Bürokratieabbau

Warum es im Sontheimer Gemeinderat wenig Zustimmung für die Aufhebung alter Baupläne gab

In Sontheim gibt es 110 gültige Bebauungspläne. Nicht selten verhindern deren veraltete Festsetzungen eine moderne Bebauung oder die so häufig aus Umweltschutzgründen geforderte örtliche Nachverdichtung.

Das Baureferat der Gemeindeverwaltung Sontheim hat in den vergangenen Wochen den Bestand der im Gemeindegebiet geltenden Bebauungspläne gesichtet. Ziel der Erfassung: Die „Bereinigung des Planbestandes von materiell und formal überholten Festsetzungen“ sowie die „Herstellung und Sicherung klarer Rechtsverhältnisse für Eigentümer und Bauherren“, wie es in einer Vorlage der Verwaltung heißt.

Hintergrund: Im November hatte die SPD-Fraktion in einer Gemeinderatssitzung den Antrag gestellt, ältere Bebauungspläne dahingehend zu prüfen, welche von ihnen geändert oder sogar ganz aufgehoben werden könnten, um ein zeitgemäßeres, den Wünschen und Vorstellungen der Bauherren entsprechendes Bauen zu ermöglichen. Zu oft waren in den letzten Monaten seitens des Landratsamtes Baugenehmigungen nicht erteilt worden, weil sie nicht den in den Bebauungsplänen gemachten Festsetzungen entsprachen.

Die Verwaltung unterbreitete in ihrem Beschlussvorschlag für die vergangene Sitzung des Gemeinderates auch gleich drei konkrete Vorschläge, welche Pläne man aufheben könne, nämlich den Bebauungsplan „Leonhardstraße und Weinstraße“ aus dem Jahr 1976, den Plan „Au zwischen Hegel- und Badstraße“ (1981) sowie den Baulinienplan „Kuhgasse“ aus dem Jahr 1949. Im Gremium löste der Beschlussvorschlag eine erregte Debatte aus.

Änderung ist teurer als Aufhebung

Grundsätzlich ist man sich in Verwaltung und Gemeinderat zwar einig darüber, dass es mit den abgelehnten Bauanträgen so nicht weitergehen kann, nur bei der Wahl des Mittels ist man unterschiedlicher Ansicht. Denn eine Aufhebung oder eine Löschung eines bestehenden Bebauungsplanes ist mit Kosten verbunden, wobei eine Änderung mit bis zu 20.000 Euro sogar erheblich teurer werden kann als eine komplette Aufhebung, die mit etwa 6000 Euro zu Buche schlägt. „Ein Bebauungsplan, den man nicht mehr braucht, ist günstiger“, erläuterte Bürgermeister Tobias Rief.

Reiner Lindenmayer, SPD-Fraktionschef, der im November den Antrag zur Überprüfung der Bebauungspläne in den Gemeinderat eingebracht hatte, bezweifelte für die Kuhgasse die Notwendigkeit einer Aufhebung des Bebauungsplanes, da es dort ohnehin keine baulichen Veränderungen mehr geben werde: „Muss man für so etwas Geld ausgeben? Oder kann man das nicht so lassen, wie es ist?“

Martin Honold von der Freien Wählervereinigung wies auf den Ausgangspunkt der ganzen Debatte hin, nämlich die „geänderte Genehmigungspraxis seitens des Landratsamtes“, wo man seit einiger Zeit „sehr streng prüfe“. Jetzt – für viel Geld – etwas zu ändern, „nur damit es geändert ist“, sei nicht zielführend. Sein Fraktionskollege Walter Unseld kündigte an, dem Antrag nicht zuzustimmen. Einerseits wisse er nicht, was die Änderungen oder Aufhebungen im Einzelfall konkret kosten würden.

Auch andere Gemeinden sind betroffen

Zum anderen verwies er in Richtung Bürgermeister Tobias Rief argumentierend darauf, dass es ja regelmäßige Treffen der Bürgermeister der Landkreisgemeinden gebe. Die Bürgermeister sollten seiner Ansicht nach aufs Landratsamt gehen und dort „Alarm schlagen“, statt dass sämtliche Gemeinden jeden einzelnen Bebauungsplan änderten oder aufhöben, „bloß weil man jetzt einen anderen Sachbearbeiter hat – wir werden ja verrückt, wenn wir das alles machen“. Er forderte Rief auf, gemeinsam mit seinen Amtskollegen im Landkreis diesbezüglich aktiv zu werden.

Der Bürgermeister erwiderte, dass Sontheim tatsächlich nicht die einzige Gemeinde ist, die von diesem Problem betroffen sei. Allerdings bezweifelte er, ob es nur die geänderte Sachbearbeitung die Ursache für die ungewohnte Genehmigungspraxis sei. Dahinter stecke er „eine grundsätzliche Arbeitsweise“, so der Bürgermeister.

Reiner Lindenmayer brachte daraufhin den Kompromissvorschlag ein, wenigstens zwei der drei vorgeschlagenen Bebauungspläne, in denen sich momentan konkrete Bauvorhaben abzeichneten, aufzuheben. Martin Honold bekannte sich zu den Intentionen des Beschlussvorschlages, blieb nichtsdestotrotz aber zögerlich, was seine Zustimmung angehe. „Nicht weil ich dagegen bin, wir wollen ja, dass die Leute bauen können“. Aber die Ursache für die jetzigen Probleme lägen seiner Ansicht nach ja nicht im Sontheim, sondern in der geänderten Genehmigungspraxis des Landratsamtes.

Nur einem der Verfahren zugestimmt

Letztlich einigte sich der Gemeinderat dahingehend, dass zwar der ursprüngliche Beschlussvorschlag der Verwaltung mit 14 Gegenstimmen bei vier Enthaltungen und einer Ja-Stimme abgelehnt wurde. Gleichzeitig wurde allerdings der Einleitung eines Aufhebungsverfahrens den Bebauungsplan „Leonhardstraße und Weinstraße“ betreffend mit 15 Ja-Stimmen, bei drei Nein-Stimmen und einer Enthaltung mehrheitlich zugestimmt.