Kinderbetreuung

Wie die Gemeinde Sontheim mit dem „Tigerle“ einen neuen Weg beschreitet

Um die Herausforderung des Rechtsanspruchs auf einen Betreuungsplatz für Kleinkinder zu meistern, versucht man in der Brenzgemeinde etwas Neues: Die Kommune selbst wird zum Anbieter von Großtagespflege.

Man kann den Verantwortlichen in der Sontheimer Gemeindeverwaltung und den Mitgliedern des Gemeinderats nicht vorwerfen, dass sie nicht alles versuchen würden, um ein Problem zu lösen, dessen Ursache eigentlich etwas sehr Schönes ist: Es gibt zu wenig Betreuungsplätze für die Zahl der Neugeborenen und zugezogenen Kinder. Denn die Nachfrage nach professioneller Betreuung für Kinder sowohl im U3- als auch im Ü3-Bereich ist nach wie vor größer als das Angebot. Daran hat auch der vor einem halben Jahr eröffnete Naturkindergarten mit über 40 Plätzen nichts geändert.

Die Rückfrage bei den Trägern der jetzigen Betreuungseinrichtungen, der katholischen Kirche und der evangelischen Gesamtkirchengemeinde, ob die denn ihre Anzahl an Betreuungsplätzen erhöhen könnten, musste von beiden Trägern negativ beschieden werden. Einerseits sei man in den jetzigen Gruppenstrukturen bereits an der maximal möglichen Zahl von Betreuungsplätzen angelangt, andererseits stehe man vor dem Problem, dass gerade alle Kommunen plagt: Man finde kein ausgebildetes Fachpersonal.

Festanstellungen, keine Selbständigen

Was natürlich nichts am Rechtsanspruch der Eltern auf Kinderbetreuung ändert. Zwangsläufig rückte also für Verwaltung und Gemeinderat das Modell der Kindertagespflege in den Fokus. Auf einer Gemeinderatssitzung Anfang Dezember 2023 stellte eine Vertreterin des Heidenheimer Kindertagespflegevereins die Möglichkeiten und Voraussetzungen für ein solches Betreuungsmodell vor. Dort firmieren solche Projekte unter dem Namen „Tiger - Kindertagespflege in anderen geeigneten Räumen“. Passenderweise heißt die nun in Sontheim eröffnete Großtagespflege „Tigerle“.

Die „geeigneten Räume“ fanden sich im ehemaligen „Grauen Schulhaus“ auf der anderen Seite des Pausenhofes der Grund- und Realschule. Geeignet deshalb, weil dieses Gebäude vor Jahren tatsächlich schon einmal als Kindertagesstätte genutzt wurde. Es gibt allerdings einen fundamentalen Unterschied zwischen dem üblichen Modell der Kindertagespflege und dem Sontheimer Weg. Normalerweise handelt es sich bei den Tagesmüttern - Männer sind hier immer noch äußerst rar gesät, im gesamten Landkreis gibt es zurzeit gerade einen - um Selbstständige.

„Unser Tiger ist ein bisschen so etwas wie ein Pilotprojekt“

Tobias Rief, Bürgermeister

Nicht so in Sontheim. Die vier Frauen - zwei Vollzeit- und zwei Teilzeitkräfte - sind bei der Gemeinde angestellt. „Unser Tiger ist ein bisschen so etwas wie ein Pilotprojekt“, sagte Bürgermeister Tobias Rief bei der Eröffnung der Einrichtung. Man wollte mit dieser speziellen Form der Großtagespflege ein „sehr hochwertiges Betreuungsangebot“ schaffen, das in der Bevölkerung schnell Akzeptanz findet „und vor allem den Kindern gefällt und Spaß macht“. Zudem sei es rechtlich gleichrangig verglichen mit einem Kindergartenplatz.

Auf die Frage, warum man in der Tagespflege diesen besonderen Weg über Festeinstellungen und nicht den herkömmlichen mit Selbstständigen gehe, verwies Bürgermeister Rief noch im alten Jahr auf das Feedback, welches man bei den Personal-Sondierungen bekommen habe. Viele Frauen würden eine Festanstellung der Selbstständigkeit vorziehen. Man habe sich daraufhin beim Recruiting bessere Chancen ausgerechnet, wenn man das Modell „Festanstellung“ anbiete, so Rief. Mit welchen Personalkosten dieses Betreuungskonzept den Haushalt jährlich belastet, wollte die Gemeindeverwaltung nicht mitteilen und begründete dies mit dem Datenschutz.

Keine Kita-Konkurrenz

Bis zu neun Kleinkinder ab zwei Jahren finden nun in den eigens renovierten Räumlichkeiten des Grauen Schulhauses einen Platz, betreut von zwei Erzieherinnen. Verglichen mit einer normalen Kindertagesstätte ein für die Kinder und die Eltern durchaus vorteilhafter Betreuungsschlüssel. Dazu komme, dass die Bezugspersonen für die Kinder im Gegensatz zu einer Kita immer dieselben seien.

Der Bürgermeister möchte das kommunale Betreuungsangebot ausdrücklich nicht als Konkurrenz zu dem der jetzigen Träger verstanden wissen, sondern als dessen Ergänzung. Beispielsweise für Eltern, die etwas flexiblere Betreuungszeiten benötigen. Die müssten nämlich in einer normalen Kita unter Umständen wegen einer Stunde mehr Betreuungsbedarf gleich einen Ganztagsplatz buchen, der dann auch mehr Geld koste, so Rief. „Und sie blockieren einen Ganztagsplatz“. In einer Tagespflege hingegen wird stundengenau abgerechnet.

Innen- und Außenbereich saniert

Die Gemeinde Sontheim hat in den vergangenen Wochen das Graue Schulhaus baulich für die Kindertagespflege ertüchtigt. Die Kosten beliefen sich auf etwa 11.000 Euro. Demnächst soll auch noch der Außenbereich neu gestaltet werden. Geplant seien eine Nestschaukel, eine Spielhütte, eine Outdoorküche sowie ein Sandkasten mit Sonnensegel.

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