Konzert im Kloster

In der Neresheimer Abteikirche fanden zwei Kulturen zueinander

Ein Konzert mit außergewöhnlicher Zusammensetzung begeisterte die Besucher in der Neresheimer Abteikirche.

Ein Konzert, in dem auch das Schweigen zelebriert wird? Die Stille aktiv gestaltet wird und kein Hüsteln, kein Rascheln dazwischen lärmt? Das Konzert „Dem Himmel nah“ in der Abteikirche Neresheim machte das erlebbar. Und Chumba Lama, einer der drei auftretenden Musiker und einstiger buddhistischer Mönch, schaffte es gar, die strukturelle Stille noch zu steigern und zum kollektiven Erlebnis eines vielleicht 500-köpfigen Publikums zu erhöhen – dem Titel des Konzertes gemäß. Doch dieses gefühlspralle scheinbare akustische Nichts war beileibe nicht der einzige Höhepunkt des erfrischend unprätentiösen, multikulturellen und auch religiösen Konzerts.

Begrüßt hatte das überraschend zahlreiche Publikum der gastgebende Benediktinermönch Bruder Matthias. Der Neresheimer Subprior freute sich auf „großartige Musik“ und psalmodierte dann weitgehend monotonal zur Harfe, die Melinda Rodrigues begeisternd souverän und mit sanft-fließenden Bewegungen spielte.

Virtuoses Harfensolo

Bald trat Chumba Lama mit Bruder Matthias in einen gesanglichen Dialog und stimmte im Wechselgesang buddhistische Mantras an, die so viel lebendiger und stimmungsvoller gerieten als die streng formelhaften katholischen Psalmen. Zwei Stimmen, zwei Stile: Zwei Persönlichkeiten und zwei Kulturen fanden da im friedlich-freundlichen Dialog zusammen. Und nach einem virtuosen Harfensolo trat dann als vierter Mitwirkender in Erscheinung der Heidenheimer Weltmusiker Harry Berger, der in sein Saxophon blies, dessen tendenzielle akustische Dominanz der Harfe gegenüber er sensibel zu begrenzen wusste.

Berger ist ein versierter Virtuose, den immer wieder das Neue reizt, und der seinen beiden Saxophonen mal lange Melodielinien entlockte, mal säuselte, mal keckerte und jedenfalls den riesigen Raum der Barockkirche kräftig zeitgenössisch zu füllen wusste.

Deckenfresken im Blick

Und immer wieder der gebürtige Nepalese Chumba, der mal die Trommel streichelte, mal mit pulsierenden Schlägen einsetzte, und der solistisch wie auch Harfe und Sax begleitend für eine spezifische kulturelle Einfärbung des spirituellen Themas und für einen kongenialen musikalischen Sound in der Benediktinerkirche sorgte, in der die Blicke des Publikums nicht selten klanggetrieben zu den himmlischen Deckenfresken Martin Knollers wanderten.

Bruder Matthias, während des Konzerts erfreulich uneitel präsent (meist hinter einer vorgelagerten Säule verharrend), beendete das Konzert, indem er mit seinem psalmodierenden Sprechgesang eine wohltuende kulturelle Ankerwirkung entfaltete – mit dem große Offenheit ausstrahlenden Bekenntnis, „große Freude“ empfunden zu haben, und mit einer herzlichen Umarmung seines lediglich halb so massiven, temporären Mitbruders Chumba Lama. Das Publikum applaudierte kräftig und in größeren Teilen stehend.

Fotos im Klostercafé

Das Konzert, mitveranstaltet von den beiden karitativen Vereinen „Menschen im Dialog“ sowie „Zukunft Nepal“, fand seine allseits genossene Fortsetzung mit einem kleinen Fest im Klosterhof, wo unter anderem ein von Münchner Tibetanern bekochter Foodtruck stand, sowie mit Besichtigungen der schönen Fotoausstellung im Klostercafé und abends mit dem Filmvortrag „Himalaya – 35 Jahre Abenteuer und Faszination“ des Hauptveranstalters Wolfgang Günter, eines engagierten Heidenheimers, der die drei Musiker und Bruder Matthias zusammengeführt hatte. Halleluja Himalaya.

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