Überraschungsgala

Beim Musikfestival auf Schloss Brenz: Tiere, Typen, Trommelwirbel

Das Musikfestival auf Schloss Brenz feierte einen krönenden Abschluss des Jubiläums mit der ganzen Ensemble-Familie in der vielseitigen Überraschungsgala.

Das Wetter wollte so gar nicht mitspielen: Keine einzige der Veranstaltungen des Musikfestivals Schloss Brenz konnte im idyllischen Innenhof des Schlosses stattfinden. Zwar stand die Galluskirche gleich daneben als gut gerüsteter und atmosphärisch anderer, aber nicht minder gehaltvoller Veranstaltungsort bereit, Einbußen aufgrund des Wetters gab es aber trotzdem: „Der Vorverkauf lief gut, aber es kam kaum jemand spontan abends dazu“, berichtet Festspielleiter Georg Michael Grau. Gerade zum zehnten Geburtstag des Festivals ist dies besonders schade, doppelt schade deswegen, weil eigens für das Jubiläum ein größeres Ensemble zusammengestellt wurde.

Exakt dieses Ensemble erlebte das Publikum am Sonntag in der Galluskirche: Ausverkauft wurde für die immer sehr begehrte Überraschungsgala bereits im Vorfeld vermeldet, und so hatten die Zuhörerinnen und Zuhörer die Sitzreihen der Kirche gut gefüllt. Gut gefüllt war auch das Programm, das ja immer schon deswegen eine Art Wundertüte ist, weil neben Klassik auch immer andere Genres gestreift werden und in Sachen Klassik stets auch Ungewöhnliches seinen Platz findet.

Fahrradklingel und Schreibmaschine

Zum Beispiel fand Georg Michael Grau seinen Platz statt am Flügel an der Schreibmaschine, um mit den Typenhebeln das rhythmische Geklacker für Leroy Andersons „Typewriter“ herzustellen, ergänzt von Violinistin Johanna Durczok an der Fahrradklingel, die das akustische Signal des früheren Äquivalents der heutigen „Enter“-Taste lieferte.

Apropos Enter: Fast schon eine kleine Familie sind die Ensemblemitglieder des Musikfestivals. Estelle Weber (Geige), von der Musikschule Giengen bestens bekannt, gehört schon dazu, erst recht Ilya Ryabokon (Cello) von der Südwestdeutschen Philharmonie Konstanz und seine Kolleginnen dort wie in Brenz Anna-Lena Cech (Kontrabass) und Aglaja Vollstedt (Geige und Bratsche), und auch Violinistin Johanna Durczok war schon einige Male dabei. Es gibt aber auch Neuzugänge: Michaela Butz beispielsweise, Solo-Klarinettistin im Polizeiorchester Bayern, an ihrem Instrument schneller als die Polizei erlaubt und dabei von ungeheurer Virtuosität, wie sie mit ihren Hommagen an George Gershwin und Klezmer-König Giora Feidman, beides aus der Feder von Béla Kovács, eindrucksvoll zeigte.

Finesse und Fingerfertigkeit

Einen Trommelwirbel würde man gerne für Jonathan Zenker, ebenfalls neu beim Musikfestival, veranstalten, würde man sich dabei nicht sicher blamieren: Der junge Schlagzeuger und Schlagzeuglehrer an der Musikschule Giengen zeigte mit seinen Solo-Beiträgen eine ungeheure Finesse und Fingerfertigkeit an Drumsticks, Besen und auch den Fingern selbst, mit denen er seine Instrumente bediente – Hochgeschwindigkeit trifft sichere Instrumentenbeherrschung und das ergab einen ganz besonderen Genuss.

Den Trommelwirbel hätten alle Ensemblemitglieder verdient. Auch Neuzugang Nummer drei, Ferhat Kunt, lieferte Beeindruckendes. Er versetzte mit seiner Flöte in geradezu traumhafte, wenn nicht gar meditative Stimmung, die durch sehr kecke, flirrende Passagen durchströmt wurde. Ilya Ryobokon sorgte für spanische Momente mit Gaspard Cassadós Werken, von gefühlvoll bis temporeich spanisches Temperament sehr gekonnt transportierend. Anna-Lena Cech und Aglaja Vollstedt hatten Komponist und Kontrabass-Spezialist Dittersdorf gewählt, und auch das gab dem Konzert eine sehr besondere Note.

Duett wie Synchronspringen

Das brasilianische „Tico Tico“, das ohne Zweifel sehr bombastische „Bombasto“, ein sehr schneller Schnelldurchlauf durch den „Karneval der Tiere“, ein hinreißendes Duett am Flügel von Georg Michael Grau und seiner Kollegin Hye Rim Ma aus dem „Karneval der Tiere“ („Das ist wie Synchronspringen, ohne dass ich Synchronspringen je gemacht hätte“, so Georg Michael Grau) rundeten das wieder so vielseitige Programm der Gala ab, das keine Wünsche offenließ. Keine Wünsche? Nun ja, es wäre halt schon schön im Innenhof von Schloss Brenz gewesen. Bei schönem Wetter. Aber wie gut, dass das Programm nicht gänzlich ins Wasser fallen musste, sondern das Ausweichquartier bereitstand. Es ist einfach eine große Freude, die frischen jungen Künstler bei diesem herrlich unaufgeregten, bodenständigen und dabei sehr niveauvollen Festival zu erleben.

Dass das überhaupt möglich ist, ist in erster Linie Georg Michael Grau als Festspielleiter zu verdanken. Doch wie immer gibt es zahlreiche ehrenamtliche Helferinnen und Helfer, allen voran die „Seele des Festivals“ Johanna Baumann, die hinter den Kulissen für den Ablauf (Grau: „Von Toilettenpapier über Plakate bis Vorverkauf“) sorgen. Sie durften an diesem zehnten Geburtstag alle einmal auf die Bühne kommen, um ihren Dank entgegenzunehmen. Trommelwirbel auch für sie.

Grau mit Beethoven

Pianist Georg Michael Grau wird am 28. September wieder hier in der Gegend zu erleben sein. Dann setzt er seine Beethoven-Reihe "Sämtliche Klaviersonaten in neun Konzerten" mit dem achten Konzert im Karl-Saal des Klosters Herbrechtingen fort.

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