis zur Egaubrücke mit einem Tempolimit versehen, um insbesondere Radfahrerinnen und Radfahrer zu schützen. Laut Stellungnahme der Verkehrsbehörde gab es in diesem Bereich seit 2010 zwar sieben Unfälle, in keinem Fall sei jedoch ein Radler beteiligt gewesen. Radfahrenden sei in diesem Bereich bewusst, dass sie die Vorfahrt achten und entsprechend vorsichtig sein müssten.

Für ein Tempolimit in Dischingen ist die „Gefahrenlage“ nicht ausreichend

In Dunstelkingen bestand der Wunsch nach einer Tempo-30-Zone in der Ortsmitte auf Höhe der Bushaltestelle. Auch dort sehen die Behörden keine „Gefahrenlage“, der letzte Unfall mit Beteiligung eines Fußgängers sei auf der Ortsdurchfahrt 2014 passiert.

In Demmingen war zwar währen der Sanierung der Eglinger Straße zeitweise ein Tempolimit angeordnet worden, dieses galt aber nur für die Dauer der Bauarbeiten auf den Ausweichstrecken. „Wir können in Demmingen ein Seniorenheim bauen, dann bekommen wir die 30er-Zone“, bemerkte Ortsvorsteher Stefan Kragler leicht sarkastisch mit Blick auf entsprechende Regelungen. Kragler war der Ansicht, dass die Entscheidungen über Geschwindigkeitsbegrenzungen in den betroffenen Gemeinden getroffen werden müssten.

Martin Pampuch (Freier Wählerblock) forderte, man müsse bei diesem Thema „vorausschauend“ agieren und nicht abwarten, bis Personenschäden zu beklagen seien. Erika Wiedmann, Ortsvorsteherin von Trugenhofen, brachte die Möglichkeit eines innerörtlichen Verkehrskonzepts ins Spiel. Dies könnte eine Möglichkeit sein, die Entscheidungsbefugnis schon vor einer gesetzlichen Neuregelung auf die Seite der Gemeinde zu ziehen. Bürgermeister Dirk Schabel sagte zu, für die nächste Sitzung aufzulisten, welche Voraussetzungen ein solches Konzept hätte.

Nur Hermaringen macht in der Initiative für Tempolimits mit

Der Deutsche Städtetag, aber auch der baden-württembergische Städte- und Gemeindetag haben sich bereits dafür ausgesprochen, Kommunen die Entscheidung über Tempolimits auf ihren Gemarkungen zu überlassen. Aus dem Deutschen Städtetag heraus ist die Initiative „Lebenswerte Städte und Gemeinden“ entstanden. Aktuell unterstützen darin 504 Kommunen die Forderung, die gesetzlichen Grenzen für die Anordnung von Höchstgeschwindigkeiten zu lockern. Aus dem Landkreis Heidenheim ist bislang lediglich Hermaringen der Initiative beigetreten.

Bildtext: Viele Dischinger wünschen sich ein Tempolimit auf der Ortsdurchfahrt. Im Moment kann die Gemeinde aber noch nicht tätig werden.