Das tierische Klassenzimmer

Was Kinder auf der Pointer-Ranch in Auernheim alles erleben können

Rebecca Kelly und Nico Fröhlich leben mit der Pointer-Ranch in Auernheim ihren Traum. Auf dem Erlebnishof gibt es viele Angebote für Kinder – von Märchenstunden mit Pferd bis zum Konzentrationstraining im Pferdestall.

Was Kinder auf der Pointer-Ranch in Auernheim alles erleben können

Sechs Ponys, drei Schafe, sieben Kaninchen, drei Hühner, zwei Hunde, eine Katze und fünf Goldfische. So etwas wie Langeweile kennen Rebecca Kelly und Nico Fröhlich nicht. „Im Grunde könnte man rund um die Uhr arbeiten“, sagt Nico Fröhlich lachend. Aber: Die beiden machen es gern. Ein Leben ohne Tiere kann sich das Paar nicht vorstellen. „Ich reite seit ich fünf Jahre alt bin und wir haben immer Tiere im Haus gehabt, die Tierliebe war immer da“, sagt Rebecca Kelly. „Und jetzt habe ich meine Leidenschaft zum Beruf gemacht, was gibt es Schöneres?“

Viele Tiere stammen aus schlechter Haltung

Dass die beiden große Tierfreunde sind, zeigt sich auch daran, dass viele ihrer Schützlinge gerettet wurden oder aus schlechter Haltung stammen. Zum Beispiel drei Ponys die ein unwürdiges Leben in einem Ponykarussell führten. Oder der schwarze Peppi, der, nachdem seine Leistung als Sprung- und Turnierpferd abnahmen, geschlachtet werden sollte. Jetzt ist er fast 30, topfit und genießt sein Leben auf dem Hof. Die Pferde haben selbst gebaute Offenställe und können sich Tag und Nacht quasi frei bewegen.

Auf 8000 Quadratmeter leben die 35-Jährige und der 33-Jährige mit ihren Tieren am Waldrand von Auernheim. „Das ist fast zu wenig“, sagt Rebecca Kelly. Mehr Tiere könne man jedenfalls nicht aufnehmen. „Wir haben die Grenze erreicht.“ Auch was die Arbeit angeht, denn beide arbeiten halbtags – sie am Empfang einer Zahnarztpraxis, er in der Industrie. Morgens also der Brotberuf und nachmittags ist ihre Passion an der Reihe: die Arbeit mit Kindern und Tieren.

Das Konzentrationstraining findet auch im Pferdestall statt. Rudi Penk

Vor zweieinhalb Jahren hat Rebecca Kelly eine Ausbildung zur Fachkraft für tiergestützte Intervention absolviert, mittlerweile ist sie Regionalgruppenleiterin für Baden-Württemberg bei Bundesverband tiergestützter Intervention (BTI). Der Begriff tiergestützte Intervention fasst alle Maßnahmen zusammen, in denen Tiere unterstützend zum Wohle des Menschen eingebunden sind – egal, ob sie aus der Distanz beobachtet oder sie berührt und direkt mit ihnen agiert wird. Außerdem bildet sich Rebecca Kelly regelmäßig weiter, um neue Kurse und Trainingseinheiten auszuarbeiten und anzubieten.

Kindergeburtstage, Bauernhoftage und Märchenstunden

Beispielsweise das Pferde-ABC, bei dem Kinder Kontakt zu den Pferden aufnehmen und sie auch verstehen lernen sollen. Dabei geht es nicht nur um Ziegelführung und Striegeln, sondern auch um die Anatomie der Tiere, die dann mit Fingerfarben nachgemalt wird. Weil so viel mit Farben geklekst wird, heißt die Ranch auch Pointer - wie die gepunktete Hunderasse. „Wir leben zwar auf dem Dorf, aber es sind immer wieder Kinder dabei, die nie Kontakt zu Tieren haben“, sagt Rebecca Kelly. Auch um dem entgegenzuwirken, können auf dem Erlebnishof Kindergeburtstage gefeiert werden, regelmäßig finden auch Bauernhoftage statt.

