Macht Hautfarbe voreingenommen? „Tagsüber bin ich Lehrer, abends bin ich ein Problem im Stadtbild“. Diese Aussage eines dunkelhäutigen, aus Syrien geflüchteten Migranten, beschreibt treffend das von Bundeskanzler Friedrich Merz ausgelöste und deutschlandweit diskutierte Thema „Stadtbild“. Hier nochmal seine erste Aussage bezüglich Migration am 14. Oktober bei einer Pressekonferenz in Brandenburg: „Wir haben natürlich immer im Stadtbild noch dieses Problem“ und lobt dann den Bundesinnenminister für den „sehr großen Umfang an Rückführungen“. Unverzeihlich ist, dass er es dabei bewenden ließ und am selben Tag noch nachlegte mit dem Satz: „…fragt mal eure Töchter. Wen er auf keinen Fall für das problematische Stadtbild verantwortlich machen wollte, hätte er abschließend in ein paar Sätzen formulieren müssen.
Nämlich die integrierten, arbeitenden oder Arbeit suchenden Migranten, eifrig bemüht, unsere Sprache zu lernen und unsere Gesetze zu beachten.
Initiiert durch das aktuelle Thema „Stadtbild“ beschäftigt mich zur Zeit die am Anfang meines Leserbriefs gestellte Frage, ob die Hautfarbe eines Menschen bei seinem Gegenüber Assoziationen auslöst.
Vermutlich nicht nur bei mir war es so und ist es zum Teil heute noch so. Als Erstes fallen mir da aus Afrika stammende, nahezu pechschwarze Männer ein, die vor etwa 80 Jahren öfters zu Missionsfesten eingeladen wurden. Außer dass ich da als kleiner Bub vermutlich „mit offenem Mund“ vor denen stand, fällt mir dazu allerdings nichts mehr ein. Anders als bei dem ersten dunkelhäutigen Tagesschau-Sprecher. Wie mir bei Gesprächen bestätigt wurde, musste nicht nur ich mich daran gewöhnen. Könnte es also sein, dass nicht nur der eingangs erwähnte, aus Syrien stammende, dunkelhäutige Lehrer zum „problematischen Stadtbild“ beiträgt? Ich vermute es.
Gerhard Ostertag, Bissingen-Teck