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Jürgen Petzl aus Steinheim: Vom oft harten, aber glücklichen Leben als Polizist in Colorado, USA

Vom Zimmermann zum Leiter der Verkehrspolizei: Jürgen Petzl aus Steinheim lebt in Colorado, USA. In seinem Alltag als Polizist erlebt er oft harte Situationen. Privat hat er sein Glück gefunden. Und: Wenn es um US-Präsident Donald Trump geht, hat er eine klare Meinung.

Im Jahr 2003 habe ich Molly zum ersten Mal getroffen. Sie kommt aus Colorado, während ich in Steinheim aufgewachsen bin. Knapp zwei Jahre später wurden wir ein Paar. Molly zog nach Deutschland, damit wir mehr Zeit miteinander verbringen konnten. Leider war es schwierig für sie: Ihre Stelle an der Uni Ulm wurde nicht verlängert. Sie fand keine neue Arbeit und musste schließlich zurück nach Colorado.

Damit stand ich vor einer Entscheidung: Sollte ich Molly in die USA folgen oder in Deutschland bleiben – ohne mein Mädel? Leicht war das nicht, aber am 7. Mai 2008 bin ich ihr in die Vereinigten Staaten gefolgt.

Schon immer war es mein Traum, Polizist zu werden. In Deutschland war das aufgrund meines Diabetes leider nicht möglich. In den USA sieht das anders aus. Hatte ich große Hoffnungen, tatsächlich eine Polizeistelle zu bekommen? Natürlich nicht. Aber die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.

privat

Die Lufthansa brachte mich von Stuttgart über München nach Denver. Hinter mir ließ ich meine gesamte Familie und all meine Freunde – die schwerste Entscheidung meines Lebens. Nicht immer ist alles einfach und manche Entscheidungen haben ihren Preis. Damals war ich allerdings noch in einer Lebensphase, in der das Leben mir mehr gegeben hat, als es nahm. Hätte ich gewusst, dass ich nicht da sein kann, wenn Angehörige und Freunde sterben, wäre ich vielleicht anders abgebogen. Seit meiner Auswanderung habe ich um meinen Vater, Verwandte und Freunde trauern müssen – und jedes Mal war ich nicht vor Ort, als es geschehen ist – und jedes Mal tut es weh.

Erinnert ihr euch, dass ich Polizist werden wollte? Zunächst arbeitete ich in Colorado Springs als Zimmermann – ironischerweise, nachdem ich in Deutschland Banker gewesen war. Danach war ich wieder kurz im Bankwesen tätig, bevor ich zweieinhalb Jahre als Rettungssanitäter bei der Feuerwehr gearbeitet habe.

Im Hintergrund bereitete ich mich kontinuierlich auf eine Polizeikarriere vor. Am 31. Oktober 2012 war es endlich so weit und ich begann als Rekrut bei der Colorado Springs Police Training Academy. Damit erfüllte ich mir meinen Traum – und ich bin bis heute Polizist. Im Januar 2021 wurde ich zum Sergeant befördert und im November 2025 übernahm ich die Leitung der Verkehrspolizei für Colorado Springs.

Doch der Traum, Polizist zu sein, ist nicht immer ein Traum. Was ich in all den Jahren gesehen habe, übersteigt das Vorstellungsvermögen der meisten Menschen: Ich wurde beschossen, zweimal mit Schwertern angegriffen – einmal traf mich die Klinge sogar in der Weste. Fast täglich sehe ich Leichen, oft in Zuständen, die man niemandem wünschen würde. Was manche Verbrecher anderen antun, ist kaum zu begreifen. Man meint, vieles aus dem Fernsehen zu kennen, aber die Realität schreibt das deutlich härtere Drehbuch. Gleichzeitig habe ich bei der Polizei Freunde fürs Leben gefunden. Ein hartes Umfeld schmiedet eben starke Verbindungen.

privat

Und dann kam Trump. Er hat das Leben weltweit komplizierter gemacht, aber in einem demokratischen Staat ist das besonders spürbar. Wie konnte eine so fragwürdige Person zwei Mal zum Präsidenten gewählt werden? Für mich als Polizisten ist es schwer nachvollziehbar: Wir müssen uns strikt ans Gesetz halten und gleichzeitig ist der Präsident der Vereinigten Staaten ein verurteilter Schwerverbrecher. Es ist schlicht unfassbar.

Darum müssen wir uns umso mehr auf das Positive konzentrieren. Colorado ist etwa so groß wie Baden-Württemberg und die USA bestehen aus 50 Bundesstaaten – ein riesiges Land, das unendlich viel zu bieten hat. Wir leben hier in einer Halbwüste, direkt vor unserer Haustür erhebt sich der Pikes Peak, ein 4.500 Meter hoher Berg, den man sowohl erwandern als auch mit dem Auto hinauffahren kann. Vom Meer bis hin zum tropischen Regenwald – alles ist erreichbar. Ich liebe es, mit Molly wandern zu gehen und mit meinem Mountainbike den Berg rauf und wieder runterzuradeln. Es gibt unzählige Trails, und die meisten machen einfach richtig Spaß. Manchmal bekommen wir sogar Besuch von Freunden und Verwandten, denen wir dann zeigen können, was die USA zu bieten hat. Sie kommen nicht oft – aber hoffentlich immer öfter!

Kommt uns doch einfach mal besuchen!