Rudi Penk

Etwas Besonderes sind die Märchenstunden mit Pferd. Dafür hat Rebecca Kelly etwa Hänsel und Gretel umgeschrieben. Ihre Rolle übernehmen zwei Pferde. Mit ihnen geht es in den nahegelegenen Wald, die Geschichte wird erzählt und an verschiedenen Stationen Halt gemacht, wo dann durch verschiedene Spiele etwa das Formen- und Farbenverständnis der Kinder gestärkt werden soll. „Wir sind immer wieder überrascht, wie viele Kinder keine Märchen mehr kennen. Dabei können sie viel daraus lernen, etwa das Vertrauen in die guten Kräfte und die eigenen Fähigkeiten.“

"Viele Kinder haben Konzentrationsprobleme"

Und seit kurzem bietet Rebecca Kelly mit der Unterstützung ihres Partners auch Konzentrations- und Aufmerksamkeitstraining im Pferdestall an. „In unserer schnelllebigen Zeit, haben immer mehr Kinder Konzentrationsprobleme“, erklärt Kelly. „Sie haben die sprichwörtlichen Hummeln im Hintern, können sich schwer auf eine Sache konzentrieren, haben keine Geduld und die Frusttoleranz ist gesunken.“ Eine große Rolle spiele hier der frühe und häufige Medienkonsum. „Spätestens im Kindergarten und der Schule kann ein solches Verhalten zu Problemen führen.“ In diesem tiergestützten Förderprogramm trainieren Kinder vom Vorschulalter bis zur 4. Klasse etwa das gezielte Zuwenden zu einer Aufgabe, motorische Ruhe und auch Impulskontrolle. Auch Kinder, die von einer Autismus-Spektrum-Störung (ASS) oder an einer Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHAS) betroffen sind, könnten vom Training profitieren.

Rudi Penk

Die Kurse finden mit maximal fünf Kindern statt. Mit ihnen setzt sich Rebecca Kelly dann etwa ins Heulager, um etwas vorzulesen. Zwei Pferde sind ebenfalls dabei, die währenddessen am Heu knabbern. „Pferde geben Ruhe. Nicht nur ihre bloße Anwesenheit, sondern auch ihre Kaugeräusche sorgen dafür, dass man ruhiger wird.“ Außerdem sei der Pferdestall keine typische Lernumgebung, er sei also nicht mit negativen Lernerlebnissen besetzt. Deshalb werden im Stall gemeinsam Arbeitsblätter bearbeitet und Wahrnehmungsspiele gespielt. Später wird ein Pferd von einem Kind durch einen Parcours geführt. „Dieses Teamerlebnis steigert das Selbstvertrauen. Es ist aber kein Muss. Wenn ein Kind Angst hat, haben wir als Ersatz ein Stoffpferd.“ Aber meist seien die Pferde Eisbrecher. „Sie ziehen auch schüchterne Kinder gleich in ihren Bann.“

Die Bedürfnisse der Tiere respektieren

Wichtig ist Rebecca Kelly nicht nur die Förderung und das Wohlergehen der Kinder, die den Hof mit einem guten Gefühl verlassen sollen, sondern natürlich auch der Tiere. „Wir sind kein Streichelzoo. Die Kinder sollen auch lernen, dass die Tiere ihre eigenen Bedürfnisse haben und diese kennenlernen und respektieren.“ So seien die Kaninchen nicht zum Knuddeln da, sondern zum Beobachten. „Kaninchen sind keine Kuscheltiere, die meisten möchten nicht hochgenommen werden und das machen wir dann auch nicht. Bei uns sollen sich alle wohlfühlen.“

Termine und Infos

Noch mehr Infos zum Konzentrations- und Aufmerksamkeitstraining mit Pferden gibt es auf pointer-ranch.de Hier findet man auch die nächsten Termine.